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Die Waffen nieder!

Die Waffen nieder!

Titel: Die Waffen nieder! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bertha von Suttner
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sind, dann werde ich Tilling wieder ganz ruhig begegnen können, mit der Idee vertraut, daß er eine andere liebt und mich harmlos an seinem freundschaftlichen und geistanregenden Umgang erlaben. Denn es ist wahrhaft ein Vergnügen, mit ihm zu verkehren – er ist so anders, so ganz anders als alle anderen. Ich bin wirklich froh, daß ich das heute so gelassen konstatieren kann – gestern mußte ich einen Augenblick schon fürchten, daß es um meine Ruhe geschehen sei, und daß ich die Beute quälender Eifersucht würde ... heute ist diese Furcht verflogen.«
    Am selben Tage besuchte ich meine Freundin Lori Griesbach – dieselbe, bei der ich den Tod meines armen Arno erfahren. Sie war unter den jungen Frauen meiner Bekanntschaft diejenige, mit welcher ich am meisten und am intimsten verkehrte. Nicht, daß wir in vielen Hinsichten übereinstimmten, oder daß wir uns gegenseitig vollkommen verstanden – wie dies doch die Grundlage echter Freundschaft sein soll; – aber wir waren als Kinder Gespielinnen, als jung verheiratete Frauen Stellungsgenossinnen gewesen; hatten damals fast täglich verkehrt und so war eine gewisse Gewohnheitsvertraulichkeit zwischen uns entstanden, welche trotz so mancher Grundverschiedenheit unserer Wesen – unseren gegenseitigen Umgang zu einem recht angenehmen und gemütlichen gestaltete. Es war ein gewisses, engbegrenztes Gebiet, auf dem wir uns begegneten, aber auf dem anderen waren wir einander aufrichtig gut. Ganze Seiten meines Seelenlebens blieben ihr ganz verschlossen. Von den An- und Einsichten, zu welchen ich in meiner stillen Studierzeit gelangt war, hatte ich ihr nie ein Wort mitgeteilt und fühlte auch kein Bedürfnis dazu. Wie selten kann man sich einem Menschen ganz geben! Das habe ich recht oft im Leben erfahren, daß ich dem einen nur diese, dem anderen nur jene Seite meiner geistigen Persönlichkeit erschließen konnte; daß, so oft ich mit diesem oder jenem verkehrte, sozusagen ein gewisses Register sich aufzog, die ganze übrige Klaviatur aber stumm blieb.
    Zwischen Lori und mir gab es der Gegenstände genug, die uns zu stundenlangem Plaudern Stoff boten: unsere Kindheitserinnerungen, unsere Kleinen, die Ereignisse und Vorkommnisse unseres Gesellschaftskreises, Toilette, englische Romane und dergleichen mehr.
    Loris Knabe, Xaver, war im Alter meines Sohnes Rudolf und dessen liebster Spielkamerad, und Loris Töchterchen, Beatrix, damals zehn Monate alt, wurde scherzweise von uns bestimmt, einst Gräfin Rudolf Dotzky zu werden.
    »Sieht man dich endlich wieder!« empfing mich Lori. »Du bist ja in letzter Zeit ganz Einsiedlerin geworden. Auch meinen künftigen Schwiegersohn habe ich schon lange nicht die Ehre gehabt bei mir zu sehen – Beatrix wird das sehr übelnehmen ... Jetzt erzähle, Kind, was treibst du? ... Und wie geht es Rosa und Lilli? Für Lilli habe ich übrigens eine interessante Nachricht, die mir mein Mann gestern aus dem Kaffeehaus mitgebracht: es ist einer sehr verliebt in sie, einer, von dem ich glaubte, er machte dir die Cour ... doch das erzähle ich später. Was du da für ein hübsches Kleid hast – von der Francine, nicht wahr? Das habe ich gleich erkannt – sie hat doch ein eigentümliches Cachet ... Und der Hut von Eindreau? Steht dir allerliebst ... Er macht jetzt auch Kostüme, nicht nur Hüte ... auch mit ungeheurem Geschmack. Gestern abend bei Dierichstein – warum bist du nicht gekommen? – hatte die Nini Chotek eine Eindreausche Toilette an und sah beinahe hübsch aus ...«
    So ging es eine Zeitlang fort und ich antwortete im selben Tone. Nachdem ich das Gespräch geschickt auf die in der »Welt« kursierenden Klatschereien gelenkt, stellte ich in möglichst unbefangener Weise die Frage:
    »Hast du auch gehört, daß, Prinzessin*** ein Verhältnis mit – mit einem gewissen Baron Tilling haben soll?«
    »Ich habe so etwas gehört – aber jedenfalls ist das de l'histoire ancienne. Heute ist es eine allbekannte Sache, daß die Prinzessin für einen Burgschauspieler schwärmt. »Interessierst du dich etwa für diesen Baron Tilling? Du wirst rot? Da hilft kein verneinendes Kopfschütteln – beichte lieber! Es ist ohnedies unerhört, daß du so lang kalt und gefühllos bleibst ... es wäre mir eine wahre Genugtuung, dich einmal verliebt zu wissen ... Freilich, eine Partie für dich wäre Tilling nicht – da hast du glänzendere Bewerber – er soll gar nichts haben. Nun, du bist selber reich genug – aber er ist auch zu alt für dich

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