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Die Waffen nieder!

Die Waffen nieder!

Titel: Die Waffen nieder! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bertha von Suttner
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und man erst bei Tagesanbruch den Irrtum bemerkte; daß ein Teil des Regiments Gyulai in einen Teich geführt wurde: das sind auch so kleine Versehen, wie sie eben in der Hitze der Partie auch dem besten Spieler passieren können.«
    * * *
    »Es ist beschlossen; wenn ich aus diesem Feldzuge zurückkehre, so verlasse ich den Dienst. Alles andere hintangesetzt – wenn man einmal eine Sache mit einem solchen Abscheu zu erfassen gelernt hat, wie der Krieg mir nunmehr einflößt, so wäre es unausgesetzte Lüge, im Dienst dieser Sache zu verharren. – Ehedem bin ich, wie Du weißt, auch schon mit Widerwillen und mit verdammendem Urteil in die Schlacht gezogen, aber erst jetzt hat sich dieser Widerwille so gesteigert, diese Verurteilung so verschärft, daß alle Gründe, welche mich früher bestimmten, bei meinem Berufe auszuharren, aufgehört haben, zu wirken. Die Gesinnungen, welche aus dem Jugendunterricht, vielleicht auch teilweise angeerbt – in meinem Innern noch zu Gunsten des Soldatentums sprachen, sind mir jetzt, während der zuletzt erlebten Greuel ganz verloren gegangen. Ich weiß nicht, sind es die mit Dir gemeinschaftlich gemachten Lektüren, aus welchen hervorging, daß meine Kriegsverachtung nicht vereinzelt ist, sondern von den besten Geistern der Zeit geteilt wird; sind es die mit Dir geführten Gespräche, in welchen ich mich durch Aussprache meiner Ansichten und durch Deine Zustimmung in denselben gestärkt habe; – kurz, mein früheres dumpfes, halbunterdrücktes Gefühl hat sich in eine klare Überzeugung verwandelt – eine Überzeugung, die es mir fortan unmöglich macht, dem Kriegsgott zu fröhnen. Das ist so eine Wandlung, wie sie bei vielen Leuten in Glaubensachen eintritt. Zuerst sind sie etwas zweiflerisch und gleichgültig, sie können aber noch mit einer gewissen Ehrfurcht den Tempelhandlungen beiwohnen. Wenn aber einmal aller Mystizismus abgestreift ist, wenn sie zu der Einsicht gelangen, daß die Zeremonie, der sie da beiwohnen, auf Torheit – auch mitunter grausamer Torheit, wie bei den religiösen Opferschlachtungen – beruht, dann wollen sie nicht mehr neben den anderen Betörten knien, nicht mehr sich und die Welt betrügen, indem sie den nunmehr entgötterten Tempel betreten. So ist es mir mit dem grausamen Marsdienst gegangen. Das Geheimnisvolle, Überirdische, Andachtsschauer Erweckende, welches das Erscheinen dieser Gottheit auf die Menschen hervorzubringen pflegt, welches auch in früherer Zeit noch meinen Sinn umdunkelte, das ist mir jetzt vollständig abhanden gekommen. Die Armeebefehl -Liturgie und die rituellen Heldenphrasen erscheinen mir nicht mehr als inspirierter Urtext; der gewaltige Orgelton der Kanonen, der Weihrauchdampf des Pulvers vermag nicht mehr mich zu entzücken: ganz glaubens- und ehrfurchtslos wohne ich der fürchterlichen Kultushandlung bei und kann dabei nichts anderes mehr sehen, als die Qualen des Opfers, nichts hören, als dessen jammervollen Todesschrei. Und daher kommt es, daß diese Blätter, die ich mit meinen Kriegseindrücken fülle, nichts anderes enthalten, als schmerzlich geschauten Schmerz.«
    * * *
    Die Schlacht von Königgrätz war geschlagen. Wieder eine Niederlage! Diesmal, wie es scheint, eine entscheidende ... Mein Vater berichtete uns diese Nachricht in einem Tone, als hätte er den Weltuntergang verkündet.
    Und kein Brief, keine Depesche von Friedrich! War er verwundet – tot? – Konrad gab seiner Braut Nachricht: er war unversehrt. Die Verlustlisten waren noch nicht angekommen; es hieß nur, bei Königgrätz gab es vierzigtausend Tote und Verwundete. Und die letzte Nachricht, die ich erhalten hatte, lautete: »Wir begeben uns heute nach Königgrätz.«
    Am dritten Tage noch immer kein Zeichen. Ich weine und weine stundenlang. Eben weil mein Kummer noch nicht ganz hoffnungslos ist, kann ich weinen; wenn ich wüßte, daß alles vorbei ist, so gäbe es für die Wucht meines Schmerzes keine Tränen mehr. Auch mein Vater ist tiefgedrückt. Und Otto, mein Bruder, tobt vor Rachsucht. Es heißt, daß jetzt in Wien Freiwilligenkorps errichtet werden – diesen will er sich anschließen. Ferner heißt es, Benedek solle seiner Stelle entsetzt und statt seiner der siegreiche Erzherzog Albrecht nach dem Norden berufen werden, dann gäbe es vielleicht doch noch ein Aufraffen, ein Zurückschlagen des übermütigen Feindes, der jetzt uns ganz vernichten wolle, der im Vormarsch auf Wien begriffen sei ... Angst, Wut, Schmerz erfüllt alle

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