Die Wahrheit hat nur ein Gesicht (German Edition)
nicht.«
»Sie scheinen Sie sehr zu mögen.« Der Notar lächelte. »Das freut mich.«
»Wir…«, Alex zögerte, »wir haben eine lange Geschichte miteinander.«
»Das weiß ich.« Dillingham legte Alex die Hand auf die Schulter und sah ihn freundlich an. »Und vielleicht sollten sie im Zuge dieser Angelegenheit diese alte Geschichte endlich einmal miteinander klären.«
»Deshalb bin ich hier.«
»Gut. Wollen Sie rein?«
»Ja.«
»Soll ich ihr sagen, dass Sie da sind?«
Alex schüttelte den Kopf. »Nein. Lassen Sie sie schlafen. Ich will erst mit ihr sprechen, wenn sie sich beruhigt hat und wieder bei sich ist. Ich setze mich so lange raus auf die Terrasse.«
Dillingham lächelte: »Und warten auf einen günstigen Moment.«
»Das ist der Plan.«
»Sie werden mir immer sympathischer, Alex. Viel Erfolg.«
»Gute Nacht, Henry.«
Dillingham nickte Alex aufmunternd zu, dann stieg er in seinen Wagen und fuhr davon.
Alex betrat zögernd das Haus. Er lauschte nach oben. Aus dem Schlafzimmer im ersten Stock drang kein Geräusch. Er ging ins Wohnzimmer und machte Licht. Etwas verloren stand er da und betrachtete den Raum. Alles war ihm so vertraut und gleichzeitig so fremd, jetzt wo Margaret tot war. Er öffnete die Tür zur Terrasse und trat ins Freie. Er wollte sich nicht wie ein Eindringling im Haus aufhalten, denn Emma wusste ja nicht, dass er da war. Es war eine laue Sommernacht und so konnte er auch genau so gut draußen warten. Er suchte sich einen Gartenstuhl, machte es sich bequem und schloss die Augen. Er war bei Emma. Das war alles, was im Augenblick zählte.
17
Emma lag im Schlafzimmer auf ihrem Bett. Sie trug immer noch das schwarze Kleid. Völlig erschöpft, aber emotional hoch erregt, versuchte sie, sich zu beruhigen. Was für ein Tag! Sie konnte kaum fassen, was geschehen war:
Erst Antonio, der ihr einen Heiratsantrag machte, dann das Konzert, Tatjana als Aktmodel auf diesem Foto, Cindy, die sie bedrohte und der Verdacht, dass Alex dieses Foto von Tatjana gemacht hatte! Woher kannte er bloß dieses Bild? Emma rieb sich verzweifelt die Stirn. Und immer noch spürte sie Alex Nähe, als er sie nach draußen getragen hatte. Wie ein kleines Kind hatte sie sich in seinem Arm geborgen gefühlt. Er hätte sie ewig weiter tragen können. Aber dann wieder das Foto! Er hatte dieses Foto gemacht! Oder etwa nicht? Aber wieso kannte er dann das Bild? Sie stöhnte vor Anstrengung, wollte nicht mehr darüber nachdenken, aber ihr Hirn kam einfach nicht zur Ruhe. Sie wusste, dass sie in ihrem Zustand jetzt einfach schlafen sollte. Die Frage war nur wie?
Sie richtete sich auf. Alkohol! In ihrem Fall war Alkohol doch wohl ein Tröster in der Not. Sie vertrug nur wenig davon und etwas Hochprozentiges würde bei ihr sicher schnell wirken. Barfuß lief sie die Treppe hinunter ins Wohnzimmer. Hier brannte Licht. Merkwürdig. Hatte Dillingham das Licht angelassen? Egal! Sie öffnete den Schrank, in dem ihre Mutter alkoholische Getränke aufbewahrte, und betrachtete die Flaschen. Wodka! Wodka sollte angeblich gut verträglich sein, man hatte am nächsten Tag keinen Kater. Hatte sie gehört. Ob das auch stimmte? Erfahrung hatte sie keine damit, denn sie trank nur ab und zu ein Glas Wein. Aber sie würde das jetzt ausprobieren.
Sie öffnete die Flasche und goss sich ein großes Glas ein. Dann nahm sie einen Schluck. Die Flüssigkeit glitt mit einer leichten Schärfe durch ihre Kehle. Nicht schlecht! Sie nahm noch einen Schluck und trank dann in einem Zug das Glas leer. Jetzt brannte die Sache schon stärker und sie musste husten. Sie goss sich ein zweites Glas ein. Sie würde diese ganze Flasche trinken, wenn es sein musste. Einfach alles wegspülen, den ganzen Müll, der sie belastete und bedrohte.
»Emma, was machst du da?«
Emma fuhr herum. Hinter ihr stand Alex.
»Alex! Bist du wahnsinnig. Du hast mich fast zu Tode erschreckt.«
»Tut mir leid, wirklich. Aber ich kann nicht zulassen, dass du in deinem Zustand eine Flasche Wodka trinkst.«
»Das geht dich gar nichts an!« Sie nahm provozierend noch einen Schluck. »Was tust du hier?«
»Ich passe auf dich auf!«
»Aha! Und wie bist du hier hereingekommen?«
»Dillingham hat mich reingelassen. Wir waren der Meinung, dass es besser ist, dich in diesem Zustand nicht allein zu lassen.«
»Seit wann interessierst du dich für meinen Zustand?«
»Emma, bitte hör mir zu! Wir müssen miteinander reden!«
»Ach ja? Worüber denn? Über das, was du mit meiner
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