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Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert

Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert

Titel: Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joël Dicker
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Vermutungen bezüglich Harry und Stern unterrichtet haben.«
    »Der Bericht ist von Pratt persönlich unterzeichnet. Er wusste also Bescheid und hat nichts unternommen?«
    »Was hat das zu bedeuten?«, fragte ich.
    Gahalowoods Blick verfinsterte sich. »Dass er womöglich auch etwas mit Nola Kellergan hatte.«
    »Er auch? Sie glauben, dass … Um Himmels willen … Chief Pratt und Nola?«
    »Das Erste, was wir morgen früh machen werden, Schriftsteller, ist, zu ihm zu gehen und ihn zu fragen.«

    Am Donnerstagmorgen, den 3. Juli 2008, holte Gahalowood mich in Goose Cove ab, und wir fuhren zu Chief Pratts Haus im Mountain Drive. Pratt öffnete persönlich die Tür. Zuerst sah er nur mich und empfing mich herzlich. »Mr Goldman, wie schön, was führt Sie zu mir? In der Stadt erzählt man sich, dass Sie eigene Untersuchungen durchführen …«
    Im Hintergrund hörte ich Amy fragen, wer da sei, und Pratt antwortete: »Es ist Goldman, der Schriftsteller.« Da erst bemerkte er Gahalowood wenige Schritte hinter mir und rief: »Aha, also handelt es sich um einen offiziellen Besuch …«
    Gahalowood nickte. »Nur ein paar Fragen, Chief«, erklärte er. »Die Ermittlungen sind ins Stocken geraten, und uns fehlen ein paar Hinweise. Sie haben bestimmt Verständnis.«
    Wir setzten uns ins Wohnzimmer. Amy Pratt kam uns begrüßen. Ihr Mann befahl ihr, ein wenig gärtnern zu gehen, also setzte sie sich einen Hut auf und verzog sich nach draußen. Eigentlich wäre die Szene amüsant gewesen, wäre die Stimmung im Pratt’schen Wohnzimmer nicht aus irgendeinem Grund, den ich mir in dem Augenblick noch nicht erklären konnte, mit einem Mal so angespannt gewesen.
    Ich ließ Gahalowood die Befragung allein durchführen. Er war ein sehr guter Polizist und hatte trotz seiner latenten Aggressivität viel Ahnung von der menschlichen Psyche. Er begann mit ein paar harmlosen Fragen. Zum Beispiel bat er Pratt, ihm noch einmal kurz zu schildern, welche Ereignisse Nolas Verschwinden vorausgegangen waren. Doch Pratt verlor rasch die Geduld. Er sagte, das alles habe er 1975 in seinem Bericht geschrieben, und wir bräuchten ihn nur zu lesen.
    Gahalowood hielt dagegen: »Tja, offen gestanden, habe ich Ihren Bericht gelesen, aber was ich darin gefunden habe, hat mich nicht überzeugt. Zum Beispiel weiß ich, dass die alte Quinn Ihnen erzählt hat, was sie über Harry und Nola wusste, aber in der Polizeiakte ist es mit keinem Wort erwähnt.«
    Pratt ließ sich nicht so leicht aus der Fassung bringen. »Es stimmt, dass die alte Quinn zu mir gekommen ist. Sie hat gesagt, sie wüsste alles, und Harry würde wild über Nola phantasieren. Aber sie hatte keinen Beweis und ich auch nicht.«
    »Sie lügen«, schaltete ich mich ein. »Sie hat Ihnen ein handgeschriebenes Blatt Papier von Harry gezeigt, das ihn eindeutig belastet hat.«
    »Das hat sie mir ein einziges Mal gezeigt. Später ist es dann verschwunden. Sie hatte es nicht mehr. Was hätte ich tun sollen?«
    »Und was ist mit Elijah Stern?«, fragte Gahalowood, ein wenig umgänglicher. »Was wussten Sie über Stern?«
    »Stern?«, wiederholte Pratt. »Elijah Stern? Was hat er mit der Sache zu tun?«
    Gahalowood hatte die Situation fest im Griff. Mit ruhiger Stimme, die keine Ausflüchte zuließ, sagte er: »Hören Sie mit dem Theater auf, Pratt, ich weiß alles. Ich weiß, dass Sie Ihre Ermittlungen nicht ordnungsgemäß durchgeführt haben. Ich weiß, dass Ihnen Tamara Quinn kurz nach dem Verschwinden des Mädchens von ihren Vermutungen bezüglich Quebert berichtet hat und dass Nancy Hattaway Ihnen erzählt hat, dass Nola eine Affäre mit Elijah Stern hatte. Sie hätten Quebert und Stern einlochen oder sie zumindest vernehmen, ihre Häuser durchsuchen, die Sache klären und das alles in Ihren Bericht aufnehmen müssen. Wie es sich gehört. Aber Sie haben nichts dergleichen getan! Warum? Sagen Sie schon, warum! Immerhin hatten Sie es mit einer ermordeten Frau und einem verschwundenen Mädchen zu tun!«
    Ich merkte, dass er Pratt verunsichert hatte. Der Chief trat die Flucht nach vorn an und wurde laut: »Ich habe die Gegend wochenlang durchkämmt!«, polterte er los. »Sogar an meinen freien Tagen! Ich habe mich krummgelegt, um dieses Mädchen wiederzufinden! Also kommen Sie nicht zu mir nach Hause, um mich zu beleidigen und meine Arbeit infrage zu stellen! Polizisten tun so etwas untereinander nicht!«
    »Sie haben jeden Stein umgedreht und den Meeresboden abgesucht«, fuhr Gahalowood fort. »Aber

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