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Die Waffen nieder!

Die Waffen nieder!

Titel: Die Waffen nieder! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bertha von Suttner
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aber versichere dich, Vater, daß dieses naturwidrige ›Gern-sterben‹, welches da allen Männern zugemutet wird, so heldenhaft es dem Aussprechenden auch dünken mag – mir klingt es wie gesprochener Totschlag.«
    – Unter Friedrichs Papieren – viele Tage später – habe ich einen Brief gefunden, den ich ihm in jenen Tagen nach dem Kriegsschauplatz schickte. Dieser Brief zeigt am deutlichsten, von welchen Gefühlen ich damals erfüllt war.
    Grumitz, 28. Juni 1866.
    Teurer: Ich lebe nicht.... Stelle dir vor, daß in einem Nebenzimmer die Leute beraten ob ich in den nächsten Tagen gehenkt werden soll oder nicht, während ich draußen auf diese Entscheidung warten muß. In dieser Wartezeit atme ich wohl – aber kann ich das leben nennen? Das Nebenzimmer, in welchem die Frage entschieden werden soll, heißt Böhmen ... Doch nicht, Geliebter, das Bild ist noch nicht ganz zutreffend. Denn wenn es sich nur um mein Leben oder Sterben handelte, so wäre das Bangen nicht so groß. Denn mein Bangen gilt einem viel teureren Leben, als dem eigenen ... Und sogar noch ärgerem als deinem Tode gilt meine Angst – sie gilt Deiner möglichen Todesqual ... O, wäre es doch schon vorüber, vorüber! Kämen doch unsere Siege in rascher Folge – nicht der Siege, sondern des Endes halber!
    Ob Dich diese Zeilen erreichen? Und wo und wie? Ob nach einem heißen Schlachttage, ob im Lager, ob vielleicht im Lazarett ... auf jeden Fall tut es Dir wohl, Kunde von Deiner Martha zu erhalten. Wenn ich auch nur Trauriges schreiben kann – was anders als Trauriges kann in einer Zeit empfunden werden, wo die Sonne durch das große schwarze Sargdeckeltuch verfinstert wird, welches »für das Vaterland« aufgehißt worden, damit es auf die Kinder des Landes herabfalle – dennoch bringen Dir meine Zeilen Labung ... denn Du hast mich lieb, Friedrich – ich weiß es, wie lieb, und mein geschriebenes Wort freut und bewegt Dich, wie ein sanftes Streicheln meiner Hand. – Ich bin bei Dir, Friedrich, wisse das: mit jedem Gedanken, mit jedem Atemzug, bei Tag und Nacht. ... Hier in meinem Kreise bewege ich mich und handle und spreche mechanisch; mein eigenstes Ich – das ja Dir gehört – das verläßt Dich keinen Augenblick .... Nur mein Bub' erinnert mich, daß die Welt mir doch noch etwas enthält, was nicht »Du« heißt .... Der gute Kleine – wenn Du wüßtest, wie er nach Dir fragt und sorgt! Wir zwei sprechen miteinander eigentlich von gar nichts anderem, als von »Papa«. Er weiß es wohl, der feinfühlige Knabe, daß dies der Gegenstand ist, von dem mein Herz voll ist, und so klein er ist – Du weißt es ja – ist er schon eine Art Freund seiner Mutter. Ich fange auch schon an, mit ihm zu reden, wie mit einem Vernünftigen, und dafür ist er mir dankbar. Ich meinerseits bin ihm dankbar für die Liebe, die er Dir weiht. Es ist so selten, daß Kinder ihre Stiefeltern gut leiden mögen, freilich ist an Dir auch nichts Stiefväterliches – Du könntest mit einem eigenen Jungen nicht zärtlicher, nicht gütiger sein, Du mein Zärtlicher, Gütiger! Ja, die Güte – die große, weiche, milde – die ist Deines Wesens Grundlage und – wie sagt der Dichter? so wie der Himmel aus einem einzigen großen Saphir sich wölbt, so formt sich eines edlen Menschen Charaktergröße nur aus einer Tugend – der Güte. Mit anderen Worten: ich lieb' Dich, Friedrich! Das ist ja doch immer der Refrain alles dessen, was ich von Dir und Deinen Eigenschaften denke. So vertrauensvoll, so zuversichtlich lieb' ich Dich – ich ruhe in Dir, Friedrich, warm und sanft ... wenn ich Dich habe – versteht sich. Jetzt, da Du mir wieder entrissen bist, ist's mit meiner Ruhe natürlich aus. Ach, wäre der Sturm nur schon vorbei, vorbei – wäret ihr doch in Berlin, um dem König Wilhelm die Friedensbedingungen zu diktieren! Mein Vater ist nämlich fest überzeugt, daß dies des Feldzugs Ende sein wird, und nach allem, was man hört und liest, muß ich es wohl auch glauben. »Sobald, mit Gottes Hilfe, der Feind geschlagen ist« – so lautete ja Benedeks Aufruf – »werden wir ihm auf dem Fuße verfolgen und ihr werdet in Feindesland euch ausrasten und diejenigen Erholungen« und so weiter. Was sind denn das für Erholungen? Heutzutage darf kein Anführer mehr laut und unumwunden sagen: »Ihr dürft plündern, brennen, morden, schänden«, wie dies im Mittelalter Brauch war, um die Horden anzufeuern; – jetzt könnte man ihnen als Lohn höchstens eine freigebige

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