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Die Wahrheit des Blutes

Die Wahrheit des Blutes

Titel: Die Wahrheit des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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nicht Passan selbst, den Guillard an diesem Nachmittag wie einen blutigen Anfänger an der Nase herumgeführt hatte.
    »Gute Arbeit«, lobte er Fifi.
    »Bedank dich bei Serchaux.«
    »Ist seit Guillards Rückkehr ins 9–3 schon etwas passiert?«
    »Darum kümmern wir uns gerade. Wie schon gesagt – auf unserem Schreibtisch liegen noch ein paar andere Sachen.«
    »Weiß man schon etwas über die Spuren bei mir zu Hause?«
    »Null. Zacchary hat mir die ersten Ergebnisse zukommen lassen. Überall sind die gleichen Fingerabdrücke. Vor allem eure. Jetzt warten wir noch auf die DNA-Analysen des organischen Materials, aber …«
    »Und die Vernehmung der Nachbarn?«
    »Hat auch nichts ergeben. Niemand hat etwas Auffälliges bemerkt.«
    Passan nickte. Trotz mangelnder Resultate empfand er die Arbeit seiner Kollegen als tröstlich. Man hatte ihn nicht vergessen.
    »Wir haben auch noch einmal die Familie von Marc Campanez kontaktiert. Seine Kinder waren einigermaßen überrascht darüber, dass wir uns noch einmal mit dem Tod ihres Vaters befassen. Keiner von ihnen wurde bedroht oder bedrängt. Auch den Macker von Marie-Claude haben wir noch einmal befragt. Er ist zwar nicht ganz klar im Kopf, hat aber sicher nichts mit der Sache zu tun.«
    »Gibt es neue Erkenntnisse zu den Handschuhen?«
    »Ich habe Levys Team Bescheid gesagt. Offenbar haben sie die Gegend noch einmal auf den Kopf gestellt, allerdings ohne Ergebnis.«
    »Und wie weit ist Levy?«
    »Keine Ahnung.«
    Fifi trat einen Schritt zurück und schien erst jetzt zu bemerken, in welchem Zustand Passan war.
    »Was ist denn mit dir los? Du siehst aus, als wärst du irgendwie unter die Räder gekommen.«
    »Ich habe eine Spur verfolgt, die sich allerdings als Sackgasse erwiesen hat.«
    »Was für eine Spur?«
    »Vergiss es.«
    »Du bist ja nicht gerade mitteilsam.«
    Passan ging nicht auf den Vorwurf ein. Er spürte, dass Fifi noch etwas in petto hatte.
    »Und du? Hast du mir vielleicht noch etwas anderes zu sagen?«
    »Habe ich. Es gibt da ein Problem.«
    »Welcher Art?«
    »Du wirst oben erwartet.«
    »Die Dienstaufsicht?«
    »Nein. Ein Psychiater.«
    »Auf Anordnung von ganz oben?«
    »Nein.«
    »Hat etwa Guillards Anwalt …«
    »Auch nicht.«
    »Schluss mit den Ratespielchen!«
    »Er kommt von Naokos Anwalt, einem gewissen Rhim.« Fifi zögerte. »Im Zuge eures Scheidungsverfahrens hat er ein psychiatrisches Gutachten angefordert und …«
    »WIE BITTE?«
    »Anscheinend ist so etwas gängige Praxis.«
    Passan konnte sich nur mit Mühe beherrschen.
    »Der Typ ist sehr jung«, versuchte ihn Fifi zu beschwichtigen. »Und eigentlich ganz nett.«
    »Wo ist er?«, erkundigte sich Passan mit schneidender Stimme.
    »Beruhige dich. Er hat gesagt, dass es sich heute nur um eine Vorbesprechung handelt. Er …«
    »WO IST ER?«
    »Jetzt beruhige dich doch, verdammt. Er wartet oben im Konferenzraum.«

49
    Fifi hatte recht gehabt: Der Psychiater wirkte nicht unsympathisch. Er war um die dreißig und sah in seinem braven Anzug aus wie ein Student bei der mündlichen Prüfung. Blondschopf, Hornbrille, gewinnendes Lächeln. Gleichzeitig wirkten seine Gesichtszüge sehr beherrscht. Er schien nichts dem Zufall zu überlassen. Passan vermutete, dass der Typ in dreißig Jahren noch ganz genauso aussehen würde.
    Um dem jungen Mann nicht gleich die Fresse zu polieren, hatte er sich die Zeit genommen, sein Gesicht im Waschraum unter den kalten Wasserstrahl zu halten, seine Krawatte zu richten, seinen Anzug glatt zu streichen und seine Wut hinunterzuschlucken. Jetzt konnte es losgehen.
    Der Psychiater, der in dem großen Konferenzraum ein wenig verloren wirkte, kam Passan mit ausgestreckter Hand entgegen.
    »David Duclos. Vielen Dank, dass Sie mich empfangen, Hauptkommissar. Ihr Kollege hat Ihnen sicher bereits mitgeteilt, dass es sich nur um ein Vorgespräch handelt.«
    Passan lächelte.
    »Ich habe alle Zeit der Welt. Meinetwegen können wir sofort zur Befragung übergehen.«
    Duclos lachte.
    »Es handelt sich keineswegs um eine Befragung. Lediglich um ein Gespräch, das …«
    »Herr Doktor, ich bin seit zwanzig Jahren Polizist. Ich habe schon psychiatrische Gutachten über Kinderschänder gelesen, als Sie noch nicht wussten, ob Sie Jura oder Medizin studieren sollten. Kommen wir also zur Sache.«
    Der Psychiater breitete die Arme aus, als wolle er sagen: »Wie Sie meinen.«
    Sie setzten sich an den langen lackierten Holztisch.
    »Möchten Sie vielleicht etwas trinken?«, fragte

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