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Die Wahrheit stirbt zuletzt

Die Wahrheit stirbt zuletzt

Titel: Die Wahrheit stirbt zuletzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif Davidsen
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Hotel, Plaza Altozano, Albacete adressiert war:
    V IELEN D ANK FÜR GUTE A RTIKEL S TOP .
    NUR REDAKTIONELLE Ü BEARBEITUNG
    ERFORDERLICH . S TOP . Z IGARRE IST
    SCHON UNTERWEGS . S TOP . B RODERSEN .
    Er wusste nicht, was Brodersen mit der Zigarre meinte, bis ein dänischer Journalist, den er am Abend zuvor kennengelernt hatte, es ihm erklärte. Wenn ein Journalist einen außergewöhnlich guten Artikel geschrieben hatte, konnte es passieren, dass er in das Büro des Chefredakteurs gerufen wurde und zur Belohnung eine Zigarre geschenkt bekam. Das konnte ganz konkret gemeint sein, aber auch im übertragenen Sinne.
    Magnus hatte eine kindliche Freude empfunden. Sonst hätte er damit wohl kaum vor dem Journalisten von einer der Hauptstadtzeitungen angegeben, der zum ersten Mal in Spanien war und ihn auf diverse Drinks und Zigaretteneingeladen hatte, um Hintergrundinformationen aus ihm herauszulocken. Magnus hatte sich wie ein erfahrener und besonders ausgebuffter Reporter gefühlt und den kleinen, zaghaften Journalisten auch nicht über dieses Missverständnis aufgeklärt.
    Er musste sich sogar eingestehen, dass das Schreiben ein unerwartetes Vergnügen für ihn war. Die Worte flossen ihm nur so aus der Feder, und er war erstaunt darüber, wie befriedigend es war, Gedanken in Worte zu fassen, aus denen sich Meinungen und Bilder zusammensetzten.
    Aber die Artikel waren trotzdem eine Flucht gewesen. Das konnte er sich ebenso gut eingestehen. Sie hatten ihm Fluchtwege eröffnet, die ihn von den quälenden Gedanken an Joe wie auch an Mads wegführten.
    Das Telegramm von Redakteur Brodersen hatte ihn auf eine Idee gebracht, und er hatte Folgendes an Marie telegrafiert:
    K ONTAKT MIT M ADS . S TOP . W ILL IM
    M OMENT NICHT NACH H AUSE . V ERSUCHE
    ES WEITER . G IB DIE H OFFNUNG NICHT AUF .
    S TOP . A LLES IN O RDNUNG . S TOP .
    F ROHE W EIHNACHTEN . S TOP . M AGNUS .
    Er hatte sich schäbig gefühlt, aber jetzt war es erledigt.
    Er streckt gerade die Hand nach seinem Bier aus, als er Irinas Stimme hört, die beinahe wie das weibliche Echo von Joes Stimme aus längst vergangenen Zeiten klingt: »Spendierst du mir einen Drink, Magnus?«
    Anstatt ihres üblichen breitkrempigen Hutes steht sie mit einer merkwürdigen Pelzmütze in der Hand da. Sie hat ihre Leica um den Hals hängen und trägt ihre Arbeitskleidung: das khakifarbene Hemd mit einem dunklen Pullover darüber und eine helle Hose mit einem dunklen Gürtel in der schmalen Taille. Ihre Locken ringeln sich wildum ihren Kopf, und für ihn ist sie der schönste Anblick der Welt. Über ihrem Arm hängt ein dicker Mantel aus grünem Armeestoff und mit einem dunklen Pelzkragen.
    »You are a sight for sore eyes«, sagt er.
    »Was bedeutet das?«, fragt sie auf Spanisch. Ihm ist aufgefallen, dass sie trotz der Zeit, die sie in London verbracht hat, nur Schulenglisch spricht. Wenn Joe und er sich schnell auf Amerikanisch unterhalten hatten, hatte sie ihrem Gespräch kaum folgen können.
    »Dass du wunderschön bist und dass ich dich gern auf einen Drink einlade.«
    »Ich glaube dir kein Wort, aber das macht nichts. Ich bin dreckig und verschwitzt und muss dringend baden, aber vorher brauche ich ein Bier.«
    Sie kommt zu ihm herüber, stellt sich auf die Zehenspitzen, küsst ihn schnell auf beide Wangen und dann, nach einer fast unmerklichen Pause, auf den Mund. Mit ihrer Zunge berührt sie seine, zieht sie aber schnell zurück, als sie merkt, dass er den Kuss erwidern will. Sie steht so nah bei ihm, dass er ihre Brüste durch sein Hemd spürt. Ihm wird wie in der Pubertät am ganzen Körper heiß, als er eine Erektion bekommt.
    »Ist Joe auch da?«
    »Nein. Er wollte nach Madrid. Du kennst doch Joe«, sagt er möglichst beiläufig.
    »Ja. Joe ist Joe. Das spielt auch keine Rolle. Du bist hier. Das ist viel wichtiger.«
    »Wo bist du gewesen?«, fragt er und macht dem Barkeeper ein Zeichen, der Irina daraufhin ein Glas Bier einschenkt.
    Sie sei erst in Valencia gewesen, sagt sie und erzählt dann von Fotoaufnahmen, die sie von einem sowjetischen Piloten gemacht habe, der drei deutsche Bombenflugzeuge der Legion Condor abgeschossen habe.
    »Die ›Tass‹ ist ganz verrückt nach meinen Bildern«, erklärtsie fröhlich und trinkt gierig von ihrem Bier. Der Schaum hinterlässt einen weißen Schnurrbart in ihrem Gesicht.
    Magnus streckt seine Hand aus und wischt den Schaum so vorsichtig mit seinem Zeigefinger weg, als streichle er sie. Sie senkt den Blick und zieht den Kopf ein ganz

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