Die Wahrheit der letzten Stunde
Sorgen darüber zu machen, dass Medienberichte sich vor Gericht negativ auf Sie auswirken. Gott sei Dank entscheidet bei der Verhandlung allein der Richter, und …«
»Ich denke, ich sollte Hollywood Tonight! zu mir einladen und ihnen erlauben, Faith zu filmen.«
»Sie wollen was?« Joan braucht eine Minute, um ihre Überraschung zu überwinden, und ich kann aus ihrer Stimme heraushören, wie sie sich versteift. »Als Ihr Rechtsbeistand rate ich dringend von einer solchen Vorgehensweise ab.«
»Ich weiß, dass es keinen Einfluss auf die Verhandlung haben wird, Joan. Aber der Richter muss Faith als ganz normales Mädchen sehen, das mit Puppen und Lego und dergleichen spielt. Und genauso sollen sie auch die vielen Leute sehen, die sie für eine Art Heilige halten. Ich möchte nicht, dass es aussieht, als hätte ich etwas zu verbergen.«
»Sie sollten nie die Medien und eine Gerichtsverhandlung miteinander verknüpfen, Mariah.«
»Ich denke, ich sollte nicht tatenlos zusehen, wie Colin mir meine Tochter wegnimmt. Ich will nicht, dass er die Leute irgendwelchen Unsinn über mich und Faith glauben macht, wo wir sehr gut in der Lage sind, für uns selbst zu sprechen.« Zögernd füge ich hinzu: »Ich war schon einmal mit Colin an diesem Punkt. Und ich werde nicht zulassen, dass er mir das noch einmal antut.«
Ich kann hören, wie sie mit etwas - einem Finger? Einem Kugelschreiber? - gegen den Rand des Telefons tippt. »Keine Interviews mit Ihnen oder Faith«, sagt sie schließlich und führt eine ganze Liste von Bedingungen an. »Fünfzehn Minuten Filmmaterial, höchstens, und nur in Räumen, über die man sich vorher geeinigt hat. Und Sie unterschreiben nichts, bevor ich es mir nicht angesehen habe.«
»In Ordnung.«
»Sie wissen, dass das heißt, dass ich mir diese verfluchte Sendung ansehen muss.«
»Tut mir leid.«
Joan seufzt ergeben. »Ja. Mir auch.«
Lacey Rodriguez fängt bei der Arbeit gerne ganz am Anfang an. Und soweit sie bisher hat feststellen können, hat die ganze Aufregung um Faith White nach der wundersamen Wiederauferstehung ihrer Großmutter begonnen. Sie nimmt ein kleines Notizbuch aus ihrem Shopper und schenkt Dr. Peter Weaver, dem behandelnden Kardiologen von Millie Epstein, ein einnehmendes Lächeln.
Für einen so attraktiven Mann ist er eine verdammt harte Nuss. Er legt beide Hände flach auf den Tisch und funkelt Lacey böse an. »Ich weiß, dass Sie nur Ihre Arbeit tun, Ms. Rodriguez, aber genau aus diesem Grund müssen Sie auch verstehen, dass ich sämtliche Informationen meine Patientin betreffend streng vertraulich behandeln muss.«
Sie dreht die Wattzahl hinter ihrem Lächeln noch etwas weiter auf. »Ich würde ja auch niemals von Ihnen erwarten, dass Sie gegen die ärztliche Schweigepflicht verstoßen. Der Anwalt, für den ich arbeite, interessiert sich viel mehr für das, was Sie über Faith und Marian White wissen.«
Dr. Weaver blinzelt. »Ich kenne die beiden überhaupt nicht. Natürlich abgesehen von den Gerüchten, die wir alle über das Kind gehört haben. Aber vom rein medizinischen Standpunkt aus kann ich eine übernatürliche Heilung nicht bestätigen. Für mich hat sich nie die Frage gestellt, wie Mrs. Epstein ins Leben zurückgeholt wurde, sondern dass es passiert ist.
»Ich verstehe«, sagt Lacey und tut so, als würde sie jedes Wort notieren, obwohl ihr Gegenüber bislang noch nichts gesagt hat, was für sie von Interesse gewesen wäre.
»Ich bin Mrs. White nur ein paar Mal am Krankenbett ihrer Mutter sowie bei den Nachuntersuchungen begegnet.«
»Hat sie auf Sie einen… angegriffenen Eindruck gemacht? Emotional angegriffen, meine ich?«
»Nicht mehr und nicht weniger als es wohl jeder unter den gegebenen Umständen gewesen wäre. Ich würde sagen, dass ich alles in allem den Eindruck hatte, dass sie sehr besorgt war um ihre Mutter.« Er schüttelt den Kopf und spult seine Erinnerung zurück. »Und ihr war sehr daran gelegen, sie und ihre Tochter zu schützen.«
»Könnten Sie mir anhand eines Beispiels erläutern, was genau Sie damit meinen?«
»Also, es gab da während Mrs. Epsteins Belastungs-EKGs einen Augenblick, da der Kameramann offenbar die Kleine gefilmt hat, und …«
»Entschuldigung … Sie haben während des Belastungs-EKGs gefilmt?«
»Nein, nicht ich. Ian Fletcher. Dieser Typ aus dem Fernsehen. Mrs. Epstein und das Krankenhaus hatten es vorab erlaubt. Ich bin sicher, das Material wurde längst gesendet. Aber der Punkt ist, dass Mrs.
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