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Die Wahrheit über Alice

Die Wahrheit über Alice

Titel: Die Wahrheit über Alice Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca James
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den Schmerz, froh darüber, ihn zu spüren, froh, dass er so scharfkantig war.
    Ich blickte mich verzweifelt um. Ich weiß nicht, worauf ich hoffte, doch durch die Bäume hindurch sah ich in der Ferne Licht.
    Gerade als ich wieder zu Rachel hinübersah, hob Sean den Kopf und blickte in meine Richtung. Er schien mich direkt anzustarren.
     Ich weiß nicht, ob er mich wirklich sah, ich werde es nie wissen. Vielleicht konnte er mich in der Dunkelheit nicht sehen,
     aber darauf wollte ich es nicht ankommen lassen. Panik erfasste mich.
    Ich drehte mich um und lief. Auf das Licht zu.

|186| 23
    W ir fahren Richtung Circular Quay und dann nach The Rocks, wo Mick einen Pub kennt, in dem man noch spätabends gut essen kann,
     wie er sagt. Wir haben beide Hunger, daher bestellen wir üppige Gerichte   – Steak mit Pommes und Salat   –, die wir mit großem Appetit essen, und jedes Mal, wenn unsere Blicke sich treffen, grinsen wir uns über den Tisch hinweg
     an.
    Als wir aufgegessen haben, der Tisch abgeräumt ist und wir beide noch unsere Cola trinken, küsst Mick mich. Es geschieht überraschend
     und unerwartet, und es ist dennoch einfach wunderbar. Er steht auf, beugt sich über den Tisch und drückt seine Lippen auf
     meine. Es ist kein leidenschaftlicher Kuss, sein Mund bleibt dabei geschlossen, aber er ist zärtlich und sanft und dauert
     viel länger als ein brüderlicher Wangenkuss. Es ist ein Kuss, der alles klarer macht, ein Kuss, der mir zeigt, dass er sich
     zu mir genauso hingezogen fühlt wie ich mich zu ihm.
    «Wieso hast du mich so böse angeguckt, als deine Schwester uns vorgestellt hat?», frage ich. «Ich habe gedacht, du könntest
     mich nicht leiden. Ich hab gedacht, du wärst ein Scheusal, ehrlich gesagt. Unfreundlich und ungehobelt.»
    «Weil ich so ein komisches Gefühl hatte. Sobald ich dich gesehen hatte, wusste ich, dass zwischen uns was passieren würde.
     Ich wusste es. Auf Anhieb.» Er lächelt und wirkt zum ersten Mal verlegen. «Du hast mich nervös gemacht.»
    Wir sind beide in Hochstimmung, beide überrascht über das |187| unerwartete Glück, einander begegnet zu sein, und als wir den Pub verlassen und zurück zu Micks Motorrad gehen, fragt er mich,
     wo ich wohne.
    «Ich will aber nicht nach Hause», sage ich.
    «Nein?»
    «Nein.»
    Wir fahren zu Mick. Er wohnt mit einem Studenten namens Simon zusammen, der aber nicht da ist. Wir machen Tee und gehen mit
     unseren Tassen in Micks Zimmer. Sein Bett besteht aus einer Matratze auf dem Fußboden, aber es ist gemacht, die Bettdecke
     ist glatt gestrichen, die Kissen am Kopfende ordentlich arrangiert. An der Wand neben dem Bett sind Bücher gestapelt, und
     daneben lehnt eine Gitarre.
    Wir setzen uns Seite an Seite aufs Bett, mit dem Rücken gegen die Kissen, im Schneidersitz, die Knie aneinander. Wir reden
     über Musik, unsere Lieblingsbands, unsere Lieblingssongs. Wir trinken jeder drei Tassen Tee und teilen uns einen Schokoladenriegel
     aus dem fast leeren Kühlschrank. Es ist kurz vor drei, Mick rutscht ein Stück tiefer, legt sich auf die Seite und schaut mich
     an, den Kopf auf einem Kissen.
    «Leg dich hin», sagt er. «Du musst doch hundemüde sein.»
    Ich rutsche ebenfalls tiefer, bis wir nebeneinanderliegen, die Gesichter nah beieinander.
    Mick berührt mein Gesicht mit einer Fingerspitze, zieht eine Linie über meine Wange, übers Kinn, den Hals hinunter.
    «Du bist schön», sagt er.
    Wir küssen uns, pressen die Körper, die Münder fest aneinander. Und wir passen so gut zusammen, so selbstverständlich, und
     schon bald sind wir atemlos und angespannt vor Hitze und Verlangen.
    Ich löse mich von ihm. Plötzlich bin ich von dem unwiderstehlichen |188| Drang zu reden erfüllt. Ich will unbedingt meine Geschichte erzählen. «Ich hab so was schon lange nicht mehr   … ich meine, das letzte Mal, dass ich jemanden geküsst hab   …» Ich stocke und hole tief Luft. «Er hieß Will. William Holloway. Es war an dem Abend, als Rachel ermordet wurde.»
    Mick ist ganz still. Er nickt und hört zu.
    «Wir haben an dem Abend gar nichts gemacht», sage ich, und ich erinnere mich an Wills Gesicht, daran, wie sehr ich ihn liebte
     und wie quälend und beklommen es war, als ich ihn danach wiedersah. «Wir wollten es aber. Wir haben es uns so wunderbar ausgemalt,
     wie wir unsere Unschuld gemeinsam verlieren würden. Aber nach diesem Abend war irgendwie alles kaputt. Wir fühlten uns nur
     noch unwohl miteinander. Ich glaube, wir waren

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