Die Wahrheit
im Gefängnis durch zahlreiche Gewalttätigkeiten aufgefallen sei. Er sei mit Hilfe seines Bruders entkommen, der ebenfalls als gefährlich gelte. Man benutzte die übliche Umschreibung: >Beide Männer sind bewaffnet und äußerst gefährlich. < Was im Klartext hieß, daß niemand überrascht sein oder Fragen stellen sollte, wenn die Behörden ihre Leichen anschleppten.
»Ein paarmal«, erwiderte Rufus. »Sie suchen im Süden, wie du gesagt hast.«
Dann kamen die Nachmittagsnachrichten im Radio. Die ersten beiden Meldungen interessierten die Brüder nicht. Die dritte war soeben hereingekommen und ließ Josh und Rufus auf das Radio starren. Josh drehte die Lautstärke höher. Der Bericht dauerte nur etwa eine Minute, und als der Sprecher endete, schaltete Josh das Radio aus. »Rider und seine Frau«, sagte er.
»Sie haben es so aussehen lassen, als hätte er sie umgebracht und dann die Waffe gegen sich selbst gerichtet«, fügte Rufus hinzu und schüttelte ungläubig den Kopf. »Zwei Personen besuchen mich, und jetzt sind beide tot.«
Josh schaute zu seinem Bruder hinüber. Er wußte genau, was Rufus dachte. »Du kannst sie nicht zurückholen, Rufus. Du kannst keinen von ihnen zurückbringen.«
»Es ist meine Schuld, daß sie tot sind. Weil sie versucht haben, mir zu helfen. Und Riders Frau . sie hat von alledem doch gar nichts gewußt.«
»Du hast den kleinen Fiske nicht darum gebeten, daß er dich im Gefängnis besucht.«
»Aber ich habe Samuel darum gebeten. Gäb’s mich nicht, würde er noch leben.«
»Er war es dir schuldig, Rufus. Was glaubst du denn, weshalb er überhaupt gekommen ist? Er hatte ein schlechtes Gewissen. Er wußte, daß er sich damals nicht entschlossen genug für dich eingesetzt hat. Und das wollte er gutmachen.«
»Das ändert nichts daran, daß er tot ist. Wegen mir.«
»Selbst wenn du’s so sieht, kannst du’s nicht ändern.«
Rufus schaute ihn an. »Ich kann dafür sorgen, daß ihr Tod nicht umsonst war. Diese Leute haben mir den größten Teil meines Lebens gestohlen. Und jetzt haben sie Rider und die anderen umgebracht. Du sagst, in Mexiko wären wir sicher. Das stimmt nicht. Die werden nie aufhören, nach uns zu suchen. Vic Tremaine ist völlig verrückt. Du mußt dem Mann nur in die Augen schauen, dann weißt du’s. Der alte Vic Tremaine hat all die Jahre versucht, mich zu erledigen. Wahrscheinlich glaubt er, daß jetzt seine Chance gekommen ist. Er wird uns beide mit Blei vollpumpen.«
»Wenn die Army uns eher findet als die Polizei, werden die Jungs auf jeden Fall schießen, bis ihre Magazine leer sind«, gab Josh ihm recht. Er zog eine Schachtel Pall Mall hervor, steckte sich eine an und blies den Rauch durchs Zimmer. »Tja, ich kann aber auch verdammt gut mit der Waffe umgehen. Den Brüdern muß klar sein, daß ihnen ein höllischer Kampf bevorsteht.«
Rufus schüttelte starrsinnig den Kopf. »Wer so etwas getan hat wie diese Leute, sollte nicht davonkommen.«
Josh schnippte Zigarettenasche auf den Boden und schaute ihn an. »Und was genau hast du vor? Willst du bei der Polizei reinschneien und sagen: >Hört mal, Jungs, ich muß euch ’ne wilde Geschichte über mächtige weiße Männer erzählen. Und dann helft gefälligst ’nem Nigger wie mir, diese Typen hinter Gitter zu bringen« Josh nahm die Zigarette aus dem Mund und spuckte auf den Boden. »Scheiße, Rufus.«
»Ich muß an diesen Brief von der Army herankommen.«
»Wo hast du ihn denn gelassen?«
»Ich hab’ ihn in meiner Zelle versteckt.«
»Tja, in den Knast gehen wir nicht zurück. Wenn du das versuchst, erschieße ich dich eigenhändig.«
»Ich gehe nicht nach Fort Jackson zurück.«
»Was hast du dann vor?« »Samuel war Anwalt. Anwälte machen Kopien von Briefen.«
Josh runzelte die Stirn. »Du willst in Samuel Riders Büro einbrechen?«
»Wir müssen es versuchen, Josh.«
Josh rauchte seine Pall Mall bis zum Filter, bevor er antwortete. »Ich muß gar nichts, Rufus. Die ganze verdammte United States Army sucht sich den Arsch nach dir ab. Und auch nach mir. Und so wie du gebaut bist, würdest du sogar im YankeeStadion auffallen. Zum Teufel, im Vergleich zu dir sieht George Foreman wie ’n verschrumpelter Zwerg aus.«
»Wir müssen es trotzdem versuchen, Josh. Zumindest ich muß es versuchen. Wenn ich diesen Brief in die Hände bekomme, kann ich ihn vielleicht jemandem geben, der mir helfen wird. Der vielleicht noch einen Brief an das Gericht schreibt.«
»Na, toll. Sieh dir doch an, was
Weitere Kostenlose Bücher