Die wahre Koenigin
nicht der Moment, schwach und wehmütig zu werden. Meredith vertrieb ihre trüben Gedanken und straffte die Zügel. Jetzt brauchte sie Kraft und einen klaren Kopf.
Mit jedem Hufschlag kam sie der Festung näher. Und mit bangen Gefühlen erreichte sie die Burgmauer.
Mindestens zwei Dutzend Leute waren vor dem Haupttor versammelt. Viele beschwerten sich, dass sie bereits seit zwei Wochen auf eine Audienz warteten und jeden Tag wieder fortgeschickt würden.
Meredith sank der Mut. Zwei Wochen! Wo sollte sie in Edinburgh Unterkommen, wenn die Königin sie nicht unverzüglich empfing?
Und was war mit Gareth MacKenzie? Müsste er oder einer seiner Männer nicht ebenfalls hier sein?
Es sei denn ... ein Stich durchfuhr Meredith. Vielleicht war sie zu spät gekommen.
Sie sah sich unter den Leuten um und musterte jedes Gesicht. Männer und Frauen in ihren besten Kleidern standen mit verdrossenen Mienen herum. Sie gehörten allen Ständen und Schichten an. Clanführer warteten, Adlige und einfache Bürger. Aber von den MacKenzies keine Spur.
Als der Torwächter kam und die Leute reihum nach ihren Namen fragte, fasste Meredith spontan einen Entschluss. Vielleicht würde eine kleine Lüge ihr die Türen zum königlichen Audienzsaal öffnen.
„Euer Name?“, fragte der Torhüter sie barsch.
„Meredith MacAlpin. Ich komme im Auftrag von Brice Campbell.“
Der Mann ging, und Meredith stieg vom Sattel und führte ihr Pferd zu einem Wassertrog. Sie machte sich auf eine lange Wartezeit gefasst, aber schon nach wenigen Minuten kam der Torhüter zurück und rief laut: „Meredith MacAlpin!“
Sie hörte das Gemurmel der ärgerlichen Wartenden, während sie dem Mann durch das Tor in den Schlosshof folgte. Nachdem die schweren Pforten sich hinter ihr geschlossen hatten, verneigte der Mann sich respektvoll vor ihr. „Willkommen in Holyroodhouse, Mylady. Die Königin erwartet Euch“, sagte er voller Ehrfurcht.
16. KAPITEL
Drohende schwarze Wölkenberge türmten sich am Himmel und verdunkelten den Tag. Der Wind frischte auf, die ersten schweren Regentropfen klatschten auf die Blätter, und dann entlud sich der Wolkenbruch.
Brice fand einen Unterschlupf für die Frauen. Er führte sie zu einem kleinen Heuschober, wo sie das Ende des Unwetters ab warten wollten.
Brenna zog ihr Cape fest um sich und setzte sich in einer Ecke ins Heu. Von dort aus konnte sie alles gut beobachten und sich ein Urteil über Brice Campbell bilden.
Nach allem, was sie bisher gesehen hatte, war er ein rauer, unerbittlicher Krieger, der sich selbst und seiner Umgebung das Äußerste abverlangte. Was war Besonderes an ihm? Brenna konnte nicht begreifen, was Meredith an diesem Mann so faszinierte.
Was Megan wohl von ihm hielt? Brenna versuchte, ihren Blick auf sich zu ziehen, aber ihre Schwester stapfte neugierig in der Hütte umher und untersuchte jeden Winkel. Dann warf sie sich auf einen Heuhaufen und beobachtete Angus und Brice, die die Pferde aus dem Regen ins Trockene brachten. Sie war äußerst beeindruckt von dem Mann, der ihre Schwester entführt und dann ihr Herz gestohlen hatte.
In ihrer unverblümten Art sprach Megan ihre Gedanken aus, ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen. „Warum habt Ihr Meredith diese gefährliche Reise allein machen lassen?“ Brice war dabei, sein Pferd trockenzureiben. Die Aufgabe schien ihn voll in Anspruch zu nehmen. Minuten vergingen, ehe er antwortete. „Eure Schwester hat mir keine Wahl gelassen. Sie hat sich davongemacht, während ich schlief.“ „Anscheinend habt Ihr Euch ziemlich spät entschlossen, ihr zu folgen“, meinte Megan mit deutlichem Vorwurf.
„Wir mussten einen ... “ Brice warf Angus einen Blick zu. „Einen Umweg machen.“
„Einen Umweg? Wieso?“
Brice ließ sich nicht anmerken, dass er Megans Verhör etwas aufdringlich fand. „Meredith wurde unterwegs von einem Clanoberhaupt aus dem Norden entführt“, sagte er knapp.
Die Mädchen sperrten die Münder auf, und Brice ersparte ihnen nähere Einzelheiten des Abenteuers. „Als wir zu ihrer Befreiung eintrafen, gab es in der Festung einen Kampf. Dummerweise waren die anderen in der Überzahl. Und Meredith ... nun, sie war schon über alle Berge.“
„Wie es eben ihre Art ist“, fügte Angus hinzu.
Brice lachte. „Ja. In letzter Zeit scheinen wir nur mit ungleichen Kämpfen und Verfolgungsjagden zu tun zu haben.“ Brenna fiel der vertraute und warme Ton zwischen den bei-den Männern auf. Es sprach für Campbell, dass er Freunde
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