Die Wahrheit stirbt zuletzt
es herrlich trocken und warm.
Ich untersuchte die Kameraden auf Frostbeulen, aber alle sahen gut aus. Ich erlaubte ihnen zu rauchen. Bei den Spezialeinheiten unterschieden wir nicht nach Dienstgraden, aber ich war derjenige, der das Kommando hatte. So war es einfach.
Wir holten Wasser aus einem Gebirgsbach, der am Rand bereits zuzufrieren begann, und aßen unser Brot mit kaltem Schaffleisch und einige Oliven, die wir dabeihatten, teilten uns Rafaels Ziegenkäse und einen Becher Wein und tranken jeder einen Cognac aus der Flasche, die ich an Pandrup vorbeigeschmuggelt hatte. Vincente überließen wir die erste Wache, während wir anderen uns in unsere Schlafsäcke und Decken wickelten und uns dicht nebeneinanderlegten, um ein wenig zu schlafen. Da wir uns nur fünfzehn Kilometer hinter den feindlichen Linien befanden, wagten wir nicht, Feuer zu machen. Wir waren alle furchtbar erschöpft und schliefen auf dem harten Höhlenboden schnell ein.
Den nächsten Tag verbrachten wir in der Höhle, wechselten uns mit dem Wachehalten ab und versuchten, mit unseren Zigaretten hauszuhalten. Im Laufe des Tages begann es richtig zu schneien, gleichzeitig wurde es wieder wärmer. Die großen weißen Flocken tanzten in dem grauen Tageslicht, trudelten zu Boden und verwischten unsere Fußabdrücke, wenn wir gezwungen waren, die Höhle zu verlassen, um pinkeln zu gehen. Einmal sahen wir unten im Tal einen kleinen Konvoi feindlicher Lastwagen, der langsam auf der Landstraße dahinfuhr. Wir hörten keine Flugzeuge. Wegen des Wetters konnten sie vermutlich nicht starten.
Die Dunkelheit brach schnell über uns herein, gleichzeitig hörte es auf zu schneien. Wir aßen noch etwas, dann setzten wir unsere strapaziöse Kletterpartie die Berge hinauf fort. Wir sprachen nicht miteinander, sondern konzentrierten uns ganz darauf, einen Fuß vor den anderen zu setzen und unserem Vordermann zu folgen. Rafael ging mit nach wie vor unerschütterlicher Sicherheit voran. Wir konnten die Sprengsätze nicht im Dunkeln verlegen, daher hatten wir es so geplant, dass wir im Morgengrauen bei dem Eisenbahntunnel ankommen würden.
Der Pfad, auf dem Rafael uns führte, verlief oberhalb einer kurvigen Schotterstraße. Zweimal musste ich den Kameraden befehlen, stehen zu bleiben, und wir zogen uns so weit wie möglich an den Berghang zurück. Noch bevor wir sie sehen konnten, hörten wir vom Tal herauf Lastwagen. Wir vermuteten, dass es sich um Truppentransporte handelte, die die Ablösung zur Front brachten. Die Soldaten saßen unter der Persenning, die sie ganz zugezogen hatten. Sie fuhren mit abgeblendeten Scheinwerfern, um unsere Nachtjäger nicht auf sich aufmerksam zu machen. Der erste Konvoi bestand aus sechs Lastwagen, der zweite aus vier.
Mads flüsterte, und sein Atem war in der Frostluft zu sehen: »Hoffentlich haben sie nicht von unserer Offensive Wind bekommen, oder warum karren sie hier mitten in der Nacht Leute an?«
Ich sog Luft durch die Nase ein, wie ich es daheim in Schweden immer tat, um festzustellen, ob es Schnee geben würde, und sagte: »Vielleicht liegt es daran, dass sie mit sehr viel Schnee rechnen, und dann sind die Wege irgendwann dicht. Deshalb sind die Truppentransporte jetzt schon unterwegs und nicht erst, wenn es hell ist.«
»Vielleicht. Aber es gefällt mir trotzdem nicht.«
Irgendwann entdeckten wir direkt unterhalb unseres Weges die Eisenbahnlinie. Rafael hatte den Katalanen währendeiner unserer Pausen erklärt, dass wir auf einem alten Schmugglerpfad gingen, der hinauf in die Pyrenäen und über den Pass nach Frankreich führte. Der Pfad verlief genau über dem Tunnel, der unser Ziel war.
Als ein Zug in Richtung Front vorbeifuhr, hielten wir an, auch wenn sie uns wohl kaum sehen konnten. Der Zug bestand unter anderem aus vier Tiefladern mit Artilleriestücken und vier geschlossenen Güterwaggons, die möglicherweise Munition enthielten. Wir konnten den fetten Kohlenrauch riechen, der aus dem Schornstein puffte. Ganz hinten war ein offener Waggon angehängt, auf dem eine Gruppe Nationalisten hinter ihren Maschinengewehren kauerte, aber sie hatten die Köpfe so weit wie möglich gesenkt, um sich vor dem Wind zu schützen, und kamen bestimmt nicht auf die Idee, nach oben zu schauen. Knapp zehn Meter über ihnen standen wir im Schneetreiben.
Mads’ Augen lächelten, und er tat so, als ließe er Handgranaten auf den Zug fallen. Es war eine unbedeutende kleine Geste, und dennoch spürte ich, wie sich dadurch die
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