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Die Wahrheit eines Augenblicks

Die Wahrheit eines Augenblicks

Titel: Die Wahrheit eines Augenblicks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liane Moriarty
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müsste ihr eigentlich wehtun. Aber er tat nicht weh, zumindest nicht im Moment. Sie fühlte sich leicht, beschwingt, sexuell aufs Höchste befriedigt … was sonst? Rache ist süß, sagte sie sich. Und wie heißt es so schön? Mein ist die Rache . Will und Felicity glaubten, sie sei hier in Sydney, um ihr gebrochenes Herz zu pflegen, wo sie in Wahrheit den geilsten Sex mit ihrem Exfreund hatte. Sex mit dem Ex. Ehe ade, scheiden tut gar nicht weh! Geschieht dir recht, Will !
    »Tess, mein Schatz?«
    »Ja, Mum?«
    »Ist zwischen dir und Connor letzte Nacht irgendetwas gelaufen?« Sie hielt ihre Stimme gesenkt.
    »Natürlich nicht.«
    »Ich kann das nicht«, hatte sie beim dritten Mal zu Connor gesagt. Und er: »Ich wette, du kannst.« Und sie: »Ich kann das nicht. Ich kann das nicht. Ich kann das nicht.« Das hatte sie sich so lange vorgesagt, bis klar gewesen war, dass sie natürlich konnte.
    »Tess Curtis!«, rief Lucy just in dem Augenblick, da einem Jungen aus der zweiten Klasse der Vogelkäfig vom Kopf rutschte. Tess und ihre Mutter sahen sich an und prusteten vor Lachen.
    »Ach, Tess, mein Liebling!« Lucy ergriff ihren Arm. »Es sei dir gegönnt! Der Mann ist der Hammer !«

38
    »Connor Whitby scheint heute allerbester Laune zu sein«, bemerkte Samantha Green. »Ob er endlich eine Frau gefunden hat?«
    Samantha Green, deren älteste Tochter in der sechsten Klasse war, arbeitete halbtags in der Schule als Buchhalterin. Sie wurde stundenweise bezahlt. Samantha saß neben Rachel, die daher vermutete, dass Samantha wohl auch die Stunden bezahlt bekam, die sie gerade außerhalb des Büros verbrachte, um sich die Ostermützen-Parade anzusehen. Ein Problem, wenn Mütter von Schülern an der Schule arbeiteten. Und Rachel konnte sie ja schlecht fragen: Wirst du uns diese Stunden in Rechnung stellen, Samantha? Aber da Samantha heute nur für drei Stunden eingeteilt war, fand Rachel es nicht gerade geboten, die Arbeit bleiben zu lassen, um sich die Ostermützen-Parade anzusehen. Zudem nahm ihre Tochter gar nicht an der Parade teil. Gewiss, Rachel hatte ebenfalls kein Kind, das daran teilnahm, und auch sie hatte die Arbeit liegen lassen, um sich die Parade anzusehen. Rachel seufzte. Sie kam sich gehässig, ja regelrecht gemein vor.
    Rachels Blick wanderte zu Connor, der mit seiner rosafarbenen Babymütze am Jurorentisch saß. Es hat etwas Perverses, wenn ein erwachsener Mann sich als Baby verkleidet, dachte sie. Er scherzte und brachte einen der älteren Jungen zum Lachen. Sogleich musste sie an sein böses Gesicht auf dem Video denken. An den mordlustigen Blick, mit dem er Janie angesehen hatte. Jawohl, mordlustig , das war der richtige Ausdruck dafür. Die Polizei sollte die Aufnahme einem Psychologen zeigen. Oder einem Experten für Gesichterlesen. Heutzutage gab es doch Experten für alles Mögliche.
    »Ich weiß, die Kinder lieben ihn«, fügte Samantha hinzu, die sich gern erschöpfend über ein Thema ausließ, bevor sie das nächste anschnitt. »Und zu uns Eltern ist er auch immer überaus nett, doch ich habe immer das leise Gefühl, dass irgendetwas mit diesem Connor Whitby nicht stimmt. Weißt du, was ich meine? Oh! Sieh mal da, die Kleine von Cecilia Fitzpatrick! Ein schönes Mädchen, nicht wahr? Ich frage mich, von wem sie das hat? Apropos Connor Whitby … Meine Freundin, Janet Tyler, ist nach ihrer Scheidung ein paar Mal mit ihm ausgegangen. Sie meinte, Connor sei depressiv, versuche das aber zu vertuschen. Am Ende hat er mit ihr Schluss gemacht.«
    »Hmm …«
    »Meine Mutter erinnert sich noch an seine Mutter«, fuhr Samantha fort. »Sie war Alkoholikerin. Hat die Kinder vernachlässigt. Und der Vater hat sich aus dem Staub gemacht, als Connor noch ein Baby war. Du meine Güte, wer ist denn der Junge mit dem Vogelkäfig auf dem Kopf? Der Arme verliert ihn ja gleich!«
    Rachel konnte sich vage an Trish Whitby erinnern, die ab und zu mit ihren Kindern in die Kirche gekommen war. Die Kinder waren immer schmuddelig gewesen. Mitten im Gottesdienst hatte Trish sie manchmal so laut ausgeschimpft, dass sich alle Köpfe nach ihr umgedreht hatten.
    »Ich meine, so eine Kindheit hinterlässt natürlich Spuren im Charakter, nicht wahr? Connor, meine ich.«
    »Ja«, sagte Rachel derart kalt, dass Samantha förmlich erschrak.
    »Aber, wie gesagt, heute scheint er guter Laune zu sein«, meinte Samantha und hatte sich wieder gefasst. »Ich habe ihn vorhin auf dem Parkplatz gesehen und ihn gefragt, wie es ihm gehe.

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