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Die Wahrheit des Alligators

Die Wahrheit des Alligators

Titel: Die Wahrheit des Alligators Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Massimo Carlotto
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Punkt nichts weiter tun kann, als ihn zu einem Anwalt, zu seinem Anwalt zu bringen.«
    »Ich rühr mich nicht von der Stelle.«
    Wir fuhren herum. Er war von hinten dicht an uns herangekommen, ohne daß wir es bemerkt hatten. »Fängst du schon wieder an, den Idioten zu spielen?« gab Benjamino zurück. »Du weißt, daß du mit einem Anwalt reden mußt. Wie lange werden sie brauchen, bis sie dich finden, was glaubst du?«
    Seine Augen füllten sich mit Tränen. »Warum wollt ihr mir einreden, die anderen würden mir glauben? Sie werden es genauso machen wir ihr zwei. An diesem Punkt ist mir alles scheißegal. Ich bleibe hier. Das einzige, was ich wirklich will, ist alleine bleiben, um mir in Ruhe den Stoff reinzuziehen. Haut ab, ihr Mistkerle.«
    »Ich hätte echt Lust, dir die Fresse zu polieren für das, was du da gesagt hast, aber ich werde es nicht tun. Ich geb dir sogar noch etwas Zeit, um deine Meinung zu ändern, weil außerdem«, ich sah auf die Uhr, »jetzt gerade die Regionalnachrichten anfangen. Es wäre nicht schlecht, wenn auch du dich über den letzten Stand der Dinge informieren würdest.«

    Es war der Aufmacher der Sendung. Der Bildbericht unmittelbar nach der Ansage zeigte, daß die Neuigkeit Aufsehen erregt hatte: Man sah, wie der Garten des Hauses, in dem der Mord geschehen war, nur so wimmelte von Journalisten und Ermittlern bei der Arbeit. Das Verbrechen, berichtete der Reporter, war im Morgengrauen entdeckt worden, dank eines anonymen Anrufs. Benjamino wandte sich mir zu und applaudierte kurz. Die Interviews – eines mit dem Direktor des Gymnasiums, wo die Ermordete Englisch unterrichtet hatte, die anderen mit Nachbarn – ergaben das Bild einer absolut positiven Persönlichkeit. Zum Schluß erklärte der mit den Ermittlungen betraute Untersuchungsrichter, er erwarte im Laufe des Nachmittags die ersten Ergebnisse der gerichtsmedizinischen Untersuchung, könne aber unter Wahrung seiner Geheimhaltungspflicht doch schon vorwegnehmen, daß die bisher zusammengetragenen Indizien erlaubten, den Verdacht auf eine einzige Person zu konzentrieren.
    Ich schaltete den Fernseher aus. »Er wird gesucht.«
    »Na klar.«

    Magagnin war nicht zu bewegen. Nachdem er sich zum xten Mal geweigert hatte, mit uns zu kommen, ließen wir ihn in Gesellschaft des Heroins zurück und machten uns auf den Weg nach Padua.
    Auf der Rückfahrt dachte ich immer wieder, daß ich genug hatte von dieser Geschichte; ich konnte es kaum erwarten, die Anwältin zu sehen, ihr über die letzten Ereignisse zu berichten und das Geld für meine Bemühungen zu kassieren. Benjamino schwieg während der Fahrt. Ich spürte, daß er den Fluß meiner Gedanken nicht unterbrechen wollte. Ein paar Mal streifte er mit der Hand die Goldkettchen hoch, die er am linken Handgelenk trug. Ich bemerkte, daß seit unserem letzten Treffen ein neues dazugekommen war, und fand es amüsant festzustellen, daß, nach der bisherigen Reihenfolge ihres Auftauchens zu urteilen, das nächste bestimmt noch protziger und massiver sein würde.
    Den ganzen Nachmittag über war die Foscarini nicht aufzutreiben. Freundliche und professionelle Frauenstimmen antworteten unter den verschiedenen, von mir angewählten Nummern, daß die Frau Anwältin nicht gesagt habe, wann sie wieder zurück sein würde. Das Handy war ausgeschaltet. Die Hitze ließ nicht nach. Um uns die Wartezeit zu verkürzen, flüchteten wir in eine Bar des Forcellini-Viertels. Ein kühles und eher ruhiges Lokal, dessen Pächter sehr schnell gelernt hatte, die besonderen Vorlieben seiner Kunden zu erkennen. In meinem Fall versäumte er nie, mir ein Glas von der Reserve des Calvados Roger Groult zu servieren, den er eigens für mich bereithielt. Benjamino bestellte einen Wodka und war von dem Absolut, den ich ihm empfahl, sehr angetan. Wir redeten wenig, weil uns die Gespräche der anderen Gäste neugierig machten. Natürlich sprachen sie über das Verbrechen, die Nachricht des Tages. Wie immer gab es einen Wortführer, der versuchte, uns in eine Diskussion zu verwickeln; er fragte uns, ob wir in einem Fall wie diesem die Todesstrafe für richtig hielten. Aber unsere nicht gerade herzlichen Blicke brachten ihn davon ab, auf eine Antwort zu dringen. Es war kurz nach elf Uhr zwanzig, als ich die Foscarini endlich erreichte. »Frau Anwältin«, begann ich mit leicht belegter Stimme, »wenn man sich ein Handy kauft, dann tut man das, um immer erreichbar zu sein, besonders, wenn man Ihren Beruf ausübt und

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