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Die Wahrheit eines Augenblicks

Die Wahrheit eines Augenblicks

Titel: Die Wahrheit eines Augenblicks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liane Moriarty
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siebzehn einen Fehler gemacht hatte (»Fehler« – sie sinnierte kurz über dieses sanfte, kleine Wort nach und wusste, dass es nicht passend war, dass es ein größeres Wort geben müsste für das, was John-Paul getan hatte).
    »Da ist Esther!« Cecilia fuhr auf, als Mahalia sie anstupste. Sie hatte völlig vergessen, wo sie war.
    Cecilia sah auf, gerade noch rechtzeitig. Denn schon lief Esther an ihr vorbei und nickte ihr gelassen zu. Ihr Hut saß fest am Hinterkopf, und die Ärmel ihres Pullovers waren weit über die Hände gezogen wie Handschuhe. Sie trug einen alten Strohhut von Cecilia, der ringsum mit Stoffblumen und winzigen Ostereiern verziert war. Cecilia hatte ihn gebastelt. Nicht gerade ein Meisterwerk, was aber nicht so schlimm war, da Esther die Ostermützen-Parade ohnehin als eine Verschwendung ihrer kostbaren Zeit betrachtete. »Was sollen wir bei dieser Ostermützen-Parade eigentlich lernen?«, hatte sie am Morgen gefragt, als Cecilia sie zur Schule fuhr.
    »Jedenfalls nichts über die Berliner Mauer«, gab Isabel schlagfertig zurück.
    Isabel hatte Mascara aufgetragen, doch Cecilia hatte vorgegeben, es nicht zu bemerken. War ihr immerhin gut gelungen, bis auf einen winzig kleinen, blauschwarzen Fleck unterhalb ihrer makellosen Augenbraue.
    Cecilia sah auf den Balkon der sechsten Klasse, wo Isabel und ihre Freundinnen zur Musik tanzten.
    Würde ein netter, junger Bursche Isabel ermorden und zunächst ungeschoren davonkommen, und würde dieser Bursche seine Tat später bitterlich bereuen, ein gutes und aufrechtes Mitglied der Gemeinde sein, ein vorbildlicher Vater und ein guter Schwiegersohn, dann würde Cecilia ihn trotzdem hinter Schloss und Riegel sehen wollen. Verurteilt und hingerichtet. Sie würde ihn eigenhändig töten wollen.
    Die Welt um sie herum kippte.
    »Cecilia?« Mahalias Stimme schien aus weiter Ferne zu kommen.

37
    Tess rutschte auf ihrem Sitz hin und her, spürte einen angenehmen Schmerz in der Leistenbeuge. Wie oberflächlich bist du eigentlich? Wo ist dein ach so gebrochenes Herz geblieben? Du brauchst also nur VIER TAGE , um über das Aus deiner Ehe hinwegzukommen ? Sie schaute der Ostermützen-Parade zu und stellte sich vor, mit speziell einem der drei Juroren Sex zu haben, der sich gerade auf der anderen Seite des Schulhofes befand, auf dem Kopf eine riesige rosafarbene Babymütze mit Schnürbändern unter dem Kinn, und mit einer Gruppe von Jungs aus der sechsten Klasse den Ententanz aufführte.
    »Ist das nicht entzückend?«, fragte ihre Mutter neben ihr. »Einfach entzückend. Ich wünschte …«
    Sie verstummte, und Tess drehte sich zu ihr um.
    »Was? Was wünschst du?«
    Lucy machte ein betretenes Gesicht. »Ich wünschte nur, dass die Umstände etwas glücklicher wären … Dass du und Will beschlossen hättet, nach Sydney zu ziehen, dass Liam hier auf die Schule ginge und ich jedes Jahr zur Ostermützen-Parade kommen könnte. Verzeih!«
    »Das muss dir nicht leidtun«, sagte Tess. »Das wünsche ich mir auch.«
    Wirklich?
    Sie lenkte den Blick wieder auf Connor. Die Jungs aus der sechsten Klasse lachten sich halb schlapp über irgendwelche Witze, die Connor wohl gerade gerissen hatte und die, so vermutete Tess, wohl nicht ganz stubenrein gewesen waren.
    »Wie war es denn gestern Abend?«, erkundigte sich Lucy. »Habe ganz vergessen zu fragen. Ehrlich gesagt, habe ich dich auch gar nicht nach Hause kommen hören.«
    »War ganz nett. Wir hatten jede Menge zu erzählen.« Ein inneres Bild stieg plötzlich in Tess hoch, und sie sah sich im Bett mit Connor, der sie umdrehte und ihr ins Ohr flüsterte: »Ich meine, mich zu erinnern, dass es von hinten bei uns stets super geklappt hat.«
    Er war immer gut im Bett gewesen, auch damals schon, als er noch ein junger, langweiliger Buchhalter mit Spießerfrisur gewesen war, noch lange bevor er diesen umwerfenden Körper und ein Motorrad gehabt hatte. Doch Tess war damals zu jung gewesen, um diese Qualitäten zu schätzen zu wissen. Sie dachte, dass Sex immer so toll klappen würde. Erneut rutschte sie auf ihrem Sitz hin und her. Wahrscheinlich erste Vorboten einer scheußlichen Blasenentzündung. Eine bittere Lektion! Das letzte Mal, als sie in einer Nacht dreimal hintereinander mit jemandem geschlafen hatte (und das beileibe nicht so Knall auf Fall wie letzte Nacht!), hatte sie ebenfalls eine Blasenentzündung bekommen. Das war in den Anfangszeiten ihrer Beziehung mit Will gewesen.
    Der Gedanke an die Anfangszeiten mit Will

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