Die Wahrheit deiner Berührung (German Edition)
Beweisen ist, die den Verräter überführen können. Er hat sie umgebracht, um sich zu schützen.«
Bei genauer Betrachtung war ihr Tod in mehrerlei Hinsicht für Ridland von Nutzen. Er bekam dadurch zusätzlich die Möglichkeit, den Mann zu vernichten, der sich erdreistet hatte, sich dagegen aufzulehnen, sein Schützling zu werden, und der es sich jetzt zum Freizeitvertreib gemacht hatte, seine Macht zu untergraben.
Nachdenklich drehte Phin sich wieder um und ertappte Miss Masters dabei, wie sie sich mit den Daumen über den Handteller scheuerte. Das war jetzt schon die zweite unverfälschte Geste binnen einer Minute.
Ein wenig zu spät merkte Mina, dass er sie beobachtete. Sogleich entspannte sie die Hände und setzte ein breites Lächeln auf. Ihre Maske war bühnenreif, und ihre Waffen waren für Salon-Spiele bestens geeignet. Aber nicht für seinen Salon. In diesem Spiel war sie das Pfand auf dem Spielbrett, das am meisten gefährdet war. Nachdem er sich noch einmal alles hatte durch den Kopf gehen lassen, war er zu der Überzeugung gekommen, dass sie die Wahrheit sagte. Sie war unschuldig und spielte keine aktive Rolle in diesem Drama, was auf den Schluss hinauslief, dass er sie zu unrecht so schlecht behandelt hatte. Wenn er jetzt noch einmal alles Revue passieren ließ, erkannte er, dass noch viel mehr dahintersteckte. Es bedeutete, dass sie über einen messerscharfen Verstand verfügte, dass sie erschreckend intelligent, ausgesprochen tollkühn und so unbesonnen war, dass es fast schon wehtat.
»Ich muss mich bei Ihnen entschuldigen«, sagte er.
Sie zog die Augenbrauen hoch, als Ausdruck dafür, dass es sie nicht sonderlich beeindruckte, weil er so lange dafür gebraucht hatte. »Und das nicht nur einmal, würde ich meinen.«
Er nickte. »Nein, gleich mehrere Male.« Und dann, weil diese dunkle Blume Wurzeln in ihm geschlagen hatte und alle Ranken sich in ihre Richtung streckten, hörte er sich fragen: »Weshalb haben Sie mir in Hongkong das Leben gerettet?«
Sie zuckte die Achseln. »Weil ich wusste, dass Sie hinter Collins her waren. Es hatte definitiv nichts mit Ihnen zu tun.«
Nein, natürlich nicht. Phin ertappte sich bei dem Wunsch, dass dem nicht so wäre. Sie war, ohne jeglichen Zweifel und allen Widrigkeiten zum Trotz, ganz offensichtlich und urplötzlich die außergewöhnlichste und faszinierendste Frau, der er je begegnet war.
Als er sie anlächelte, blickte sie fast schon ein wenig erschrocken drein, woraufhin sein Lächeln noch an Intensität gewann. Wie unendlich erleichtert war er zu wissen, dass er nicht so pervers war, wie er befürchtet hatte. Seine Instinkte hatten ihn also doch nicht im Stich gelassen. Im Gegenteil, sie hatten die Weisheit besessen, sich zu ihr hingezogen zu fühlen, und das in einer Stärke, dass sie das eine oder andere Mal seinen Verstand außer Kraft gesetzt hatten.
Er sah, wie ihr eine Haarsträhne über die Wange fiel. Wie von selbst fasste seine Hand danach und strich sie ihr hinter das Ohr. Es war eine Geste, der keine Absicht zugrunde lag; er sagte sich nachträglich, dass sie einzig von Mitleid herrührte. Von der Contenance, die Miss Masters gezeigt hatte, hätten sich die meisten Menschen täuschen lassen, er jedoch kannte sich aus, was raffinierte und notorische Täuschung betraf.
Als Phin spürte, wie weich ihre Wange war, entschied er, ehrlich zu sich selbst zu sein. Er hatte sie schlicht und ergreifend berühren wollen. Jetzt, da er wusste, dass an diesem Wunsch nichts falsch war, gab es keinen Grund, es nicht zu tun, und zwar so oft wie möglich. Er ließ die Hand ein wenig sinken, um mit dem Fingerknöchel das Amulett zwischen ihren Brüsten zu streifen.
Ihr Mundwinkel zuckte.
Bei jeder anderen Frau hätte er dem keine Bedeutung beigemessen, in ihrem Fall hingegen ließ sich diese winzige Regung wie ein Sprung mit vollem Körpereinsatz werten. Und genau diese kleine verräterische Geste war es, die Phins Gedanken in eine neue Richtung lenkte. Sie war längst nicht so immun ihm gegenüber, wie sie vorgab. Seine Berührung hatte bewirkt, dass ihre Maske einen feinen Riss bekommen hatte.
Diese Erkenntnis sickerte mit einer solchen Intensität in seinen Verstand ein, dass sich sein ganzer Körper anspannte. Ihm war, als dehnten sich seine Sinne aus und würden an Schärfe gewinnen. Er versuchte sich einzureden, dass seine Motive in erster Linie auf Zweckmäßigkeit beruhten. Immerhin war er in den nächsten Tagen auf ihre Kooperation
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