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Die Wahrheit eines Augenblicks

Die Wahrheit eines Augenblicks

Titel: Die Wahrheit eines Augenblicks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liane Moriarty
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Ehe jetzt in diesem Moment beenden, wenn sie das wollte, Liams kleine Welt mit ein paar einfachen Worten zerreißen. »Rate mal, was, Will? Ich habe mich auch in jemanden verliebt. Ist alles prima. Und tschüss !« Wenige Worte nur, mehr bedurfte es nicht, und sie beide könnten getrennte Wege gehen.
    Was sie ihm aber nicht verzeihen konnte, war diese widerlich lupenreine Seelenliebe zwischen Will und Felicity. Die unvollzogene Liebe, die so groß, so mächtig war. Tess war aus Melbourne abgereist, damit die beiden ihre verdammte Affäre ausleben konnten, doch sie hatten es nicht getan. Stattdessen war sie nun diejenige, die ein schmutziges Geheimnis mit sich herumtrug.
    »Ich glaube nicht, dass ich das kann«, sagte sie leise. Ich glaube nicht, dass ich dir verzeihen kann .
    »Was kannst du nicht?« Will sah auf. Er saß gerade in der Hocke und schob vorsichtig ein paar Eier zwischen Zaun und Gartenstuhl.
    »Nichts.«
    Tess lief seitlich am Garten entlang, legte eine lange Reihe Ostereier in gleichmäßigen Abständen unter das Efeu am Lattenzaun. »Felicity sagte, du wolltest noch ein Kind.«
    »Ja, aber das wusstest du immer«, antwortete er. Er klang erschöpft.
    »Und alles nur, weil sie jetzt so hübsch ist? Felicity?«
    »Hm? Was?« Seine panikartige Reaktion brachte Tess fast zum Lachen. Der arme Will. Wo er doch sonst immer versuchte, jedes Gespräch in eine sinnvolle Struktur zu bringen. Jetzt jedoch war er nicht einmal imstande, sie anzupflaumen, wie er das normalerweise tun würde mit einem Satz wie: Drück dich mal vernünftig aus, Frau !
    »Es gab an unserer Ehe doch eigentlich gar nichts auszusetzen, oder?«, sagte sie. »Wir haben uns nicht gestritten. Wir hatten vor, uns am Abend zusammen die fünfte Staffel von Dexter anzuschauen! Und dann trennst du dich von mir? Unmittelbar vor der fünften Staffel? Wie konntest du nur?« Will lächelte betreten und hielt seinen Ostereierbeutel fest umklammert.
    Und plötzlich konnte sie gar nicht mehr aufhören zu reden. Es war, als hätte sie Quasselwasser getrunken. »Und war unser Sex nicht etwa gut? Ich dachte, er wäre gut. Ich dachte, er wäre sogar ziemlich gut.« Da musste sie an Connors Finger denken, die langsam und sanft über ihren Rücken strichen, und sie schauderte heftig. Will kräuselte die Stirn und zog sie dann in tiefe Falten, als hätte ihn jemand an den Hoden gepackt und drückte zu, sacht zuerst, dann immer fester und fester. Bald würde sie ihn so weit haben, dann würde er schwanken und fallen.
    »Wir haben nicht gestritten. Und wenn, dann waren das immer ganz normale, kleine Reibereien, stimmt doch, oder? Worum ging es denn in unserem letzten Streit? Um den Geschirrspüler? Weil ich die Bratpfanne so reingestellt hatte, dass sie an diesem blöden Drehspülarm-Dingsbums hängen blieb? Ja, und du findest, dass wir viel zu oft nach Sydney fahren. Aber das sind doch alles banale Geschichten. Waren wir nicht glücklich? Ich war glücklich. Ich habe geglaubt, wir wären beide glücklich. Doch du hast bestimmt gedacht: Wie blöd kann die denn sein ?« Sie hob ihre Arme und Beine und hampelte herum wie eine Marionette. ›Tri-tra-trullala, tri-tra-trullala, die blöde Tess ist wieder da. Tess, das treudoofe Schaf – ich bin ja sooo glücklich verheiratet, jawohl, das bin ich!‹«
    »Tess. Hör auf!« Wills Augen funkelten.
    Sie schwieg und spürte einen salzigen Geschmack in ihrem Mund, der sich mit der süßen Schokolade vermischte. Aufgewühlt fuhr sie sich mit den Fingern über das Gesicht. Sie hatte gar nicht bemerkt, dass sie weinte. Will trat einen Schritt auf sie zu, doch sie hielt beide Hände hoch, damit er ja nicht näher kam.
    »Und jetzt ist Felicity weg. Mein ganzes Leben lang, mein Gott, seit ich denken kann, war ich nicht länger als zwei Wochen von ihr getrennt. Ist schon komisch, findest du nicht? Kein Wunder, dass du dachtest, du könntest uns beide haben. Wir sind ja praktisch siamesische Zwillinge.«
    Genau das war es. Für Felicity und sie wäre es nicht einmal völlig absurd zusammenzuwohnen. Aber dass Will sich tatsächlich eingebildet hatte, sie könnten zu dritt unter einem Dach wohnen, machte Tess stinksauer auf ihn. Sie verstand , warum die beiden gedacht hatten, dass es funktionieren könnte, und das fachte ihre Wut umso mehr an.
    »Lass uns aufhören, die blöden Ostereier zu verstecken!«, sagte sie.
    »Warte! Können wir uns einen Moment setzen?«, bat Will und wies mit der Hand in Richtung Gartentisch, an dem

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