Die Wälder von Albion
Angst, Frau, es besteht keine Gefahr mehr. Die Kleine hat eine Gehirnerschütterung. Die Platzwunde wird verheilen. Zum Glück hat er sie sehr vorsichtig getragen.« Die Frau blickte auf Gaius.
Eilan hob die Hand, wie um Gaius zu segnen. »Wir alle danken dir.« Ihre Stimme bebte kaum.
Gaius verneigte sich. »Ich muß jetzt gehen«, sagte er schnell, als die fremde Frau, noch immer mit Tränen in den Augen, zu ihm kam und ihm ebenfalls danken wollte.
Er eilte benommen an ihr vorbei zum Ausgang, und erst als er draußen stand und im hellen Licht die Augen zusammenkniff, fiel ihm ein, daß er sich nicht von Eilan verabschiedet hatte.
Warum habe ich sie nicht einmal gefragt, ob sie freiwillig Priesterin geworden ist? Hat man sie dazu gezwungen?
Aber die Zeltklappe hatte sich hinter ihm geschlossen, und er konnte ihr keine Fragen mehr stellen. Er blieb verwirrt neben dem Zelt stehen und hörte Dieda fragen: »Eilan, was hast du mit diesem Mann gesprochen? Er sah aus wie ein Römer!«
»Meinst du?« hörte er Eilans Stimme. »Er war aber nicht in der Uniform der Legionen… «
Meine kleine Vestalin, sie ist nicht nur schön, sie ist auch klug…
Seine Zärtlichkeit und Liebe waren übermächtig, aber er konnte nicht länger stehenbleiben. Die Leute starrten ihn bereits neugierig an.
Wo ist der Centurio? Ich muß ihn finden!
Gaius erinnerte sich wieder an seine Pflichten. Er konnte einfach nicht länger auf dem Fest bleiben. Er würde mit den Männern nach Deva zurückkehren und melden, daß nichts Erwähnenswertes vorgefallen sei. Am meisten jedoch beschäftigte ihn die Frage: Wie würde es ihm gelingen, Eilan wiederzusehen?
Er ahnte in diesem Augenblick nicht, daß er Eilan zwar wiedergefunden hatte, aber nur, um von neuem lange Zeit von ihr getrennt zu werden.
Im Zelt legte Eilan die Hände auf ihr klopfendes Herz. Es schien beinahe unmöglich, daß die anderen Frauen es nicht auch schlagen hörten. Erleichtert stellte sie jedoch fest, daß selbst Dieda Gaius nicht erkannt hatte.
»Was ist eigentlich da draußen geschehen?« fragte Gwenna und legte dem Mädchen einen Kopfverband an.
»Ein paar Männer haben sich gestritten, und eine Rinderherde ist bei dem Tumult in Panik geraten«, antwortete die Mutter. »Aber wie soll ich mich nur bei dem Mann bedanken?«
»Er ist gegangen, und was er getan hat, war selbstverständlich«, erwiderte Dieda. »Eilan hat ihn in deinem Namen gesegnet.«
Eilan dachte, daß wieder einmal ein glücklicher Umstand dafür gesorgt hatte, daß Gaius keine Uniform trug.
Wie er wohl als römischer Offizier aussieht? Sicher steht ihm die Uniform gut!
Unwillig schüttelte Eilan den Kopf. Sie ermahnte sich, nicht so an ihn zu denken, und vor allem nicht hier in Gegenwart der Priesterinnen. Dieser Teil ihres Lebens war endgültig vorüber.
Gwenna verabschiedete die Frau, nachdem sie ihr genaue Anweisungen für ihre kleine Tochter gegeben hatte.
Dann sagte sie: »Wenn eine Rinderherde ausgebrochen ist, kann man die Tiere bestimmt nicht so schnell wieder einfangen.« Sie wusch sich nachdenklich die Hände. »Bestimmt werden wir bald noch mehr Verletzte haben und können den Rest des Tages Wunden verbinden!« Dann sagte sie zu Dieda: »Du kannst den nächsten reinkommen lassen!« und zu Eilan: »Kleines, erkundige dich draußen, was mit der Herde geschehen ist, und danach, ob das Fest ungestört weitergeht.«
Eilan eilte auf den Platz hinaus. Sie hoffte, Gaius in der Menge zu entdecken. Von den ausgebrochenen Rindern war nichts zu sehen, aber überall standen die Leute zusammen und redeten aufgeregt über den Vorfall. Es hätte Tote gegeben, behaupteten einige, aber das Fest ging weiter, als sei nichts geschehen.
Eilan stieß auf eine Gruppe Verletzter und ging mit ihnen zum Zelt zurück. Gwenna sollte recht behalten. An diesem Tag mußten sie noch viele Wunden auswaschen und Verbände anlegen. Eilan half gewissenhaft, aber ihre Gedanken waren bei Gaius.
»Es hat also viele Verletzte und sogar Tote gegeben?« fragte Latis und blickte Eilan aufmerksam an. »Das war bestimmt nicht leicht für dich, soviel Blut zu sehen. Ich hätte dir ein schöneres Beltane für deinen ersten Ausflug gewünscht.«
Die alte Priesterin musterte sie so durchdringend, daß Eilan verlegen wurde.
»Bei der Göttin, du hast dich verändert, Kleines. Aber wie Gwenna sagt, könntest du eine sehr gute Heilerin werden.«
Eilan hob schnell den Kopf und fragte erwartungsvoll: »Hat die Priesterschaft das
Weitere Kostenlose Bücher