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Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert

Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert

Titel: Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joël Dicker
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Zeit, uns hier länger aufzuhalten, weil plötzlich dieser Schuss knallte. Es war verrückt, aber wir hatten es nicht kommen sehen … Damit will ich sagen, dass wir zwangsläufig an dem Mädchen oder seinem Mörder vorbeigekommen sein mussten … Ich weiß auch nicht, wie wir sie übersehen konnten … Wahrscheinlich haben sie sich im Unterholz versteckt, und er hat ihr den Mund zugehalten, damit sie nicht schreit. Der Wald ist riesig, da ist es ein Kinderspiel unterzutauchen. Ich vermute, sie konnte sich in einem Augenblick der Unachtsamkeit von ihrem Angreifer losreißen und ist Hilfe suchend zum Haus gerannt. Er ist ihr gefolgt und hat die alte Cooper abgeknallt.«
    »Als ihr den Schuss gehört habt, seid ihr sofort zum Haus zurückgelaufen?«
    »Ja.«
    Wir machten kehrt und gingen zum Haus zurück.
    »Es hat sich alles in der Küche abgespielt«, fuhr Travis fort. »Nola kommt aus dem Wald gelaufen und ruft um Hilfe, die alte Cooper holt sie rein und geht ins Wohnzimmer, um die Polizei anzurufen und sie darüber zu informieren, dass das Mädchen bei ihr ist. Ich weiß, dass sich das Telefon im Wohnzimmer befindet, weil ich es selbst eine halbe Stunde zuvor benutzt habe, um Chief Pratt anzurufen. Während sie telefoniert, dringt der Angreifer ins Haus ein, um sich Nola zu holen, aber in diesem Augenblick taucht die alte Cooper wieder auf, und er erschießt sie. Dann packt er Nola und zerrt sie zu seinem Wagen.«
    »Wo stand dieser Wagen?«
    »Am Rand der Route 1, dort, wo die Straße an diesem verfluchten Wald entlangführt. Komm mit, ich zeig’s dir.«
    Travis lotste mich abermals vom Haus in den Wald, doch diesmal in die andere Richtung. Mit festem Schritt ging er vor mir zwischen den Bäumen hindurch, und kurz darauf standen wir an der Route 1.
    »Hier parkte der schwarze Chevrolet. Damals lag die Straße nicht so frei da, sondern war hinter Sträuchern versteckt.«
    »Woher wusste man, dass er diesen Weg eingeschlagen hatte?«
    »Es gab Blutspuren vom Haus bis hierher.«
    »Und der Wagen?«
    »Hatte sich in Luft aufgelöst. Wie ich dir schon erzählt habe: Ein Hilfssheriff, der auf der Straße als Verstärkung unterwegs war, hat ihn zufällig entdeckt. Es kam zu einer Verfolgungsjagd. Wir haben in der ganzen Gegend Straßensperren errichtet, aber er ist uns entwischt.«
    »Wie hat der Mörder es bloß geschafft, euch durch die Lappen zu gehen?«
    »Das wüsste ich auch gern. Ich muss dir gestehen, dass ich mir nach dreiunddreißig Jahren immer noch jede Menge Fragen zu diesem Fall stelle. Es vergeht kein Tag, an dem ich mich, wenn ich in mein Polizeiauto steige, nicht frage, was passiert wäre, wenn wir diesen beschissenen Chevrolet geschnappt hätten. Vielleicht hätten wir die Kleine retten können …«
    »Du glaubst also, dass sie sich in diesem Wagen befunden hat?«
    »Jetzt, wo wir ihre Leiche zwei Meilen von hier gefunden haben, gehe ich fest davon aus.«
    »Und du glaubst auch, dass Harry am Steuer von diesem schwarzen Chevrolet gesessen hat, oder?«
    Er hob die Schultern. »Sagen wir, angesichts der jüngsten Entwicklungen wüsste ich nicht, wer sonst.«
    Der frühere Polizeichef Gareth Pratt, den ich noch am selben Tag aufsuchte, schien in Bezug auf Harrys Täterschaft derselben Ansicht wie sein damaliger Assistent zu sein. Er empfing mich in Golfhosen auf seiner Vorderveranda. Seine Frau Amy brachte uns etwas zu trinken und tat dann so, als kümmerte sie sich um die Pflanzenkübel auf der Veranda, aber eigentlich lauschte sie unserer Unterhaltung. Allerdings machte sie daraus keinen Hehl, sondern kommentierte die Ausführungen ihres Mannes.
    »Ich habe Sie schon mal gesehen, oder?«, fragte Pratt.
    »Ja, ich war schon oft in Aurora.«
    »Das ist der nette junge Mann, der dieses Buch geschrieben hat«, klärte ihn seine Frau auf.
    »Sie sind doch nicht etwa der Typ, der dieses Buch geschrieben hat?«, wiederholte er.
    »Doch«, erwiderte ich. »Bin ich.«
    »Das habe ich dir doch gerade gesagt, Gareth«, schaltete sich Amy erneut ein.
    »Schätzchen, unterbrich uns bitte nicht dauernd. Das ist mein Besuch, danke! Also, Mr Goldman, was verschafft mir die Ehre?«
    »Offen gestanden, suche ich nach Antworten auf ein paar Fragen, die ich mir im Zusammenhang mit dem Mord an Nola Kellergan stelle. Ich habe mit Travis Dawn gesprochen, und er hat mir gesagt, dass Sie Harry schon damals im Verdacht hatten.«
    »Das stimmt.«
    »Weshalb?«
    »Ein paar Dinge haben uns diesen Floh ins Ohr gesetzt, allen voran

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