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Die Waechter von Marstrand

Die Waechter von Marstrand

Titel: Die Waechter von Marstrand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Rosman
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wenigstens eine Goldmünze.« Wenn ihnen tatsächlich wertvollere Geldstücke hingeworfen wurden, bissen die Häftlinge sofort hinein, um sich zu vergewissern, dass sie echt waren.
    Obwohl Karin wusste, dass das Ganze gespielt war, schreckte sie vor den ausgestreckten Händen zurück und lehnte sich an Johan.
    »Stell dir mal vor, dass es wirklich so gewesen sein muss.«
    Johan nickte.
    »Ja. Arme Teufel.«
    Sie gingen am Kommandantenhaus vorbei und dann die steile Treppe zum Oberen Burghof hinauf. Dort blieben alle stehen. Ganz oben auf den Mauern begann jemand zu singen. Karin hob den Blick. Drei Männer, einer davon mit Megafon. Die beiden anderen spielten Gitarre und Bass.
    »… komm und hilf, die Gefang’nen zu speisen
    mach schnell, denn jetzt müssen wir weiterreisen …«
    »Das ist nicht von Taube«, stellte sie fest.
    »Karin!« Johan nahm ihr Gesicht zwischen seine Hände. »Nein, das ist nicht von Taube. Ich hoffe, du weißt, dass es auch noch andere Musik gibt. Wenn nicht, wird es höchste Zeit, dass du davon erfährst. Er heißt Stefan Andersson und singt seine eigenen Lieder über Marstrand und die Häftlinge auf der Festung. Ihre Schicksale. Ich dachte, das könnte etwas für dich sein. Wir gehen jetzt in den Rittersaal hinauf und trinken ein Glas Wein, bevor die Vorstellung beginnt.«
    Eine Wendeltreppe führte sie durch den Aussichtsturm zum Rittersaal. Hier waren lange Tische gedeckt. Johan lotste Karin zu den Plätzen vor der Bühne.
    »Sitzen wir hier?«, fragte sie verwundert.
    »Gut, was?«
    »Supergut!«
    Das Licht ging aus, und die Vorstellung begann. Karin lächelte Johan pflichtschuldig an und trank einen Schluck Rotwein. Sie war eigentlich nicht in Ausgehstimmung gewesen, hatte Johan aber begleitet, weil sie ihn nicht enttäuschen wollte.
    »Die Nacht fiel über Carlsten
    Zeit nach Haus zu gehn
    Doch als man die Häftlinge zählte,
    sahen sie, dass einer fehlte
    Nummer 90, Kleist, steht euch zu Diensten
    Doch bald wird er von hier verschwinden …«
    Johan beobachtete Karins Gesichtsausdruck, der sich im Lauf der Vorstellung veränderte.
    »Gefällt es dir? Auch wenn die Lieder nicht so toll sind wie die von Taube?«
    »Taube ist eben Taube, aber das hier ist auch richtig gut.«
    Karin war bezaubert. Eine einzige weibliche Gefangene hatte in der Festung Carlsten gesessen. Meta Fock. Sie wurde des Giftmords an ihrem Mann und ihren beiden Kindern beschuldigt. In Wirklichkeit gab es nicht die geringsten Beweise. Sie schickte sogar ein Gnadengesuch an den König, doch nach vier Jahren in Isolationshaft hat sie keine Kraft mehr, gesteht die Taten, obwohl sie unschuldig ist, und wird hingerichtet.
    »… auf dem Dachboden des Kommandanten geht
    eine Frau umher
    sie tanzt in Gestalt von Schatten und Wind,
    wenn sie singt
    von ihrem großen Traum
    dass jemand ihr auf Erden Ruhe verschafft
    dass jemand der Lebenden ihr Glauben schenkt
    dass sie um die Wahrheit trauert,
    vor der wir die Augen schließen
    vergiss mich nicht, vergiss mich nicht …«
    Als das Lied verklang, wanderten Karins Gedanken vom Rittersaal zur Frau im Moor. Ich muss herausfinden, wer sie ist und was passiert ist, denn im Moment ist sie wirklich nur ein Schemen aus Schatten und Wind.
    Die Vorstellung war vorüber. Draußen war es inzwischen dunkel geworden. Karin sah sich innerhalb der dicken Mauern um, die sie umgaben, und blickte hinauf zu den Sternen. Wie schrecklich, hier eingesperrt zu sein, weit weg von der Familie, die vielleicht hungern musste, weil man sie nicht mehr versorgen konnte. Und da behaupteten die Leute, früher wäre alles besser gewesen! Dicht neben Johan ging Karin durch den dunklen Torbogen auf den Ausgang zu. Massive Torflügel, vergitterte Türen und ein gepflasterter Gang, den die vielen Füße im Laufe der Jahrhunderte glatt geschliffen hatten. Hier waren sie herumgelaufen, hinter diesen Mauern hatten sie gelebt und gelitten, während zur selben Zeit die Frau ins Alte Moor auf Klöverö geraten war.
    »Es ist ein gutes Gefühl, dass er das Schicksal der Gefangenen besingt und den armen Seelen, die noch immer hier umherirren, Trost spendet.«
    »Ich mache mir Sorgen um dich«, sagte Johan. »Du wirkst so traurig. Hoffentlich hat es nichts mit mir …«
    »Nein, nein, es liegt nicht an dir. Es ist wegen der Leiche aus dem Alten Moor. Außerdem weiß ich, dass ich nicht die Ressourcen der Polizei nutzen kann, um ein so weit zurückliegendes Verbrechen aufzuklären, so gern ich das auch tun

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