Die wahre Koenigin
lächelte Jamie ermutigend zu. „Du erweist ihnen eine Ehre, wenn du mit ihnen spielst.“
Jamie zierte sich ein wenig. Doch nach weiterem Zureden holte er seine Laute und gesellte sich zu dem kleinen Orchester. Brice nickte ihm aufmunternd zu, und schließlich begann er zu spielen, zaghaft zuerst, dann immer sicherer. Sobald er in den Bann der Musik eingetaucht war, hatte er seine Unsicherheit vergessen.
„Seit ich Frankreich verlassen musste, habe ich nicht mehr getanzt“, klagte Mary. „Alles, was Vergnügen bereitet, ist hier in Schottland verboten“, fuhr sie ärgerlich fort. Doch dann erhellte sich ihre Miene. „Aber von den fernen Highlands erreicht nicht einmal das Echo eines Flüsterns die Ohren des schrecklichen John Knox. Der düstere Prediger wird nichts von unseren unglaublichen Abenteuern erfahren.“
„Oder Missgeschicken“, warf Brice ein.
„Pst. Kein Wort mehr davon. Nun, da ich wieder als Eure Königin erkennbar bin, erwarte ich untertänigsten Respekt. Ferner befehle ich Euch, die neuesten Tänze aus Paris zu lernen.“
„Ihr gehorsamer Diener, Madam.“ Brice neigte sich über Marys Hand und führte die Königin zur Mitte des Raums.
Meredith, die zwischen Holden und Angus saß, musste notgedrungen zusehen, wie die Königin und ihre Freundinnen Brice und die anderen Männer in den anstößigen französischen Tänzen unterwiesen.
Die Art und Weise, wie die Frauen sich von den Männern berühren ließen, war geradezu abstoßend. Die Tanzpartner bewegten Hände und Füße anmutig und wiegten ihre Körper zum Takt der Musik. Einer der unsittlichen neuen Tänze endete gar mit einem Kuss.
Fassungslos beobachtete Meredith, wie die Königin Brice das Gesicht entgegenhob. Ihre Lippen berührten sich. Und die Damen und Herren standen um sie herum und klatschten begeistert in die Hände.
Fassungslos beobachtete auch Jamie die Szene. Es war un-geheuerlich. Brice küsste die Königin!
„Ah“, seufzte Mary lächelnd. „Ihr seid noch immer so gefährlich wie früher. Noch immer bringt Ihr es fertig, mich mit einer einzigen Berührung zu verzaubern.“
„Und Ihr, Madame“, erwiderte Brice mit verführerischem Lächeln, „Ihr seid noch immer die hinreißendste Frau und die beste Tänzerin von ganz Frankreich und Schottland.“
„Ihr seid ein Schmeichler, Brice.“
„Nein, Mary, ich sage die reine Wahrheit, und Ihr wisst es.“ Brice bot der Königin höflich den Arm und führte sie von der Tanzfläche. „Eurer Anmut kann niemand widerstehen, und beim Tanzen schwebt Ihr dahin wie ein Blatt im Wind.“
„Hört ihn Euch an“, rief Mary lachend den Umstehenden zu. „In der Brust dieses wilden Kriegers schlägt das Herz eines Dichters.“
„Schenkt Ihr mir den nächsten Tanz, Majestät?“ Ein Herr aus dem königlichen Gefolge verbeugte sich vor Mary. Sie ließ Brice stehen, und das Paar wirbelte davon. „Tanzt mit Eurer schönen Gefangenen“, rief die Königin Brice über die Schulter zu. Sie lachte übermütig. „Es gehört zu den Aufgaben eines Entführers, seiner Geisel die neuesten Pariser Tänze beizubringen.“
Brice stimmte in ihr Lachen ein, aber kaum hatte er sich umgedreht, als sein Lächeln schwand und der mürrische Ausdruck in seinem Gesicht erschien, den Meredith nur zu gut kannte.
Mit klopfendem Herzen sah sie Brice auf sich zukommen. Jetzt lächelte er wieder. Er verneigte sich und breitete die Arme aus.
„Ich tanze nicht, Mylord.“
„Eure Königin hat es befohlen.“
Belustigt sah Brice, wie Meredith sich auf die Lippe biss und den Blick niederschlug. Dann umfasste er ihre Taille, und sie begannen, sich zu der beschwingten Tanzmelodie zu drehen.
Ein Schwindelgefühl erfasste Meredith. Sie schob es auf die ungewohnte Bewegung und hoffte, dass die Tortur bald vorbei wäre.
„Ihr solltet wenigstens ein wenig lächeln“, raunte Brice ihr ins Ohr. „Das Erlernen eines Tanzes ist nicht so schmerzhaft wie eine öffentliche Züchtigung.“
„Seid Ihr da so sicher? Eben noch habt Ihr selbst eine Miene gezogen, als wärt Ihr auf dem Weg zum Schafott“, bemerkte Meredith spöttisch und zwang sich, das erregende Prickeln in ihrem Innern nicht zu beachten.
„Ich habe mir überlegt, ob ich Euch nicht zuerst nach Waffen durchsuchen sollte.“
Meredith schenkte Brice ein betörendes Lächeln. „Besäße ich ein Messer, Mylord, Ihr hättet es weder in meiner Hand noch unter meinem Gürtel gefunden.“ Das Lächeln wurde noch strahlender. „Es würde bereits
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