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Die Waffen nieder!

Die Waffen nieder!

Titel: Die Waffen nieder! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bertha von Suttner
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... Wie alt wäre jetzt der arme Arno? ... Das war doch gar zu traurig damals ... den Augenblick werde ich nie vergessen, da du mir meines Bruders Brief vorgelesen ... Ja, es ist doch eine schlimme Einrichtung, der Krieg ... Für manche – für andere ist er eine wunderschöne Einrichtung: Mein Mann wünscht sich nichts sehnlicher, als daß es bald wieder zu etwas käme; er möchte sich so gern auszeichnen. Ich begreife dies – wenn ich ein Soldat wäre, würde ich mir auch wünschen, eine Großtat machen zu können, oder doch in der Karriere vorwärts zu kommen –«
    »Oder verkrüppelt oder totgeschossen zu werden?«
    »Daran dächt' ich nie. Daran soll man nicht denken – und es trifft ja doch nur die, denen es bestimmt ist. – So war es deine Bestimmung. Herz, eine junge Witwe zu werden.«
    »Darum mußte der Krieg mit Italien ausbrechen?«
    »Und wenn es meine Bestimmung ist, die Frau eines verhältnismäßig jungen Generals zu sein –«
    »So muß es nächstens zu einem Völkerkonflikt kommen, damit Griesbach schnell avancieren könne? Du zeichnest der Weltordnung einen sehr einfachen Lauf vor. – Was wolltest du mir mit Bezug auf Lilli erzählen?«
    »Daß euer Vetter Konrad für sie schwärmt. Ich vermute, er wird nächstens um sie anhalten.«
    »Das bezweifle ich. Konrad Althaus ist ein viel zu flatterhafter und toller Bursch', um ans Heiraten zu denken.«
    »Ach, toll und flatterhaft sind sie ja alle und heiraten doch, wenn sie sich vernarren ... Glaubst du, daß er der Lilli gefällt?«
    »Ich habe nichts bemerkt.«
    »Es wäre eine sehr gute Partie. Wenn sein Onkel Drontheim stirbt, so erbt er die Herrschaft Selavetz. Apropos Drontheim – weißt du, daß der Ferdi Drontheim, derselbe, der sein Vermögen mit der Tänzerin Grill durchgebracht hat, jetzt eine reiche Bankierstochter heiraten soll? – Nun – empfangen wird sie doch niemand ... Kommst du heute abend zur englischen Botschaft? Wieder nicht? Eigentlich hast du recht – in diesen Gesandtschafts-Naouts fühlt man sich doch nicht so ganz unter sich: es sind so viele fremdartige Leute dabei, von denen man nicht sicher weiß, ob sie comme il faut sind; jeder durchreisende Engländer, der sich bei seinem Gesandten vorstellen läßt, wird da eingeladen – wenn es auch ein bürgerlicher Gutsbesitzer, oder gar Industrieller oder so etwas ist. Ich habe die Engländer nur in der Tauchnitz-Edition gern ... Hast du »Jane Eyre« schon ausgelesen? – nicht wahr, wunderhübsch? Wenn Beatrix zu sprechen anfängt, werde ich ihr eine englische Bonne nehmen ... Mit der Französin des Xaver bin ich gar nicht zufrieden ... Neulich bin ich ihr auf der Straße begegnet , wie sie dort Kleinen ausführte, und ein junger Mann – anscheinend ein Kommis – ging nebenher, in angelegentlichstem Gespräch mit ihr. Plötzlich stand ich vor ihnen – die Verlegenheit hättest du sehen sollen! Überhaupt, mit den Leuten hat man sein Kreuz! ... Da ist meine Jungfer, die hat mir gekündigt, weil sie heiratet – jetzt, wo ich sie gewohnt war – es ist nichts unausstehlicher, als neue Gesichter zum bedienen ... Was? Du willst schon fort?«
    »Ja, liebes Herz – ich muß noch einige unaufschiebbare Besuche machen ...«
    Und ich ließ mich nicht bewegen, auch »nur noch fünf Minuten« zu bleiben, obwohl die unaufschiebbaren Besuche erlogen waren. Sonst hatte ich es doch stundenlang ausgehalten, solch inhaltloses Geplapper anzuhören und mitzuplappern – aber an diesem Tage widerte es mich an. Eine Sehnsucht ergriff mich: ... Ach nur wieder so ein Gespräch wie gestern abend – ach Tilling – Friedrich Tilling ... Die Wagenräder hatten also doch recht mit ihrem Refrain! ... Es war eine Wandlung mit mir geschehen – ich war in eine andere Gefühlswelt hinaufgehoben; diese kleinlichen Interessen, in welche meine Freundin so ganz vertieft war: Toiletten, Bonnen, Heirats- und Erbschaftsgeschichten aus der Gesellschaft – das war doch gar zu nichtig, zu erbärmlich, zu erstickend ... Hinaus, hinaus in eine andere Lebensluft! Und Tilling war ja frei: die Prinzessin »schwärmt für einen Burgschauspieler« ... Die hat er wohl nie geliebt ... ein vorübergehendes – ein vorübergegangenes Abenteuer, weiter nichts.
    Es verstrichen mehrere Tage, ohne daß ich Tilling wiedersah. Jeden Abend ging ich ins Theater und von da in eine Soiree, in der hoffenden Erwartung ihm zu begegnen, aber vergebens.
    Mein Empfangstag brachte mir viele Besuche, aber natürlich nicht den

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