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Die Wahrheit über Alice

Die Wahrheit über Alice

Titel: Die Wahrheit über Alice Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca James
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schlage die Zeitung auf und fange an, die Wohnungsanzeigen
     durchzusehen.
    «Das wäre vielleicht was», sage ich nach einer Weile. «Zwei Zimmer, Dielenboden, neue Küche. Nicht weit vom Bondi Beach. Dreihundertfünfzig
     die Woche.»
    Mick schlägt die Augen auf und lächelt, als er begreift, was ich soeben gesagt habe.
    «Lies nochmal vor», sagt er. «Hab’s nicht richtig gehört.»
    «Zwei Zimmer, Dielenboden, neue Küche», sage ich, doch im selben Moment dämpfen nicht ganz so angenehme Gedanken meinen Enthusiasmus.
     Ich seufze. «Ich muss meine Eltern anrufen. Sie werden dich kennenlernen wollen. Wir können das erst planen, wenn ich ihnen
     von dir erzählt habe. Sie bezahlen meine Miete, mein Auto, sie geben mir Geld zum Leben, sie finanzieren mich.»
    «Klar.» Mick setzt sich auf und legt eine Hand auf mein Bein. «Aber wir schaffen das schon. Selbst wenn sie uns die Wohnung
     nicht bezahlen wollen. Wir kommen schon über die Runden. Ich suche mir einen regelmäßigen Job.»
    «Das musst du bestimmt nicht. So sind sie nicht. Sie würden mir nie das Geld streichen. Sie würden alles für mich tun.»
    «Das ist verständlich.»
    «Aber, na ja, eine Sache würden sie ganz sicher nicht akzeptieren. Niemals. Nicht in einer Million Jahren.»
    «Was?»
    «Dein Motorrad. Sie wären stinksauer, wenn sie wüssten, dass ich schon mit dir mitgefahren bin.»
    «Ja.» Er zuckt die Achseln. «Meine Eltern sind auch dagegen. Die Dinger sind ja auch gefährlich.»
    |250| «Wieso fährst du denn dann Motorrad? Wenn du es so gefährlich findest?»
    «Weil es Spaß macht.» Er grinst. «Weil es schnell ist. Du kannst nicht dein Leben lang vor allem Angst haben.»
    «Ich habe nicht vor allem Angst», sage ich, plötzlich verärgert. «Das ist nicht fair, und überhaupt, ich bin schon x-mal auf
     deiner blöden Maschine mitgefahren. Und ich   –»
    «Ich habe nicht gesagt, dass du vor allem Angst hast», fällt er mir ins Wort. Ich habe dich gar nicht gemeint. Ich meinte
     ‹du› im Sinne von ‹man›.» Er zieht ein finsteres Gesicht, und seine Stimme klingt nicht sehr freundlich. «Keine Sorge, ich
     hatte sowieso vor, sie zu verkaufen.»
    «Gut. Vernünftig. Wir haben ja mein Auto», sage ich. Ich bin genauso brüsk. «Das bisschen Spaß ist es nicht wert, dafür zu
     sterben. Und überhaupt, was ist schon dabei? Du stellst es so dar, als wäre es so ein Riesenopfer, dich davon zu trennen.»
    «Es ist ein Opfer. Es ist meine Maschine. Ich liebe sie.»
    Ich starre ihn an. Ungläubig. «Du liebst sie?»
    «Ja.»
    «Es ist ein lebloser Gegenstand. Du kannst doch kein Ding lieben, so einen blöden Haufen Metall.»
    «Tu ich aber. Es macht mich traurig, sie zu verkaufen. Ich werde sie vermissen.»
    Ich werfe die Zeitung beiseite, stehe auf und stemme die Hände in die Hüften. «Du wirst sie vermissen?», sage ich, den Tränen
     nahe. Ich überreagiere völlig, das weiß ich, aber ich kann nicht anders. «Es macht dich traurig, sie zu verkaufen?» Ich deute
     wütend auf meinen noch flachen Bauch. «Und was ist mit mir? Was ist mit all den Opfern, die ich werde bringen müssen? Was
     ist mit all den Dingen, derentwegen ich traurig sein werde?»
    Aber er beißt nicht an. Stattdessen streckt er eine Hand aus. «Komm wieder ins Bett.»
    |251| «Nein.»
    «Bitte.»
    «Nein.»
    «Ich hasse die Maschine», sagt er. «Sie ist hässlich und sie ist rot, und ich hasse Rot. Du bist viel hübscher. Und du riechst
     besser.»
    Ich versuche, wütend zu bleiben und weiter ein ernstes Gesicht zu machen, aber dann muss ich doch lachen. «Du bist ein Idiot»,
     sage ich. Dann krieche ich wieder zu ihm unter die Decke und schmiege mich an ihn. «Ich mag die Maschine ja auch. Ich weiß
     nicht, warum ich mich so biestig aufführe. Ich werde auch traurig sein, wenn sie nicht mehr da ist.»
    «Ich weiß.»
    «Aber wenn Mum und Dad davon wüssten   –»
    «Ich weiß. Keine Sorge. Ich mag dich lieber als meine Maschine. Zumindest ein klitzekleines bisschen.»
    «Du wirst sie jedenfalls kennenlernen müssen», sage ich. «Bald.»
    «Ja. Und du wirst auch meine Eltern kennenlernen müssen. Wir machen alles ganz offiziell.»
    «Ich weiß.» Ich seufze und drücke das Gesicht an seine Brust. «Macht dich das nicht ein bisschen nervös? Dass sie uns für
     verrückt halten werden? Weil wir ein Baby kriegen und schon nach einer Wohnung suchen? Dass wir zusammenziehen wollen?»
    «Sie halten uns bestimmt für verrückt. Jedenfalls am Anfang. Wir

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