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Die Wahrheit dahinter: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Die Wahrheit dahinter: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Titel: Die Wahrheit dahinter: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Holt
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Bonbonresten, die wie ein süßer Hauch auf der Zunge lagen. Er küßte sie leicht auf die Nase, auf die Wangen, er schmatzte und schnüffelte und Jenny lachte laut und lange.
    »Ich liebe dich«, flüsterte er in ihr Ohr und machte sich auf den Weg zum Auto. »Ich liebe dich, du kleines Biest.«
    Hanne hatte für den Weg zu Henrik Heinz Backe zwanzig Minuten gebraucht. Natürlich reagierte er nicht auf ihr Klingeln. Erst, als sie an die Tür hämmerte, Steinchen gegen seine Fenster warf, brüllte und schrie und am Ende versuchte, das Schloß mit Kreditkarte und Taschenmesser zu öffnen, tauchte ein verärgertes Gesicht im Türspalt auf. Sicherheitshalber schob sie ihren Fuß in den Spalt. Nach allerlei Überredungsversuchen wurde sie endlich eingelassen.
    Die Wohnung war mit schweren Möbeln vollgestellt, und ein vager Gestank von ungewaschenem Mann schlug ihr entgegen, als sie ihm ins Wohnzimmer folgte, ohne auf seine Aufforderung zu warten. Trotz allem strahlte das Zimmer eine gewisse Gemütlichkeit aus. Die Bücherregale waren vollgestopft, und auf den Tischen lagen gehäkelte Decken und Läufer. Vor dem Fenster welkten drei Pelargonien in Delfter Töpfen vor sich hin. Das Sofa war mit bestickten Kissen geschmückt. Unter der Decke hing ein riesiger Leuchter. Drei Birnen waren erloschen, das Zimmer wurde ungleichmäßig beleuchtet. Plötzlich ging Hanne auf, daß diese aufs Haar der Wohnung der Stahlbergs entsprach, nur war sie spiegelverkehrt, ihr wurde geradezu schwindlig, als sie versuchte, die Lage der Küche zu berechnen.
    »Blumen sind nicht meine Stärke«, sagte Backe und ließ sich in einen Sessel sinken. »Darum hat meine Frau sich immer gekümmert.«
    Hanne entschied sich für das Sofa; von dort aus hatte sie das gesamte Wohnzimmer im Blick, und sie versuchte, ihm nicht allzu neugierig ins Gesicht zu starren. Er war nicht betrunken. Obwohl der Alkoholgeruch deutlich erkennbar gewesen war, als er endlich die Tür geöffnet hatte, bewegte er sich sicher und ruhig. Sein Genuschel lag eher an seinem fehlenden Gebiß als an der hohen Promillezahl. Er trug eine graue Hose und über einem weißen Hemd eine Art Rauchjacke, und alles sah durchaus sauber aus.
    »Ihnen bin ich schon mal begegnet«, sagte er und kratzte sich nachdenklich am Handrücken.
    »Ja. Ich habe Sie vor einer Woche nach Hause gefahren. Wissen Sie das noch?«
    »Unn hatte wirklich einen grünen Daumen«, sagte er und lächelte. »Sie hätten mal unseren Garten sehen sollen. Im Frühling. Im Sommer. Er war so schön.«
    Eine alte Wanduhr schlug schwere Schläge.
    »Die Zeit vergeht«, sagte Backe.
    »Sie haben gesagt, Sie hätten früher bei einer Versicherung gearbeitet«, sagte Hanne.
    »Hier haben schon die Eltern meiner Frau gewohnt. Wir sind achtundfünfzig eingezogen. Nein …«
    Er lächelte kurz und fuhr sich rasch über den Mund, verlegen über seine Vergeßlichkeit.
    »Fünfundachtzig, meine ich. Da sind wir hergezogen. Meine Schwiegereltern waren damals schon tot. Alle beide. Die Zeit vergeht.«
    »Und vorher haben Sie in Bergen gewohnt, nicht wahr?«
    »Und Sie sind bei der Polizei, habe ich das richtig verstanden?«
    Wieder schlug die Wanduhr, offenbar war sie defekt. Backe erhob sich und verschwand in der Küche. Als er zurückkam, brachte er ein bis zum Rand mit einer braunen Flüssigkeit gefülltes Wasserglas mit. Er schien Hanne nichts anbieten zu wollen.
    »Es ist nicht leicht, nach so vielen Jahren allein zu sein«, sagte er und setzte sich in einen anderen Sessel. »Versicherungsangestellter. Das war ich. Jetzt bin ich Rentner.«
    Ein Schleier schien sich über seine Augen zu senken. Hanne wischte sich die Hände an den Hosenbeinen ab. Sie faltete sie, stützte die Ellbogen auf die Knie und beugte sich vor.
    »Das hier ist sehr wichtig, Herr Backe. Ich wäre wirklich sehr dankbar, wenn Sie meine Fragen beantworten könnten.«
    Er starrte sie an, aber sie wußte noch immer nicht, ob er sie wirklich sah.
    »Sie hatten einen Fall«, sagte sie vorsichtig. »Sie hatten mehrere … ich bin auf das hier gestoßen …«
    Sie schob die rechte Hand unter die Jacke und ging die Unterlagen durch.
    »Sehen Sie«, sagte sie leise und legte die Papiere vor ihn auf den Tisch.
    Backe machte sich an seinem Glas zu schaffen. Es schwappte über, und er blieb sitzen und rieb immer wieder in rhythmischen Kreisen mit dem Finger über die Armlehne. Endlich schaute er auf und griff nach den Papieren.
    »Unn hätte das nicht ertragen«, sagte er

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