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Die Wälder von Albion

Die Wälder von Albion

Titel: Die Wälder von Albion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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diesmal nicht Lhiannon bei dem Ritual dienst, wollte ich dich fragen, ob du heute morgen nicht mit uns zum Fest kommst. Du siehst so blaß aus, und etwas Abwechslung wird dir bestimmt guttun.«
    Das ›uns‹ bezog sich jedoch nur auf Miellyn und Senara, die glücklich über den Ausflug war und sich riesig auf das Fest freute.
    Auf dem Weg zum Gipfel des Hügels drängten sich wie immer an solchen Tagen die Leute. Eilan, die nach den Monaten der Klausur nur Stille und das Alleinsein gewohnt war, begann angesichts der vielen Menschen unruhig zu werden. Vielleicht hatte auch die Einweihung sie verändert. Schon immer waren ihr viele Menschen etwas unheimlich gewesen, aber an diesem Tag hatte sie das Gefühl, so empfindlich zu sein, als hätte man ihr die Haut abgezogen.
    Senara war fröhlich und ausgelassen. Sie staunte über alles, was sie sahen, und stellte viele neugierige Fragen. Sie durfte an einem Stand runden weißen Käse probieren, sie lauschte verzückt auf das helle Geläut der Glasglöckchen, die ein Händler anbot; und wie alle um sie herum trug sie stolz die frischen Frühlingsblumen im Haar. Ihre beiden Begleiterinnen waren verschleiert und trugen die dunkelblauen Gewänder der Priesterinnen, die ihre Gelübde abgelegt hatten.
    Eilan war nicht mehr in einem solchen Gedränge gewesen, seit sie Gaius zufällig wiederbegegnet war. Heute schienen die Menschen aus dem ganzen Land hier zusammenzukommen. Sie lachten, aßen, tranken und ließen sich von den Künsten und dem Können der Schausteller faszinieren.
    »Kommt Lhiannon tagsüber auch hierher?« wollte Senara wissen.
    »O nein«, erwiderte Miellyn, »aber Ardanos, der höchste Druide. Es gehört zu seinen Pflichten, sich bei den Festen den Menschen zu zeigen.« Miellyn schwieg. Dann sagte sie: »Ich glaube, es gefällt ihm von Fest zu Fest weniger. Auch er ist nicht mehr der Jüngste, und die Leute bestürmen ihn mit Klagen und Wünschen, die er nicht erfüllen kann.«
    »Ich habe gehört, daß sich in früheren Zeiten die Hohepriesterin auch unter die Menge gemischt hat.«
    »Das mag sein, denn die Göttin sucht die Nähe der Menschen. SIE macht keine Unterschiede zwischen arm und reich, zwischen den Mächtigen und dem Volk.«
    Miellyn mußte plötzlich laut auflachen.
    »Was hast du?« fragte Eilan.
    »Ach nichts, aber ich habe gehört, daß sich die Hohepriesterin in früheren Zeiten auf das Ritual vorbereitete, indem sie sich einen Gefährten wählte. Deshalb erschien sie auf dem Fest, und sie reichte dem neuen König die Insignien seiner Macht, nicht der höchste Druide.«
    Ein heißer Schauer überlief Eilan von Kopf bis Fuß, denn sie glaubte plötzlich, die klare, volltönende Stimme des Merlin zu hören.
    Eine Priesterin der Göttin gibt sich dem Mann, dem König ihrer Wahl, zu ihrer Zeit und nach ihrem Willen.
    In diesem Augenblick entdeckte Senara einen Tanzbären und zog die beiden Frauen in den Kreis der neugierigen Zuschauer. Als die Leute die Gewänder der Priesterinnen sahen, machten sie ehrfürchtig Platz, bis sie schließlich direkt an dem mit Seilen abgespannten Ring standen. Der riesige Bär stand schwerfällig schaukelnd auf den Hinterbeinen und drehte sich zu den Befehlen des Bärenführers im Kreis. Ein Trommler und ein Flötenspieler spielten eine seltsam aufreizende Musik, und irgendwie hatte es wirklich den Anschein, der Bär tanze in einer Trance, die sein Mysterium war.
    »Das arme Tier«, sagte Senara mit einem Blick auf die Kette um das Maul.
    »Lhiannon kommt mir manchmal wie dieser Bär vor«, murmelte Miellyn. »Alle starren sie an, und sie bietet der Menge ein Schauspiel.«
    Eilan zuckte bei dem Vergleich der Hohenpriesterin von Vernemeton mit einem dressierten Tier innerlich zusammen.
    »Miellyn, so etwas solltest du noch nicht einmal denken«, flüsterte sie ihrer Freundin zu.
    »Warum nicht? Die Wahrheit auszusprechen, gilt üblicherweise als eine Tugend«, erwiderte Miellyn ungerührt, aber auch sie senkte die Stimme, damit niemand sie hören konnte, was bei dem Lärm, dem Klatschen und Gelächter um sie herum nicht schwierig war.
    Aber vielleicht hat sie recht, dachte Eilan, ohne den Blick von dem Bären zu wenden. Ardanos hatte Lhiannon auf seine Weise gefesselt. Das hatte wenig mit der Freiheit der Hohenpriesterin zu tun, wie sie der Merlin beschrieb.
    Sollte Lhiannon sich aus den Fesseln befreien? Sollte sie an Beltane wieder ihren Gefährten, ihren König, wählen, um so dem Land das neue Leben zu

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