Die Wahrheit dahinter: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)
hören!«
»Na gut.«
Hanne holte tief Luft und sah hinter Nefis her, die die Küche verließ.
»Ich denke folgendes«, setzte sie an. »Ich denke mir, daß der Mord in der Eckersbergs gate vielleicht etwas mit diesen heftigen Familienproblemen zu tun hat.«
»Ungeheuer originell«, murmelte Billy T.
»Ich habe ›vielleicht‹ gesagt. Vieles weist darauf hin, daß entweder Carl-Christian, Hermine oder diese Mabelle etwas mit den Morden zu tun haben. Gemeinsam, oder möglicherweise auch unabhängig voneinander. Es ist nicht schwer vorauszusagen, daß wir immer mehr Grund haben werden, in diese Richtung zu schielen, je weiter wir in unseren Ermittlungen kommen. Bei solchen Konflikten wird immer eine Menge Schlamm aufgewühlt. Und dieser Schlamm kommt uns jetzt wie gerufen. Alles, was wir finden, wird unsere Theorie stärken.«
»Genau«, sagte Billy T. »Weil es eine gute Theorie ist.«
»Aber auch eine gefährliche. Sie schränkt uns ein, bringt uns in Versuchung, die Augen vor dem wichtigen Puzzleteil zu verschließen, das wir lieber nicht sehen wollen.«
»Sidensvans«, sagte Erik und nickte.
»Genau. Knut Sidensvans. Ich kann mich nicht von dem Gedanken lösen, daß er nicht zufällig dort war.«
»Wir haben aber keinerlei Anhaltspunkte«, sagte Billy T. »Verdammt, es ist doch unmöglich, auch nur eine einzige Verbindung zwischen Sidensvans und der Familie Stahlberg zu finden.«
»Wir haben uns aber auch keine große Mühe gegeben.«
»Nein, aber wie sollte so eine Verbindung denn aussehen? Wir haben schon jede Menge Bekannte und Verwandte der drei Ermordeten vernommen. Von denen hat kein Mensch von Sidensvans je auch nur gehört. Nichts gibt Grund zu der Annahme, daß die Stahlbergs ein Buch herausbringen oder auf irgendeine andere Weise die Hilfe eines Verlagslektors in Anspruch nehmen wollten. Sie brauchten wohl auch keinen elegant gekleideten Elektriker ohne Werkzeug, der ihnen an einem späten Donnerstagabend eine neue Leitung hätte legen können. Ich kapier das einfach nicht. Aber sie müssen den Burschen doch erwartet haben. Auf dem Büfett standen vier Gläser bereit, der Schampus war schon geöffnet.«
»Auch komisch, daß der Champagner geöffnet war«, sagte Hanne.
Erik sah sie aus zusammengekniffenen Augen an.
»Man macht das doch eigentlich, wenn alle Gäste da sind«, sagte sie. »Ist das halbe Vergnügen. Den Knall zu hören. Zu trinken, wenn es noch richtig prickelt. Oder stimmt das nicht?«
»Du mußt es ja wissen«, murmelte Billy T. »Ich kann mir so was nicht leisten.«
Hanne ignorierte ihn und sagte:
»Wenn wir uns noch einmal der plausibelsten Lösung zuwenden, nämlich, daß diese Morde mit dem Familienkonflikt zusammenhängen, warum hat der Täter sich für gerade diesen Abend entschieden?«
»Ein Abend ist doch sicher so gut wie der andere«, meinte Erik.
»Nein«, sagte Hanne eifrig und beugte sich vor. »Wenn vier Menschen auf diese Weise kaltblütig ermordet werden, dann geht man immer schnell davon aus, daß das alles gründlich durchdacht worden ist. Ich sehe ja, daß die Zeitungen bereits anonyme Quellen aus unserem Haus zitieren: Die Morde waren geplant. Aber wenn jemand vorhat, drei von seinen eigenen Familienmitgliedern umzubringen, würde er dann nicht zumindest darauf achten, daß sie an diesem Abend allein sind? Würde er sich zum Beispiel nicht davon überzeugen, daß die Nachbarn ausgegangen sind und …«
»Das waren sie doch«, fiel Erik ihr ins Wort. »Alle, außer Backe. Der ist senil und rund um die Uhr besoffen, und das weiß vermutlich das ganze Haus.«
»Backe ist nicht ganz auf der Höhe«, gab Hanne zu. »Aber er hat seine hellen Momente. Er kauft selber ein, und ab und zu geht er sogar ins Theater.«
»Woher weißt du das?«
»Ich habe ihn doch nach Hause gefahren. Sonst hatte niemand Zeit, also habe ich das übernommen. Er kann sich durchaus klar ausdrücken, wenn er nur genug Alkohol im Blut hat und wenn man ihm Zeit läßt. Was ich sagen will ist, daß es mir eher impulsiv vorkommt, daß jemand am Donnerstag drei Stahlbergs in ihrer eigenen Wohnung umgebracht hat. Ein Plan, ein echter Mordplan, wäre vermutlich anderswo durchgeführt worden. Im Wochenendhaus, zum Beispiel. Noch am vorigen Wochenende waren Hermann und Turid mit Preben und seiner Familie im Hemsedal. Ihr Haus liegt sehr einsam, bis zum nächsten Nachbarn ist es mehr als ein Kilometer. Ich hätte …«
Sie ließ sich zurücksinken und verschränkte ihre Hände im
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