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Die Wächter von Jerusalem

Die Wächter von Jerusalem

Titel: Die Wächter von Jerusalem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Wulf
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Elisabeths Hilfe würde er herausfinden, wo Giacomo sich versteckte, wo er seine geheimen Messen abhielt. Er wusste sogar schon, wie er es anstellen würde, Elisabeths Vertrauen zu gewinnen. Der Plan war während des Gesprächs mit Esther in ihm gereift, und er beschloss, ihn sofort in die Tat umzusetzen.
    Anselmo musste nicht lange warten, bis Esther mit einem Tablett voller Speisen zurückkehrte, und wie er es im Stillen gehofft hatte, folgte ihr Elisabeth auf dem Fuße.
    »Herr, verzeiht!«, rief Elisabeth. Auf ihren Wangen blühten vor Empörung rote Flecken. »Dieses Mädchen ist noch mein Tod! Sie lässt Euch hier einfach stehen und hungern.«
    Normalerweise hätte Anselmo Esther in Schutz genommen. Wenn er jedoch Elisabeth beeindrucken wollte, musste er sein Verhalten ändern, und zwar jetzt. Wenn er seine Sache gut machte, würde ihm zur Belohnung eine Einladung zu Giacomos nächster Messe zuteil werden. Gewiss war das alles ein zweifelhaftes Vergnügen, aber es war unumgänglich und immer noch besser, als eine Liebschaft mit Elisabeth zu beginnen.
    »Wahr gesprochen, Elisabeth«, sagte er so kühl und herablassend , wie es ihm möglich war. »Aber was kann man schon anderes bei einer von denen erwarten.«
    Elisabeth stutzte. »Wie meint Ihr das, Herr?«
    »So eine Jüdin«, erwiderte Anselmo so verächtlich, wie er konnte, und vermied es, Esther dabei anzusehen. Was er tat, gefiel ihm überhaupt nicht, aber er hatte keine andere Wahl. »Die sind doch alle nur darauf aus, uns zu schaden.«
    »Uns?« Elisabeth war vorsichtig. Wahrscheinlich hatte Giacomo seinen Anhängern eingeimpft, auf der Hut zu sein. Anselmo hoffte nur, dass er nicht so weit gehen musste, Esther auch körperlich wehzutun, nur damit Elisabeth ihm endlich glaubte.
    »Uns Christen meine ich. Die da«, er deutete mit dem Kopf zu Esther, »die sind doch einfach nur faul. Wenn es nach mir ginge, hätte ich sie und diesen Mahmud, diesen tauben und dummen Hundesohn, schon längst aus dem Haus gejagt. Es gibt genügend ehrbare Christen in Jerusalem, die dankbar für eine Stellung in unserem Haus wären. Aber mein Vater ist dazu nicht bereit. Ihm tun die beiden Leid.« Er zuckte mit den Schultern. »Ich finde, er ist viel zu gutmütig. Er sollte die beiden vor die Tür setzen und …« Er brach ab und fuhr sich durchs Haar. »Man kann nur hoffen, dass irgendwann jemand kommt, der diesem Treiben ein Ende bereitet und die ganzen Juden und Moslems aus Jerusalem verjagt.«
    »Gewiss, Herr«, sagte Elisabeth. »Wenn Ihr es meint. Soll ich Euch jetzt den Mokka einschenken?«
    »Ja, gern.« Anselmo setzte sich. Er fühlte sich nicht wohl in seiner Haut. Esther stellte stumm den Korb mit dem Brot und die Schale mit dem Obst auf den Tisch. Sie sah ihn nicht an, aber in ihrem Augenwinkel schimmerte eine Träne.
    »Habt Ihr noch einen Wunsch, Herr?«, fragte Elisabeth.
    »Nein, zur Zeit nicht.«
    »So ruft nach mir«, sagte Elisabeth und verneigte sich ein wenig. Doch an der Tür blieb sie noch einmal stehen und warf ihm einen Blick zu. Ihre Augen leuchteten wie die einer Mutter , deren jüngstes Kind soeben seinen ersten Schritt getan hatte.
    Schuld …
    An diesem Morgen war Rashid der Erste, der, nachdem der Weckruf über den Kasernenhof erschallte, aufstand und sich ankleidete. Für gewöhnlich ließ er sich dabei so viel Zeit wie möglich, jeder Augenblick der Ruhe war kostbar im Leben eines Soldaten. Aber heute hatte er es eilig. Im Laufe der Nacht war ein Plan in ihm gereift. Er ging davon aus, dass Omar und Ibrahim erst miteinander sprechen und das Frühstück abwarten würden, bevor sie etwas gegen ihn unternahmen. Deshalb wollte er jetzt gleich zu Özdemir gehen. Er konnte nur hoffen, dass man ihn zu so früher Stunde überhaupt zum Statthalter vorlassen würde.
    Yussuf setzte sich im Bett auf und fuhr sich durch das wirre
    Haar.
    »Du bist schon angekleidet, Rashid?«, fragte er, gähnte herzhaft und streckte seine Glieder. »Wozu die Eile?«
    »Ich habe etwas zu erledigen«, erklärte Rashid und band sich den Gürtel.
    »Was denn?«
    »Ich muss mit jemandem reden.«
    »Worüber denn?«
    Rashid wollte Yussuf schon fragen, was ihn das überhaupt angehe, aber das Gesicht des Freundes machte einen so seltsamen , gespannten Eindruck, dass er es sich anders überlegte.
    »Ich schätze, du wirst es noch früh genug erfahren«, sagte er. Er war schon dabei, davonzueilen, als er sich noch einmal umdrehte. »Wenn Omar beim Frühstück nach mir fragen sollte,

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