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Die Waffen nieder!

Die Waffen nieder!

Titel: Die Waffen nieder! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bertha von Suttner
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und Kolben zurückzuschlagen? ...) Auf ihn laßt uns unsere Sache stellen, der die Herzen der Menschen lenkt, der die Schicksale der Völker und den Ausgang der Schlachten entscheidet. Wie in der heiligen Schrift geschrieben steht: Laßt eure Herzen zu Gott schlagen und eure Fäuste auf den Feind. In diesem Kriege handelt es sich – ihr wißt es – um Preußens heiligste Güter und um das Fortbestehen unseres teuren Preußens. Der Feind will es ausgesprochenermaßen zerstückeln und erniedrigen. Die Ströme von Blut, welche eure und meine Väter unter Friedrich dem Großen und wir jüngst bei Düppel und auf Alsen vergossen haben, sollten sie umsonst vergossen sein? Nimmermehr! Wir wollen Preußen erhalten, wie es ist, und durch Siege kräftiger und mächtiger machen. Wir werden uns unserer Väter würdig zeigen. Wir bauen auf den Gott unserer Väter, der uns gnädig sein und Preußens Waffen segnen möge. Und nun vorwärts mit unserem alten Schlachtruf: Mit Gott für König und Vaterland. Es lebe der König!«

Viertes Buch.
1866.
    Und so war es denn wieder da – dieses größte alles denkbaren Unglücks – und wurde von der Bevölkerung mit dem gewohnten Jubel begrüßt. Die Regimenter marschierten aus (wie würden sie wiederkehren?) und Sieges- und Segenswünsche und schreiende Gassenjungen gaben ihnen das Geleite.
    Friedrich war schon vor einiger Zeit nach Böhmen beordert worden – noch ehe der Krieg erklärt war, und gerade als die Dinge so standen, daß ich zuversichtlich hoffen konnte, der unselige, so geringfügige Herzogtümerstreit werde sich gütlich beilegen. Diesmal war mir das herzzerreißende Abschiednehmen erspart geblieben, welches dem direkten »In den Krieg ziehen« des Geliebten vorangeht. Als mir mein Vater triumphierend die Nachricht brachte: »Jetzt geht's los,« war ich schon seit vierzehn Tagen allein. Und seit letzter Zeit war ich auf diese Nachricht schon gefaßt gewesen – wie ein Verbrecher in seiner Zelle auf Verlesung des Todesurteils gefaßt ist.
    Ich beugte den Kopf und sagte nichts.
    »Sei guten Mut's, Kind. Der Krieg wird nicht lang dauern – über heut' und morgen sind wir in Berlin .... Und so wie er aus Schleswig-Holstein zurückgekommen, so wird dein Mann auch aus diesem Feldzug heimkehren, aber mit viel grünerem Lorbeer bedeckt. Unangenehm mag es ihm zwar sein, da er selbst preußischen Ursprungs ist, gegen Preußen zu ziehen – aber seit er in österreichischen Diensten steht, ist er ja doch mit Leib und Seel' einer von den unsern .... Diese Preußen! Aus dem Bund wollen sie uns hinauswerfen, die arroganten Windbeutel – das werden sie schön bereuen, wenn Schlesien wieder unser ist, und wenn die Habsburger–«
    Ich streckte die Hände aus:
    »Vater – eine Bitte: laß mich jetzt allein.«
    Er mochte glauben, daß ich das Bedürfnis fühlte, mich auszuweinen, und da er ein Feind aller Rührszenen war, so willfahrte er bereitwilligst meinem Wunsch und ging.
    Ich aber weinte nicht. Es war mir, als wäre ein betäubender Schlag auf meinen Kopf gefallen. Schwer atmend, starr blickend saß ich eine Zeit regungslos da. Dann ging ich zu meinem Schreibtisch, schlug die roten Hefte auf und trug ein:
    »Das Todesurteil ist gesprochen. Hunderttausend Menschen sollen hingerichtet werden. Ob Friedrich auch dabei ist? ... Folglich auch ich ... Wer bin ich, um nicht zu Grunde zu gehen, wie die anderen Hunderttausend? – ich wollt', ich wär schon tot.«
    Von Friedrich erhielt ich am selben Tage einige flüchtig geschriebene Zeilen:
    »Mein Weib! Sei mutig – hoch das Herz! Wir waren glücklich, das kann uns niemand nehmen, selbst wenn heute, wie für so viele andere, auch für uns das Dekret gefallen wäre: Es ist vorbei . (Derselbe Gedanke, wie ich in meinen roten Heften: die vielen anderen Verurteilten.) Heute geht's dem Feind entgegen. Vielleicht erkenne ich drüben ein paar Kampfgenossen von Düppel und Alsen – vielleicht meinen kleinen Vetter Gottfried ... Wir marschieren nach Liebenau mit der Avantgarde des Grafen Clam-Gallas. Von nun an gibt's zum Schreiben keine Zeit mehr. Erwarte Dir keine Briefe. Höchstens, wenn sich die Gelegenheit bietet, eine Zeile, zum Zeichen, daß ich lebe. Vorher möchte ich noch ein einziges Wort finden, das meine ganze Liebe in sich faßte, um es Dir – falls es das letzte wäre – hier niederzuschreiben. Ich finde nur dieses: »Martha!« Du weißt, was mir das bedeutet.«
    Konrad Althaus mußte auch ausrücken. Er war voll Feuer und

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