Die Wahrheit hat nur ein Gesicht (German Edition)
Liebste, was ist denn?«
»Du musst gehen!« Ihre Stimme klang brüchig und versagte ihr beinahe den Dienst.
»Was?«
»Ja. Ich kann nicht mit dir zusammen sein!« Sie setzte sich auf.
»Aber warum denn nicht?« Er sah sie fassungslos an. War das eben nicht wunderschön?«
»Ja, schon.« Emma kämpfte die Tränen nieder. »Aber darum geht es nicht!«
»Worum geht es dann?«
In Emmas Kopf hämmerten zwei Gedanken: Alex würde Vater werden, und er würde heiraten! Das hier konnte nicht gut gehen! »Alex, zwischen uns beiden steht so viel. Wir könnten nie dauerhaft zusammen glücklich sein.«
»Dann lass uns darüber reden! Über Tatjana, über das, was damals wirklich passiert ist! Wir haben noch nie richtig darüber gesprochen. Jetzt ist der Zeitpunkt dafür!«
Emma wusste, dass sie jetzt stark sein musste. Stark für sie beide. »Es ist zu spät, Alex! Du musst dich um deine Familie kümmern!«
»Familie? Welche Familie?«
»Alex, mach es uns doch bitte nicht so schwer!«
Er verstand die Welt nicht mehr. »Du schickst mich fort?«
»Ich muss!« Sie senkte den Blick. Er durfte nicht sehen, wie schwer ihr ums Herz war.
Alex starrte sie verständnislos an. Er war völlig perplex. Aber ihr war die Sache offensichtlich sehr ernst. »Also gut. Wenn das so ist.« Er stand auf. »Wenn es dir so leicht fällt, das alles aufzugeben!« Er hielt inne. »Damals war es auch so. Da bist du auch einfach abgehauen.«
»Wie bitte?«
»Warst einfach verschwunden. Spurlos. Fünf Jahre lang. Kein Brief, kein Gespräch, nichts.« Alex stieg aus dem Bett und fuhr wütend in seine Kleidung. »Du denkst wieder mal nur an dich. Und deine Schwester war genauso.«
»Tatjana war jung und unerfahren.« Emma wurde böse. »Sie ist auf dich reingefallen, genau wie ich!«
»Sie war ein Flittchen!« Das »Genau wie du!« konnte er sich gerade noch verkneifen. Er ging zur Tür. »Ich soll also wirklich gehen? Das ist dein Ernst?«
Emma gab keine Antwort. Ihr Blick war starr auf ihre Hände gerichtet. Hätte sie ihn angesehen, wäre sie sofort weich geworden. Aber das durfte sie nicht. Sie musste stark sein. Erst als Alex die Tür hart hinter sich zuschlug, brach sie in Tränen aus.
Als Alex bei sich zu Hause ankam, glühte er vor Zorn. Je länger er über das nachdachte, was eben geschehen war, desto weniger konnte er Emmas Verhalten begreifen. Sie hatten sich geliebt, auf eine Art, die unbeschreiblich war. Sie waren ineinander verschmolzen, leidenschaftlicher als es je zwischen ihnen geschehen war. Und er hatte gespürt, dass sie ihn begehrte, dass sie ihn wollte. Wieso schickte sie ihn dann weg? Wieso ließ sie nicht zu, dass er mit ihr über die Vergangenheit sprach? Wieso wich sie seiner Nähe aus? Darauf konnte es nur eine Antwort geben. Das, was er versucht hatte, nicht über sie zu denken, entsprach der Wahrheit: Emma war in ihrem tiefsten Innern genauso verkommen wie ihre Schwester. War scharf auf Sex, war scharf auf die Macht, die sie damit ausübte. Und wenn ein Mann dann in ihrem Netz zappelte, schickte sie ihn in die Wüste.
Alex atmete heftig. Es war Zeit, dass er endlich von ihr loskam. Mit ihrer Schönheit zog sie ihn jedes Mal in ihren Bann. Ihre Zartheit, Verletzlichkeit war ein Magnet, dem er kaum widerstehen konnte. Aber damit musste jetzt endlich Schluss sein! Cindy hatte Recht! Emmas Zusammenbruch auf dem Konzert war wahrscheinlich wirklich nicht echt gewesen. Eine Lüge, wie alles andere auch. Wütend schlug er die Tür hinter sich zu und ging sofort ins Schlafzimer. Vorbei! Er würde sich nicht länger zum Narren machen lassen!
»Du bist ja schon da?« Cindy lehnte lässig in der Tür und sah ihn fragend an.
»Ja.« Alex wusste nicht so recht, wie er jetzt mit ihr umgehen sollte. Die Tatsache, dass Emma ihn rausgeschmissen hatte, war kein Grund, jetzt Cindy in die Arme zu fallen. Und das war es, worauf sie spekulierte. Er hatte keine Kraft für noch eine Auseinandersetzung mit einer widerspenstigen Frau. Doch diese hier würde ihn wenigstens nicht rausschmeißen.
»Willst du ein Glas Wein?«
»Von mir aus.« Alex ließ sich erschöpft aufs Bett fallen. Cindy kam mit zwei Gläsern und einer Flasche Rotwein wieder und setzte sich neben ihn. Sie schenkte ihm ein Glas ein und reichte es ihm. »Du siehst nicht gut aus.«
»Es geht mir auch nicht gut.« Alex trank sein Glas in einem Zug leer. »Aber du kannst beruhigt sein, mit Emma ist es aus.«
»Tatsächlich?« Erfreut rutschte Cindy etwas näher.
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