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Die Wahrheit deiner Berührung (German Edition)

Die Wahrheit deiner Berührung (German Edition)

Titel: Die Wahrheit deiner Berührung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meredith Duran
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gewieft genug war. Eine Frage, die Mina nicht sonderlich erfreut hatte. Noch im selben Moment hatte er sich bei ihr in aller Form entschuldigt. Entschuldigt! Der besserwisserische, tyrannisierende Autokrat hatte sich bei ihr entschuldigt – und sie anschließend eingeladen, mit ihm das Dinner einzunehmen. Sie hatten das Esszimmer im Erdgeschoss benutzt, und das Gespräch bei Tisch hatte sich sehr angenehm gestaltet. Es hatte Mina daran erinnert, wie charmant er anfangs in Hongkong gewesen war.
    Dass er sein Verhalten so grundlegend geändert hatte, mutete höchst verdächtig an.
    Mina warf einen weiteren verstohlenen Blick auf ihn. Es konnte ihm wahrlich nicht schaden, ihr Haartonikum zu benutzen. Vielleicht lag es an dem wirren Zustand seines dunklen Haars, dass er von der älteren Dame auf der anderen Seite des Ganges schiefe Blicke erntete. Womöglich beruhte das Starren der Dame aber auch auf Neugierde. Ashmore hatte sich eine Krawatte umgebunden, die einen interessanten Kontrast zu seiner gebräunten Haut bot und sein Grübchen am Kinn betonte, bei dessen Anblick jede Frau – selbst hochgeschnürte beleibte Damen mit einem spöttischen Grinsen auf den Lippen – den Wunsch verspürte, ihn dort zu berühren, sei es auch nur, um sich davon zu überzeugen, dass es so tief war, wie es aussah. Seine Krawatte war zugleich unsäglich altmodisch. Mina hätte sich mit der fremden Dame gern darüber ausgetauscht, warum Ashmore modisch auf die 1870er Jahre zurückgegriffen hatte, aber sie war sich nicht sicher, ob diese das schätzen würde. Zudem war Mina fast überzeugt, dass er sich einzig aus einem Grund für diese grässliche Halsbinde entschieden hatte: Er wollte die Blutergüsse an seinem Hals kaschieren, die ihre Zähne dort hinterlassen hatten. Als er Mina gestern Abend zurück zu ihrem Zimmer eskortiert hatte, waren die Abdrücke bereits dabei gewesen, sich violett zu färben.
    Die Vorstellung, dass er den Abdruck ihrer Zähne auf dem Hals trug, gefiel ihr. Er war groß und gut gebaut, und obwohl er von schlanker Statur war, füllte er den gepolsterten Sitz komplett aus. Seine breitschultrige Präsenz ließ das Abteil kleiner wirken, und vermutlich fühlte sich jeder, der Ashmore begegnete, im Vergleich zu ihm irgendwie unbedeutend. Unter anderen Umständen hätte sie das geärgert. Aber sie hatte diesem Mann, der einen Kopf größer war als sie und der sie ohne großen Kraftaufwand festhalten konnte, Wunden zugefügt. Ja, das gefiel ihr. Böte sich abermals so eine Gelegenheit, sie würde ihn wieder beißen, dann jedoch noch ein wenig stärker und an einer Stelle, die er nicht verdecken konnte.
    Mina schlug ihre Modezeitschrift auf, die sie jedoch kaum in ihren Bann zu ziehen vermochte. Trotz der geografischen Nähe zu Paris bestachen englische Modeschöpfer vor allem durch ihre Einfallslosigkeit.
    Gelangweilt sah Mina sich im Abteil um. Die anderen Reisenden – die Matrone und ihr Sohn, der seinen ersten Oberlippenflaum präsentierte, sowie der schlicht gekleidete rothaarige Mann mit der großen Warze auf dem Kinn, der jedes Mal zusammenzuckte, wenn die Matrone sich räusperte – vermieden geflissentlich ihren Blick. Nachdem Phin und Mina Platz genommen hatten, hatte Ashmore sich zu ihr herübergebeugt und ihr ins Ohr geflüstert: »Ich habe versucht, den Zugbegleiter zu bestechen, damit wir unter uns sind. Doch das Glück war uns nicht hold, die erste Klasse ist heute ausgebucht.« Aus seinem Tonfall hatte sie geschlossen, dass er sich für die Umstände entschuldigen wollte, dabei wurde doch eine Zugfahrt durch die Gesellschaft der Mitreisenden viel interessanter. Das Schweigen der anderen Passagiere stützte jedoch eher seine These: Keiner der Anwesenden machte sich die Mühe, sich vorzustellen. Alle waren sichtlich bemüht, einander zu ignorieren.
    Draußen waren die stark verdreckten Häuser der Stadt sonnendurchfluteten Feldern gewichen. Es war ein Anblick, der an eine von betrunkener Hand genähte Patchworkdecke erinnerte: unregelmäßige grüne, braune und gelbe Flecken, die durch im Zickzack verlaufende Hecken zusammengehalten wurden. Die Worte ihrer Mutter kamen Mina in den Sinn: Als die Hörner erklangen, konnte uns nichts mehr aufhalten. Ich bin furchtlos über jede Hecke gesprungen, die sich mir in den Weg stellte .
    Jetzt, da die Entfernung zu ihrer Mutter dahinschmolz, fiel es Mina leichter, an sie zu denken, zumal sich nicht jedes Mal ihr Hals zusammenzog. Tief in ihrem Innern spürte sie,

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