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Die Wahrheit über Alice

Die Wahrheit über Alice

Titel: Die Wahrheit über Alice Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca James
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auf der Kopfhaut. Er hatte mich an den
     Haaren so weit nach hinten gerissen, dass ich praktisch von unten zu ihm hochstarrte. «Pass auf, du Schlampe», sagte er. Sein
     Gesicht war so dicht an meinem, dass ich seine kratzigen Bartstoppeln spürte. «Dreh dich nie mehr von mir weg, ist das klar?
     Das kann ich nämlich gar nicht leiden. Kapiert?» Er ließ los, und ich nickte. Dann brach ich in Tränen aus.
    «Och nee», sagte er seufzend. «Nicht schon wieder. Hör mal.» Er öffnete die Wagentür etwas weiter und setzte sich neben mich,
     ein Bein im Auto, das andere draußen auf der Erde. «Das geht hier alles erheblich leichter, wenn du schön mitmachst, okay?
     Wenn du einfach tust, was ich sage, wenn ich es sage. Okay?»
    Diese selbstgefällige Arroganz, die er sich nur erlauben konnte, weil sie stärker und zu viert waren, diese Macht des Schlägertypen,
     weckte in mir das Verlangen, ihn auszulachen und ihm ins Gesicht zu spucken. Aber ich unterdrückte den Impuls, aus Angst,
     dass er mir wieder wehtun würde. Der Drang, am Leben und heil und möglichst unverletzt zu bleiben, war stärker als der Drang
     zurückzuschlagen.
    «Okay», sagte ich. «Okay.»
    «Braves Mädchen. So, jetzt zieh mal an dieser Kippe. Schadet |179| dir schon nicht. Da.» Er presste mir die Zigarette wieder zwischen die Lippen. «Los, zieh.»
    Ich atmete ein, so flach ich konnte, sog Rauch in die Lunge und musste augenblicklich keuchen und husten. Grant lachte und
     schüttelte den Kopf, als lache er über die Späße eines Kindes. Dann klemmte er sich die Zigarette wieder zwischen die Lippen
     und stand auf.
    «Los», sagte er. «Aussteigen.»
    «Wohin gehen wir?», fragte ich mit einem ängstlichen Blick auf Rachel. «Und was ist mit meiner Schwester? Ich will sie nicht
     allein lassen.»
    Grant spähte zurück in den Wagen und seufzte. Dabei ließ er die Zigarette gekonnt im Mundwinkel baumeln. «Was hab ich vorhin
     gesagt, Katie? Du hörst mir nicht zu, Mädchen. Tu, was ich sage, wenn ich es sage, und alles ist in Ordnung.» Und dann stockte
     er, nahm die Zigarette zwischen Daumen und Zeigefinger, drehte sie und blickte nachdenklich auf die rotglühende Spitze.
    Ich begriff, was er vorhatte, noch in dem Augenblick, bevor er es tat. Und dann kreischte ich auf. Die Haut an meinem Bein,
     knapp über dem Knie, durchzuckte ein brennender Schmerz, als sich die Glut der Zigarette durch den Stoff sengte. Meine Arme
     bewegten sich unwillkürlich, schnellten vor, schlugen ihn weg, trafen ihn, wieder und wieder.
    Er packte meine Arme mit beiden Händen und drückte sie so fest nach unten, dass es wehtat. Er war wesentlich stärker als ich,
     und ich konnte mich weder wehren noch mich losreißen. In seiner Umklammerung konnte ich kaum die Arme bewegen. «Schnauze»,
     zischte er bösartig, und die Spucke, die sich zwischen seinen Lippen gesammelt hatte, sprühte mir ins Gesicht. «Hör auf zu
     fragen. Hör auf mit deinen beschissenen Fragen. Tu verdammt nochmal, was ich dir sage.»
    |180| Und vor lauter Angst und Wut und Hass – denn jetzt hasste ich ihn und hätte ihn umgebracht, wenn ich gekonnt hätte – vergaß
     ich sogar den Schmerz in meinem Bein. Ich wollte ihn anschreien, und ich spürte, wie sich meine Oberlippe verzog vor Ekel
     und von der Anstrengung, ihn im Zaum zu halten. Wie kannst du es wagen!, wollte ich sagen. Du saublödes mieses dreckiges Schwein.
     Wie kannst du es wagen! Das wird dir noch leidtun. Du wirst dafür bezahlen. Und wenn sich mir die Gelegenheit bietet, wenn
     du mir den Rücken zudrehst, wenn ich die Chance kriege, bring ich dich um. Ich schlag dir mit einem Stein den Schädel ein,
     schlag so lange zu, bis dein Hirn nur noch dünnflüssiger Brei ist. Ich schlag auf dich ein, bis nichts mehr übrig ist von
     deiner dämlichen, feigen Visage, deinem jämmerlichen, bösen, traurigen kleinen Kopf.
    «Wird’s bald!», schrie er plötzlich, und ich zuckte vor Schreck zusammen und hob die Hände schützend vors Gesicht. «Raus aus
     der Scheißkarre! Sofort!»
    Ich rutschte über den Sitz und stieg aus.
    Sean und die anderen beiden standen nicht weit vom Wagen zusammen. Ich konnte sie murmeln und lachen hören. Ihr Gelächter
     klang gezwungen und unnatürlich. Sie waren nervös, das war offensichtlich, und die Großspurigkeit in ihren Stimmen war nur
     aufgesetzt. Alle drei rauchten, und wenn sie die Arme bewegten oder ihre Zigaretten an den Mund hoben, malte die Glut leuchtend
     orangefarbene

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