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Die Wahrheit des Blutes

Die Wahrheit des Blutes

Titel: Die Wahrheit des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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verfolgten: Sollte sie wirklich alles mit einer Scheidung kaputt machen? Waren die beiden kleinen Schätze es nicht wert, über die Konflikte der Erwachsenen hinwegzusehen? In solchen Augenblicken maß sie ihrem eigenen Leben keinerlei Wichtigkeit bei.
    Sie warf die Lutscher in den nächsten Papierkorb, stieg in ihren nagelneuen Fiat 500 und konzentrierte sich auf das bevorstehende Meeting. Sie musste einem Firmenchef die drohende Insolvenz seines Unternehmens ankündigen, die angesichts der Geschäftszahlen nur noch eine Frage von Monaten war. Wie konnte sie ihm die schlechte Nachricht nahebringen? Wie sollte sie sich ausdrücken? Das Japanische ist eine äußerst komplexe Sprache, außer drei unterschiedlichen Alphabeten gibt es hier auch mehrere Höflichkeitsstufen, die beinahe wie verschiedene Dialekte anmuten. Aber auf Französisch? Beherrschte sie die Sprache gut genug, um nicht mit der Tür ins Haus zu fallen?
    Sie fuhr über den Pont de Puteaux. Es begann wieder zu regnen. Als sie den Bois de Boulogne durchquerte, hatte sie mit einem Mal das Gefühl, verfolgt zu werden. Doch ein Blick in den Rückspiegel zeigte nichts Außergewöhnliches. Um diese Uhrzeit war der Verkehr immer sehr dicht, und die Straße war wie üblich stark befahren.
    Es ging nur langsam vorwärts. An Gasgeben und Überholen war nicht zu denken. Als der Turm des Hotels Concorde Lafayette in Sicht kam, fühlte Naoko sich sicherer. Erneut schaute sie in den Rückspiegel, ohne allerdings etwas Besonderes zu entdecken. Sie wischte ihre Befürchtungen beiseite und konzentrierte sich erneut auf ihr Meeting. Sie würde den Kunden mit Samthandschuhen anfassen müssen.
    Naoko durchquerte die Porte Maillot und fuhr die Avenue de la Grande-Armée hinunter. Beim Anblick des Arc de Triomphe verspürte sie wieder diese Erleichterung. Im Lauf der Jahre hatte sie gelernt, Paris zu lieben. Seinen Schmutz und seine Schönheit, seine Eintönigkeit, seine Pracht, seine Unannehmlichkeiten und seine kleinen altmodischen Brasserien.
    Sie wusste, dass sie längst zu dieser Stadt gehörte.
    In guten wie in schlechten Zeiten.

9
    »Ich verstehe Sie nicht, Hauptkommissar. Von Anfang an haben Sie sich auf diesen Guillard eingeschossen.«
    Untersuchungsrichter Ivo Calvini trug den Namen eines Mafioso und sah aus wie ein Bösewicht. Sein langes Gesicht war von tiefen Falten durchpflügt, die Augen mit dem durchdringenden Blick lagen tief in ihren Höhlen, die zusammengepressten Lippen zeigten im rechten Mundwinkel eine kleine verbitterte Falte, die ihm ein schiefes Lächeln zu verleihen schien. Er saß sehr gerade hinter seinem Schreibtisch. Seine Körpersprache signalisierte, dass nicht mit ihm zu verhandeln war.
    Passan rutschte unbehaglich auf seinem Stuhl herum.
    »Guillard hat mit den beiden ersten Opfern telefoniert.«
    Calvini blätterte in der Akte.
    »Damit brauchen Sie gar nicht erst wieder anzufangen. Ihr Starrsinn grenzt ja schon fast an Besessenheit. Am 22. Januar gab es einen Anruf bei Audrey Seurat, am 4. März einen bei Karina Bernard. Halten Sie das etwa für Beweise?«
    »Guillard ist der einzige Name, der im Umfeld der beiden ersten Opfer auftaucht.«
    »Aber nicht bei der dritten Frau.«
    »Die hat er vielleicht anders gefunden. Die Frau vergangene Nacht hat er auch nicht kontaktiert, aber …«
    Der Untersuchungsrichter hob die Hand, um Passan zu unterbrechen.
    »In allen Fällen war es nicht Guillard selbst, der angerufen hat. Das wissen wir zuverlässig. In einem Fall kam der Anruf aus einer seiner Werkstätten, dem Unternehmen Alfieri, das zweite Mal wurde aus seinem Ersatzteillager Fari angerufen. Was Sie Beweise nennen, sind lediglich Anrufe bei Kundinnen, die vermutlich von den jeweiligen Werkstattleitern getätigt wurden.«
    Olivier Passan empfand es als ziemlich unnötig, an die Brüchigkeit seiner Indizien erinnert zu werden. Sein Verdacht basierte ohnehin einzig auf seiner Intuition. Er wusste einfach, dass Guillard der Geburtshelfer war. Seitdem er den Inhaber mehrerer Autohäuser im Visier hatte, war ihm nicht ein einziges Mal ein Zweifel an seiner Überzeugung gekommen.
    »Ich behaupte ja nicht, dass er sie anrief, um ihnen zu sagen, dass er sie töten wollte. Ich glaube, dass er sie in seinen Werkstätten sozusagen entdeckt hat.«
    Calvini blätterte eine Seite um.
    »Er hat dort kein Büro. Der Firmensitz befindet sich in den Räumen einer weiteren Werkstatt in Aubervilliers, die …«
    Passan beugte sich über den Schreibtisch

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