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Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert

Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert

Titel: Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joël Dicker
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legte das Manuskript auf den Stuhl neben ihn und machte Anstalten zu gehen.
    »Wovon handelt Ihr Buch?«, fragte er mich da.
    »Von einem Mann, der eine junge Frau geliebt hat. Sie träumte von einem Leben zu zweit. Sie wollte, dass sie zusammenleben, dass er ein großer Schriftsteller und Universitätsprofessor wird und dass sie einen sonnenfarbenen Hund haben. Aber eines Tages ist die junge Frau verschwunden. Sie wurde nie gefunden. Der Mann hat in seinem Haus auf sie gewartet. Er ist ein großer Schriftsteller geworden, er ist Universitätsprofessor geworden, und er hat sich einen sonnenfarbenen Hund zugelegt. Er hat genau das getan, worum sie ihn gebeten hatte, und er hat auf sie gewartet. Er hat nie einen anderen Menschen geliebt, sondern treu darauf gewartet, dass sie zurückkommt. Aber sie ist nie zurückgekommen.«
    »Weil sie tot war!«
    »Ja. Aber jetzt kann dieser Mann damit abschließen.«
    »Nein, dafür ist es zu spät! Er ist inzwischen siebenundsechzig!«
    »Für eine neue Liebe ist es nie zu spät.« Ich winkte ihm zum Abschied zu. »Auf Wiedersehen, Harry. Ich rufe Sie an, sobald ich in New York bin.«
    »Tun Sie das lieber nicht.«
    Ich ging die Außentreppe zum Parkplatz hinunter. Gerade wollte ich in den Wagen steigen, als ich ihn am Geländer im ersten Stock nach mir rufen hörte: »Marcus, welches Datum ist heute?«
    »Der 30. August, Harry.«
    »Und wie viel Uhr ist es?«
    »Kurz vor elf.«
    »Noch mehr als acht Stunden, Marcus!«
    »Acht Stunden bis was?«
    »Bis neunzehn Uhr.«
    Ich begriff nicht sofort, sondern fragte: »Was ist um neunzehn Uhr?«
    »Wir sind verabredet, sie und ich, das wissen Sie doch. Sie wird kommen. Schauen Sie, Marcus! Schauen Sie, wo wir sind! Wir sind im Paradies der Schriftsteller. Man braucht es nur zu schreiben, und alles kann sich ändern.«

    Der 30. August 1975 im Paradies der Schriftsteller
    Sie beschloss, nicht die Route 1, sondern am Meer entlangzugehen. Vorsichtshalber. Sie drückte das Manuskript an die Brust und rannte über die Kieselsteine und den Sand. Sie war schon fast auf der Höhe von Goose Cove. Nur noch zwei oder drei Meilen, und sie wäre am Motel. Sie warf einen Blick auf die Uhr: kurz nach achtzehn Uhr. In fünfundvierzig Minuten wäre sie am Treffpunkt. Um neunzehn Uhr, wie verabredet. Sie lief bis zur Side Creek Lane weiter und überlegte, dass sie hier lieber durch den Wald zur Route 1 gehen sollte. Sie kletterte vom Strand über ein paar Felsen zum Wald hinauf, bahnte sich vorsichtig einen Weg zwischen den Baumreihen und gab acht, sich nicht an den Zweigen zu kratzen oder ihr hübsches rotes Kleid zu zerreißen. Durch das Dickicht erkannte sie ein Haus. Dort, in der Küche, bereitete Deborah Cooper gerade ihren Apfelkuchen zu.
    Sie gelangte zur Route 1. Kurz bevor sie aus dem Wald trat, raste ein Auto vorbei. Es war Luther Caleb auf dem Rückweg nach Concord. Sie folgte der Straße zwei Meilen und erreichte endlich das Motel. Es war Punkt neunzehn Uhr. Über den Parkplatz steuerte sie auf die Außentreppe zu. Zimmer 8 lag im ersten Stock. Sie nahm vier Stufen auf einmal und trommelte an die Tür.
    Es hatte geklopft. Eilig sprang er vom Bett auf und öffnete.
    »Harry! Liebster Harry!«, rief sie, als er im Türrahmen erschien.
    Sie fiel ihm um den Hals und küsste ihn ab. Er hob sie hoch. »Nola … Da bist du! Du bist gekommen! Du bist wirklich gekommen!«
    Sie sah ihn verwundert an. »Was soll das heißen? Natürlich bin ich gekommen!«
    »Ich muss eingenickt sein, und ich hatte einen bösen Traum. Ich war hier in diesem Zimmer und habe auf dich gewartet. Ich habe gewartet und gewartet, aber du bist nicht gekommen.«
    Sie schmiegte sich an ihn. »Was für ein schrecklicher Albtraum, Harry! Aber jetzt bin ich hier! Ich bin hier, und zwar für immer!«
    Sie umarmten sich lange. Er überreichte ihr die Blumen, die er im Waschbecken gewässert hatte.
    »Hast du gar nichts mitgenommen?«, fragte Harry, als er bemerkte, dass sie ohne Gepäck gekommen war.
    »Nein, nichts. So ist es unauffälliger. Was wir brauchen, kaufen wir unterwegs. Aber das Manuskript habe ich dabei.«
    »Ich habe es überall gesucht!«
    »Ich habe es mit nach Hause genommen, um es zu lesen. Es gefällt mir so gut, Harry. Es ist ein Meisterwerk!«
    Wieder umarmten sie sich, dann sagte sie: »Lassen Sie uns gehen! Und zwar schnell! Am besten sofort!«
    »Sofort?«
    »Ja, ich will weg von hier, weit weg. Bitte, Harry! Nicht, dass uns jemand findet! Lassen Sie uns sofort

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