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Die Wahrheit über Alice

Die Wahrheit über Alice

Titel: Die Wahrheit über Alice Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca James
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mich etwa?»
    Sie lächelt bloß.
    «Lass mich in Ruhe, Alice», sage ich. Ich zwinge mich, ihr dabei in die Augen zu sehen. «Lass mich in Ruhe, sonst   –»
    «Sonst was?» Sie zieht die Augenbrauen hoch und schaut gespielt überrascht. «Sonst rufst du die Polizei? Was? Meinst du das?
     Hast du das vor?»
    «Ja, das werde ich tun. Wenn du dich wie eine Geisteskranke aufführst, dann behandle ich dich auch wie eine.»
    «Ach ja, natürlich. Aber das weiß ich ja schon. Ich kenne dich nämlich. Ich kenne dich besser, als du denkst. Aber ich hab
     ja eigentlich gar nichts getan, oder? Du kannst der Polizei also gar nichts erzählen. Diesmal kannst du die Schuld nicht auf
     andere abwälzen.» Und dann lächelt sie süßlich, legt den Kopf auf die Seite und sagt mit gekünstelt argloser Stimme: «Und
     wir sind doch trotzdem Freundinnen, nicht? Freundinnen für immer?»
    Ich schüttele den Kopf und dränge mich an ihr vorbei. «Ver schwinde , Alice», sage ich. «Verschwinde einfach. Ich hab keine Ahnung, wovon du redest. Du brauchst Hilfe. Du brauchst eine Therapie.
     Du bist krank.»
    |242| «Vielleicht bin ich das», sagt sie lachend, als ich mich mit raschen Schritten entferne. «Aber vielleicht bist du ja auch
     die Kranke, Katherine. Ist dir das schon mal in den Sinn gekommen? Vielleicht bist du krank!»
    Ich marschiere weiter und zwinge mich, nicht über die Schulter zu sehen, bis ich fast an der Ecke von Micks Straße angekommen
     bin. Jetzt bleibe ich stehen und werfe einen Blick hinter mich. Ich kann sie zunächst nicht sehen und spüre, wie ich panisch
     werde. Hat sie sich versteckt und folgt mir? Aber dann entdecke ich sie. Sie unterhält sich mit einem großen, gutaussehenden
     Mann. Garantiert flirtet sie, und sie wirkt völlig auf ihr Gegenüber konzentriert.
    Es ist wahrscheinlich eine alberne Vorsichtsmaßnahme, aber sie soll nicht wissen, wo ich zurzeit wohne, deshalb biege ich
     in die Straße und laufe so schnell ich kann das letzte Stück zu Micks Haus. Ich stecke mit zitternden Händen den Schlüssel
     ins Schloss und knalle die Tür hinter mir zu. Sobald ich in der Wohnung bin, beruhige ich mich wieder. Hier ist alles so vertraut
     und normal, verwohnt und gemütlich und auf sichere Art überschaubar, und ich muss unwillkürlich kichern über die Hysterie,
     die mich eben noch befallen hat. Sie erinnert mich an die Angst, die ich als Kind allein im Dunkeln hatte. Ich war immer panisch
     und verstört zurück zu meinen Eltern gerannt, zurück ins Licht, in die Wärme, in die Geborgenheit, wo ich mich augenblicklich
     getröstet fühlte. Wie die Dunkelheit kann auch Alice mir nichts anhaben. Nicht, wenn ich sie nicht lasse. Sie mag voller Schatten
     und Geheimnisse und verborgener Tiefen sein, aber sie hat keine echte Macht. Nicht wirklich.
    Ich gehe ins Bad und stelle mich vor den Spiegel. Vom Laufen geht mein Atem schnell, und mein Gesicht ist ganz blass. Ich
     sehe schlimm aus. Mein Magen hat sich vor lauter Angst verkrampft, und es dauert einen Moment, bis mir wieder einfällt, |243| dass Alice im Augenblick gar nicht mein größtes Problem ist. Sondern etwas Reales. Etwas Ernstes. Etwas, das sowohl mein Leben
     als auch Micks entscheidend verändern kann, unwiderruflich. Und es hat nicht das Geringste mit Alice zu tun.
    Ich öffne die Packung und pinkele auf das Teststäbchen, wie es in der Gebrauchsanweisung beschrieben ist. Dann lege ich das
     Stäbchen auf die Ablage über dem Waschbecken. Ich gehe ins Wohnzimmer und tigere dort auf und ab, bis ich denke, dass genug
     Zeit verstrichen ist. Ich gehe zurück ins Bad und nehme das weiße Plastikstäbchen auf. Es sind zwei sehr deutliche parallele
     rosa Streifen zu sehen.
    Ich schaue nochmal in die Gebrauchsanweisung. Zwei Streifen sind ein positives Ergebnis. Eindeutig. Ich bin schwanger.
    Ich werfe das Teststäbchen weit von mir weg, als wäre es glühend heiß oder gefährlich, und sehe zu, wie es klappernd über
     den Boden rutscht. Es bleibt mit der Vorderseite nach oben liegen, und mir ist, als würden mich die zwei kräftigen und eindeutigen
     rosa Streifen höhnisch auslachen. Auch wenn ich fast sicher damit gerechnet habe, dass der Test positiv ausfallen würde, ist
     es erschreckend und unglaublich, dass es tatsächlich wahr ist. Ich spüre, wie mir das Herz in der Brust rast, ich schmecke
     förmlich den Schock und die Angst im Mund. Plötzlich kann ich mich nicht mehr bewegen und auch nicht mehr stehen, also sinke
     ich zu

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