Die Wahrheit
Vielleicht hat Michael Fiske tatsächlich einen Antrag an sich genommen. Na und? John Fiske bringt ihn um, weil er das Geld kassieren will, und nutzt diesen verschwundenen Antrag als Ablenkung, um Evans und alle anderen hereinzulegen.«
»Na ja, ich lasse in meiner Wachsamkeit jedenfalls nicht nach, bis wir es genau wissen«, sagte Dellasandro. »Ich bin für die Sicherheit der Leute in diesem Gebäude verantwortlich, und wir haben bereits zwei von ihnen verloren.« Er sah McKenna an. »Hoffentlich wissen Sie, was Sie wegen Fiske tun.«
»Ich weiß ganz genau, was ich tue.«
Sara wartete in der Tiefgarage auf Fiske. Kurz und knapp erklärte sie ihm, was geschehen war.
»Sara, ich hatte gehofft, ich müßte es dir nie sagen, aber Chandler hat mich neulich in die Ecke gedrängt. Und weil ich etwas gesagt habe, haben sie dich jetzt rausgeworfen.«
Sara stellte die Einkaufstüte in den Kofferraum ihres Wagens. »Ich bin schon groß. Ich bin selbst für das verantwortlich, was ich tue.«
Fiske lehnte sich gegen den Wagen. »Vielleicht kann ich mit
Ramsey und Richterin Knight sprechen, ihnen alles erklären?«
»Wie denn? Was sie mir vorwerfen, habe ich getan.« Sara schlug den Kofferraumdeckel zu und trat zu ihm. »Sie haben dich bestimmt auf deine Waffe angesprochen?«
Fiske nickte. »McKenna verlangt, daß ich die Waffe untersuchen lasse. Er läßt mich von einer bewaffneten Eskorte in mein Büro begleiten.« Er sah sie scharf an. »Was hast du jetzt vor?«
»Das weiß ich noch nicht. Jedenfalls habe ich plötzlich jede Menge Freizeit. Ich werde versuchen, etwas über Tremaine und Rayfield herauszufinden.«
»Bist du sicher? Willst du mir wirklich noch helfen?«
»Dann hätte ich meine Karriere zumindest nicht völlig umsonst ruiniert. Was ist mit dir?«
»Ich habe in dieser Angelegenheit keine Wahl.« Er sah auf seine Uhr. »Wie wäre es, wenn ich gegen sieben bei dir bin?«
»Ein Abendessen kriege ich bestimmt noch hin. Ich kaufe etwas Leckeres und eine gute Flasche Wein. Vielleicht packt mich tatsächlich der Ehrgeiz, und ich wische noch Staub. Wir können meinen letzten Tag bei Gericht feiern. Vielleicht noch mal segeln.« Sie hielt inne und berührte seinen Arm. »Und den Tag ausklingen lassen wie beim letztenmal?«
»Wenn du willst, packe ich ein paar Sachen und bleibe bei dir. Ich weiß, wie du dich fühlen mußt.«
»Aber was ist mit Chandler und McKenna?«
»Ich muß nicht springen, wenn sie pfeifen.«
»Wenn du nicht springst, wird McKenna wohl versuchen, dich auf den elektrischen Stuhl zu bringen. Außerdem . um dir die Wahrheit zu sagen, ich fühle mich wirklich gut.«
»Bestimmt?«
»Ja, John, aber trotzdem vielen Dank.« Sie streichelte sein Gesicht. »Diese Nacht kannst du bei mir bleiben.«
Sara sah Fiske nach und wollte in ihren Wagen steigen, als sie merkte, daß sie die Handtasche mit den Autoschlüsseln in der Tüte im Kofferraum liegengelassen hatte. Sie öffnete den Kofferraum wieder und griff in die Tüte, um die Tasche herauszuholen. Dabei fiel ihr Blick auf das Foto, das ganz oben lag. Sie hatte es aus Michael Fiskes Büro mitgenommen, bevor die Polizei es durchsucht hatte. Plötzlich kam ihr in den Sinn, daß sie etwas sehr Wichtiges erledigen mußte. Sie stieg in den Wagen und fuhr aus der Garage.
Sie war gerade als Mitarbeiterin des Obersten Gerichtshofs entlassen worden. Seltsamerweise verspürte sie nicht den Drang, in Tränen auszubrechen oder den Kopf in den Gasofen zu legen. Vielmehr war ihr jetzt nach einer Spazierfahrt. Nach Richmond. Sie mußte mit jemandem sprechen, und der heutige Tag war dazu so gut geeignet wie jeder andere.
Als sie an der mit Säulen geschmückten Fassade ihrer alten Arbeitsstätte vorbeifuhr, brach eine gewaltige Welle der Erleichterung über ihr zusammen. Das Gefühl stellte sich so plötzlich ein, daß sie kaum noch Luft bekam. Dann erholte sie sich langsam wieder. Sie fuhr die Independence Avenue entlang und schaute nicht zurück.
KAPITEL 51
Fiske eilte zum Büro von Elizabeth Knight und wurde zu seiner Überraschung eingelassen. Die Richterin saß hinter ihrem Schreibtisch. Ramsey war noch dort, saß zusammengesunken in einem Sessel. Als Fiske eintrat, erhob er sich schnell.
»Ich will Ihnen nur sagen, daß Sara lediglich versucht hat, meinen Bruder zu schützen«, ergriff er das Wort, bevor die anderen ihn daran hindern konnten. »Und jetzt will sie mir lediglich helfen, seinen Mörder zu entlarven.«
»Sind Sie sicher, daß Sie
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