Die wahre Koenigin
hatte. Vielleicht besaß er Eigenschaften, die sie noch nicht entdeckt hatte. Sie hoffte es, um Merediths willen.
Während sie Brice bei seiner Beschäftigung beobachtete, fiel ihr auf, dass er seinen linken Arm schonte. „Seid Ihr bei den Kämpfen verwundet worden?“
„Verwundet? Wieso?“, fragte Megan überrascht.
Brice unterbrach seine Arbeit und lächelte Brenna zu. „Ihr seid eine gute Beobachterin, Brenna. Ich dachte, es würde nicht auffallen.“ Er berührte unwillkürlich seine Schulter. Obwohl Angus nach dem Kampf die frisch aufgebrochene Wunde, so gut es ging, verbunden hatte, schmerzte sie stark.
„Ihr habt eine Verletzung?“ Megan musterte Brice bewundernd. Es beeindruckte sie, dass ein Mann trotz Verwundung und Schmerzen seine Mission fortsetzte. „Aber sicherlich habt Ihr den Feind besiegt.“ Ihre Augen leuchteten bei dem Gedanken an den Kampf auf. Wie ihre große Schwester Meredith würde sie niemals zögern, zum Schwert zu greifen. „Sagt, wie kam es, dass Meredith Euch entwischte, wenn Ihr sie doch retten wolltet?“
Brice musste wieder lachen. „Das ist eine andere Geschichte. Am besten lasst Ihr sie Euch von Meredith selbst erzählen. Sie ist eine Meisterin der Tarnung geworden. Deshalb habe ich sie nicht erkannt, obwohl sie an mir vorbeigeritten ist.“ „Und jetzt ist sie Euch wieder voraus“, meinte Brenna sorgenvoll.
„Nicht mehr lange.“ Brice ging an die Tür und sah zum Himmel. „Der Wind treibt die Wolken nach Westen. Sobald der Regen nachlässt, reiten wir weiter.“
„Seid Ihr so in Eile, weil Ihr Meredith liebt?“, fragte Megan kühn. „Oder ärgert Ihr Euch, dass eine Frau Euch an der Nase herumführt?“
Brice wandte sich um. Ein Blitz ließ sein Gesicht aufleuchten, und in diesem Moment sah er tatsächlich furchterregend wie ein Barbar aus. „Ihr habt ein Recht zu erfahren, was ich für Eure Schwester empfinde. Und ich werde es Euch sagen.“ Er blickte Brenna fest ins Gesicht, als spürte er ihre Zweifel. „Euch beiden.“ Seine Stimme wurde leiser. Sie klang zart und zugleich kraftvoll. „Ich liebe Meredith.“
Megan gab sich nicht zufrieden. „Wenn Ihr sie angeblich so sehr liebt, warum habt Ihr sie uns dann nicht zurückgebracht?“
„Ich traute MacKenzie nicht. Meredith wäre in den Lowlands nicht sicher gewesen. “
„Und deshalb habt Ihr sie in Euren Highlands in noch größere Gefahr gebracht.“
„Manchmal, kleine Lady, ist man gezwungen, zwischen zwei Übeln das kleinere zu wählen. Ich behielt Meredith bei mir in den Highlands, weil ich ihr so in Gefahrenmomenten jederzeit zu Hilfe kommen konnte.“ Brice drehte sich um und sah wieder nach dem Wetter. Die Schwestern betrachteten sein scharf geschnittenes Profil und die dunklen Locken, die ihm wild in die Stirn fielen. In diesem Augenblick dachten Brenna und Megan dasselbe. Welch ein herrlicher, schöner Mann!
„Ich habe leider erfahren müssen, dass ich nicht immer an der Seite der Frau sein kann, die ich liebe. Es war ein Irrtum, zu glauben, ich könnte Meredith Tag und Nacht beschützen. Ich kann nur für sie beten.“
„Ihr seid ein langmütiger Mann“, sagte Brenna voll Überzeugung.
„Oh nein.“ Fast hätte Brice losgelacht. „Geduld ist nicht unbedingt meine Stärke. Aber ich habe etwas Wichtiges gelernt. Wenn man liebt, wird man manchmal zu grausamen Entscheidungen gezwungen. Zu Entscheidungen, die dem einen Schmerzen bereiten und den anderen beglücken.“
„Ich verstehe nicht“, sagte Megan.
„Er meint“, erklärte Brenna sanft, „dass er Gefahr läuft, Meredith zu verlieren, indem er ihr in ihrem Kampf freie Hand lässt.“
Brice lächelte schmerzlich. „Und sie kämpft um die Wiederherstellung meines guten Namens. Ist es nicht der Gipfel der Ironie?“
„Mylord.“
Brice drehte sich zu Brenna um.
„Würdet Ihr jeden Preis für Merediths Glück bezahlen?“
„Jeden.“ Er sprach leise. All seine Liebe lag in seiner sanften, ruhigen Stimme. „Ich würde sie sogar aufgeben, wenn es ihr Glück bedeutete.“
Brenna schauderte. Der Ernst und die Eindringlichkeit seiner Worte machten ihr Angst. Sie betete, dass weder ihre geliebte große Schwester noch dieser stolze Krieger den höchsten Preis würden bezahlen müssen.
Die Abenddämmerung legte sich über die Stadt, als Brice mit seiner Eskorte in Edinburgh einzog.
„Heute Abend ist es zu spät. Wir müssen morgen früh um eine Audienz bei der Königin nachsuchen. Jetzt besorge ich erst einmal eine
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