Die Wälder von Albion
hatte.
»Du ahnst nicht, wie glücklich ich bin«, murmelte der alte Mann mit schwerer Zunge. »Ich wollte schon immer Großvater sein… und auch wenn das Kind nur eine Tochter ist, ich habe nichts dagegen.«
Vor Rührung traten ihm die Tränen in die roten Augen.
»Mein Junge, Julia war für mich ein so gutes Kind. Sie hat mir vierzig Söhne ersetzt… und sie hat dich in unsere Familie gebracht… Außerdem, das nächste Kind wird bestimmt ein Junge sein.«
»Das will ich hoffen«, murmelte Gaius verlegen und dachte, wenn es wieder ein Mädchen wird, dann ist es jedenfalls nicht meine Schuld. Er hatte bereits einen Sohn. Aber es schien ihm nicht der richtige Augenblick, seinen Schwiegervater damit zu überraschen.
»Diesen Wein habe ich beiseite getan, als Julia geboren wurde, um mich zu betrinken, wenn mein erstes Enkelkind auf die Welt kommen würde«, sagte Licinius und brach das Siegel. »Trink mit mir, mein Sohn, und laß uns den edlen Tropfen nicht mit Wasser verderben.«
Gaius fand keine Gelegenheit, etwas zu essen. Er hätte viel lieber einen Krug Bier getrunken und einen Teller Bohnen gegessen oder gebratenes Huhn. Aber da der ganze Haushalt durcheinander war, konnte er von Glück sagen, daß er von einem der Sklaven etwas Brot und kalten Braten bekam. Er fand sich damit ab, völlig betrunken zu Bett zu gehen, und erfüllte auch diesmal den Wunsch seines Schwiegervaters, der einen Krug Wein nach dem anderen öffnete und mit ihm anstieß.
»Auf deine Tochter«, lallte Licinius immer wieder, »möge sie so gut zu dir sein wie Julia es zu mir immer gewesen ist… «
Gaius trank, und als nächstes wollte der alte Mann auf seinen Sohn trinken. Gaius riß erstaunt die Augen auf und hätte sich beinahe verschluckt. Aber dann sagte sein Schwiegervater: »Auf deinen Sohn, den du im nächsten Jahr bekommen wirst.«
»Ach ja… natürlich«, stotterte Gaius, rot bis über beide Ohren.
Aber als er feierlich den Becher hob, trank er in Gedanken auf Eilan und den Sohn, den er bereits hatte.
Der kleine Gawen mußte bereits über ein Jahr alt sein. Konnte er schon laufen? Waren aus dem dunklen Flaum inzwischen blonde Locken geworden?
Er lächelte und war zum ersten Mal an diesem Abend glücklich, aber schon mußte er wieder auf Julia trinken. Wenn nicht in diesem Augenblick eine Sklavin erschienen wäre, um zu sagen, er könne jetzt Mutter und Kind sehen, dann wäre Gaius zu betrunken und nicht mehr dazu in der Lage gewesen. Dankbar für die Unterbrechung folgte er der Frau in das Schlafgemach.
Sie ist wirklich noch ein Kind.
Das fiel Gaius als erstes auf. Julia war so zierlich und blaß. Sie wirkte fast wie eine Puppe. In ihren Armen lag das winzige, in Windeln gewickelte Mädchen.
Als Julia ihn sah, begann sie zu weinen.
»Es tut mir so leid… Ich wollte dir doch einen Sohn schenken… Ich war mir so sicher… so sicher… «
Gaius dachte an Eilans Sohn und wäre nie auf den Gedanken gekommen, Julia Vorwürfe zu machen. Er beugte sich liebevoll über sie und gab ihr einen Kuß.
»Du mußt doch nicht weinen«, murmelte er, »das nächste Mal wird es ein Junge sein, wenn es die Götter wollen.«
»Dann erkennst du das Kind an?«
Die Hebamme nahm den Säugling hoch und hielt ihn Gaius entgegen. Alle blickten ihn erwartungsvoll an. Im ersten Augenblick verstand Gaius nicht, was von ihm erwartet wurde, aber dann nahm er das Kind ungeschickt auf den Arm. Er blickte in das winzige faltige Gesicht und wartete auf die Welle der Zärtlichkeit und das unbeschreibliche Glücksgefühl, wie damals, als er den kleinen Gawen an sich gedrückt hatte. Aber jetzt empfand er nur Staunen, denn es schien einfach unmöglich, daß etwas so Winziges lebendig sein sollte. Er seufzte und sagte dann feierlich: »Im Namen meiner Vorfahren erkläre ich, daß dieses Kind meine Tochter ist.«
Jetzt liefen auch Licinius die Tränen über die Wangen.
»Sie soll Macellia Severina heißen.«
Bald nach Beltane erschien Bendeigid in Vernemeton und bat offiziell um ein Gespräch mit der Hohenpriesterin. Eilan hatte sich inzwischen an ihre neue Aufgabe gewöhnt, aber es schien trotzdem seltsam, daß ihr Vater, ein mächtiger Druide, um Erlaubnis bitten mußte, sie zu sehen. Eilan ließ ihm ebenso förmlich ausrichten, daß sie ihn empfangen werde. Als er dann noch am selben Nachmittag in ihrem Besuchszimmer erschien, nahm sie sich vor, ihn in aller Herzlichkeit zu begrüßen.
Um die Wahrheit zu sagen, Eilan empfand keine
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