Die Wahrheit deiner Berührung (German Edition)
bewundernswert ruhigen und gottverdammt heroisch vernünftigen Tonfall sagte er schließlich: »Miss Masters, ich werde Sie jetzt nach oben in ihre Räume begleiten. Und dort werden Sie bleiben, selbst wenn ich gezwungen sein sollte, Sie an einem Stuhl festzubinden.«
Sie blinzelte ihn an. »Ich glaube, dass Ridland für meinen Stiefvater arbeitet.«
Es dauerte einige Pulsschläge, bis er dieser absurden Worten eine Bedeutung zuordnen konnte. Doch dann brach er in schallendes Gelächter aus. »Ridland.« Er schnaubte. Dieser machthungrige Bastard hatte schon die größte Mühe, den Anweisungen der Regierung zu folgen, und da sollte er sich einem dahergelaufenen amerikanischen Schnösel unterordnen? »Wenn ich geahnt hätte, welch ausufernde Erzählgabe in Ihnen schlummert, hätte ich Sie mit Papier und Feder versorgt. Oder war es vielleicht das, wonach Sie in meinem Arbeitszimmer gesucht haben? Das hätten Sie mir doch sagen können. Sie hätten diktiert, und ich hätte alles niedergeschrieben.«
Mina ließ die Arme sinken. »Machen Sie sich ruhig über mich lustig«, sagte sie ernst. »Außer Ihnen gab es noch einen Agenten in Hongkong, der im Dienste Ihrer Regierung stand.«
»Natürlich«, erwiderte er. »Vermutlich sogar mehr als nur einen. Immerhin war es ein recht großer Einsatz.«
»Wie dem auch sei, einer von ihnen steckte mit Collins unter einer Decke.« Mina sprach, als handelte es sich um sensationelle Neuigkeiten.
»Ja, Ridland hat so etwas erwähnt. Und weiter?«
Zum allerersten Mal in ihrer Bekanntschaft, die unter keinem guten Stern zu stehen schien, wirkte sie, als hätte er sie auf dem falschen Fuß erwischt. Sie drückte sich enger an die Wand, hob die Hand zum Mund und begann, an einem der Handknöchel zu lutschen. Welch eine grässliche Angewohnheit. Phin konnte nicht anders, als die Kiefer fest aufeinanderzupressen, damit er sie nicht in barschem Ton aufforderte, damit aufzuhören. Das Geräusch machte ihn verrückt. Er spürte, dass er unbedingt seine Beinkleider richten musste, würde es aber auf keinen Fall in ihrer Gegenwart tun. Der Anblick würde ihr viel zu viel Vergnügen bereiten. »Aber das verstehe ich nicht«, sagte sie. Er dankte Gott, dass sie die Hand wieder sinken ließ. »Ridland wusste davon? Ich habe ihm nichts davon gesagt.«
Fast hätte er ihren Kommentar unbeachtet gelassen. Natürlich hatte Ridland von diesem Verräter gewusst. Jeder, der bei klarem Verstand war, vermutete eine undichte Stelle, da Collins die Flucht aus dem Gefängnis ohne Dynamit nie gelungen wäre.
Als Phin zu einer Antwort ansetzte, rief ihm ihre Bemerkung seine eigene Überraschung über Ridlands Unachtsamkeit ins Gedächtnis. Ich glaube, Miss Masters hat Gründe für die Annahme, dass wir einen Verräter in unseren Reihen haben , hatte Ridland zu ihm gesagt. Sie weigert sich, offen mit mir zu reden. Ich frage mich, ob sie womöglich die Hoffnung hegt, ihr Wissen gegen die sichere Rückkehr ihrer Mutter einzutauschen . Seinerzeit hatte Phin die Informationen als unwichtig abgetan und sich darüber geärgert, dass Ridland ihn damit behelligte. »Aber Sie haben ihm doch selbst gesagt, Sie hätten Beweise für diese Vermutung«, sagte er langsam.
»Das habe ich nicht.« Ihre blauen Augen sahen ihn unverwandt an. »Mit Sicherheit habe ich das nicht zu ihm gesagt. Weil ich nicht ausschließen konnte, dass er der Verräter war. Deshalb schien es mir klüger, es unerwähnt zu lassen.«
Ihre Worte zupften an seiner Intuition und brachten sie wie einen tiefen Ton zum Klingen. Wenn sie die Wahrheit sagte, gab es nur einen einzigen Grund für Ridland vorzugeben, sie würde über Informationen verfügen: um den Verräter zu ihr zu locken.
Phin fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. Brillant. Bei diesem miesen Bastard musste man stets damit rechnen, dass er noch einen Trumpf im Ärmel hatte. Ridland benutzte Mina Masters als Köder, wenn auch auf eine andere Weise, als er alle glauben machen wollte.
Mich eingeschlossen , begriff Phin mit ein wenig Verzögerung. Es war ein höchst effektiver Weg, seine Loyalität auf die Probe zu stellen: Blieb Miss Masters am Leben, bewies das seine Unschuld. Starb sie, war klar, dass er in Collins’ Diensten stand.
Phin sah sie an. Es war von größter Wichtigkeit, dass sie am Leben blieb. »Haben Sie denn einen Grund, Ridland zu verdächtigen?«
Falls ihr die Veränderung in seinem Tonfall aufgefallen war, ließ sie es sich nicht anmerken. »Nur, dass er
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