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Die Wahrheit der letzten Stunde

Die Wahrheit der letzten Stunde

Titel: Die Wahrheit der letzten Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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fröstelt und verschränkt die Arme über der Brust. »Ich bin überzeugt davon, dass Faith nicht lügt. Und das heißt, dass ich nicht anders kann, als anzunehmen, dass sie möglicherweise manipuliert wird …«
    »Von Mariah.«
    »Ja.« Kenzie seufzt. »Die einzige Alternative wäre … dass sie tatsächlich Gott sieht.«
    »Und das bereitet Ihnen Probleme.«
    Sie nickt. »Ich bin von Natur aus eher zynisch.«
    »Ich auch«, entgegnet Vater MacReady. »Ab und an gibt es auch hier weinende Statuen oder Blinde, die plötzlich wieder sehen können, aber normalerweise passiert einem so etwas nur, wenn David Copperfield in der Nähe ist. Ich bin der Erste, der Ihnen bestätigen wird, dass frommer Glaube einen Menschen verändern kann. Aber Wunder wirken? Niemals. Heilen? Hmmm. Und die Wahrheit ist, dass das einzig Fromme an Faith ihr Vorname ist. Sie ist nicht im Glauben an Gott aufgewachsen. Nicht einmal jetzt interessiert es sie sonderlich, wer Gott überhaupt ist. Für sie ist Gott einfach eine Freundin.«
    Vater MacReady steuert die Grenze des Kirchengrundstücks an. Die Wolkendecke ist aufgerissen, und die Sonne scheint in ihren Goldtönen so kitschig auf sie herab wie auf einem dieser Heiligenbildchen. Er kann sich noch erinnern, wie seine Mutter den Wagen an den Straßenrand gefahren und gehalten hat, um die Schönheit solcher Augenblicke zu genießen. »Sieh dir das an, Joseph«, hatte sie gesagt. »Das ist ein Jesus-Himmel.«
    »Ms. van der Hoven«, sinniert er, den Blick in die Ferne gerichtet. »Haben Sie je einen Sonnenuntergang in Nepal gesehen?«
    Kenzie folgt seinem Blick und betrachtet das beeindruckende Himmelsschauspiel. »Nein.«
    »Ich auch nicht«, gibt der Geistliche zu. »Aber das heißt nicht, dass es ihn nicht gibt.«
     
    Vatikan-Stadt, Rom
     
    Der Vorläufer der Kongregation für Glaubensfragen wurde im Jahre 1231 von Papst Gregor IX. ins Leben gerufen und erfüllte seine Mission zuweilen solcher Art, dass er der Ketzerei Verdächtige auf der Streckbank, mit glühenden Kohlen, durch Prügel oder Verbrennen auf dem Scheiterhaufen folterte. Die Inquisition liegt sehr weit zurück, und heute widmet1 sich diese Stelle mehr der Förderung der korrekten katholischen Doktrin denn der Bestrafung von Häresie. Und doch riecht Kardinal Sciorro, wenn er durch die Flure geht, manchmal Asche, und gelegentlich kommt es auch vor, dass er mitten in der Nacht von Schreien geweckt wird.
    Der Kardinal betrachtet sich selbst als einen einfachen Mann, einen heiligen, aber fairen Mann. Seit die Heilige Kongregation für Glaubensfragen als eine Art Appellationsgericht fungiert, weiß er, dass er der Richtige ist für sein Amt. Er trägt Verantwortung so selbstverständlich wie seine Mozzetta, und sie lastet ebenso schwer auf seinen Schultern.
    Er ist in seinem Büro, nippt an seiner morgendlichen heißen Schokolade und sitzt über Papierkram, der sich angesammelt hat, als er das erste Mal darauf stößt. »Die MotherGod Society«, sagt er langsam und kostet die Worte auf der Zunge; sie hinterlassen einen bitteren Nachgeschmack. Er überfliegt die Mitteilung: Ein Zusammenschluss zahlreicher katholischer Frauen möchte Einspruch erheben gegen die Zensur Seiner Exzellenz des Bischofs von Manchester. Sie behaupten, dass die Worte einer gewissen Faith White, die keine Katholikin ist, nicht ketzerisch seien.
    Der Kardinal ruft seinen Sekretär herbei, einen aufmerksamen Monsignore namens Reggie mit traurigem Beagle-Blick. »Eure Eminenz?«
    »Was wissen Sie über diese MotherGod Society?«
    »Nun«, gestern haben sie auf dem Markusplatz demonstriert«, entgegnet Reggie.
    Die militanten katholischen Frauen gewinnen immer mehr an Einfluss. Einen Augenblick verspürt der Kardinal einen Anflug von Wehmut und sehnt sich die Welt zurück, wie sie vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil war. »Und was genau hat Bischof Andrews als ketzerisch beurteilt?«
    »Soweit ich informiert bin, behauptet die jüdische Visionärin, Gott wäre weiblich.«
    »Ich verstehe.« Der Kardinal atmet langsam aus und denkt an Galileo, Johanna von Orleans und andere angebliche Ketzer. Er fragt sich, was es nützen wird, wenn die MotherGod Society nach dieser Berufung weiter zensiert bleibt. Er kann diese Frauen davon abhalten, ketzerische Lehren und falsche Dogmen zu verbreiten, weil sie dem katholischen Glauben angehören.
    Aber Faith White kann er nicht den Mund verbieten, sie kann weiter propagieren, was ihr gefällt.
     
    Lacey Rodriguez kickt ihre

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