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Die Wahrheit

Die Wahrheit

Titel: Die Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baldacci
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heftiger wurde, würde er den Fluß stark anschwellen lassen. Fiske und sein Bruder waren oft mit einem Boot den Fluß hinuntergefahren oder hatten sich an heißen Sommertagen gemächlich auf Flößen stromab treiben lassen, die sie sich aus Schläuchen von Lastwagenreifen gebastelt hatten. Das war schon Jahre her. Heutzutage kam Fiske dem Wasser nicht mehr näher als bis zu dieser Stelle. Mit der Freizeit war es vorbei. In seiner verkürzten Lebensspanne war kein Platz mehr dafür.
    Aber ihm gefiel, was er tat, jedenfalls zum größten Teil. Es war nicht das Leben eines Superanwalts am Obersten Gerichtshof, wie sein Bruder es führte, aber er war stolz auf seinen Job und darauf, wie er ihn erledigte. Er würde nicht als reicher Mann sterben, und er würde keinen großen Namen hinterlassen, doch er glaubte fest daran, daß er halbwegs zufrieden sterben würde, weil er Erfüllung gefunden hatte.
    Er wandte sich wieder seiner Arbeit zu.

KAPITEL 4
    Wie ein brütender Falke kauerte Fort Jackson in der trostlosen Landschaft des südwestlichen Virginia, etwa gleich weit von den Grenzen zu Tennessee, Kentucky und West Virginia entfernt, inmitten eines abgelegenen Gebiets, in dem Kohlenbergbau betrieben wurde. Es gab nur wenige eigenständige Militärgefängnisse in den Vereinigten Staaten, falls überhaupt; normalerweise waren sie militärischen Einrichtungen angeschlossen, was einerseits auf die Tradition zurückzuführen war, andererseits auf die Einschränkungen des Verteidigungsetats. Fort Jackson war zwar auch ein Militärstützpunkt; dennoch würde das Gefängnis stets das alles beherrschende Gebäude sein. Es war ein Gefängnis, in dem die gefährlichsten Straftäter der United States Army leise den Countdown ihres Lebens zählten.
    Noch nie war jemandem die Flucht aus Fort Jackson gelungen, und selbst wenn ein Insasse ohne Hilfe eines Gerichtsbeschlusses die Freiheit erlangen sollte - sie würde sinnlos und kurzlebig sein. Die Landschaft um Fort Jackson herum war ein viel gefährlicheres Gefängnis als das Fort selbst: schroffe, vom Tagebau zerklüftete Berge, trügerische, plötzlich und steil abfallende Straßen und dichte, tückische Wälder, in denen es nur so wimmelte von Mokassin- und Klapperschlangen, deren noch aggressivere Cousine, die Wassermokassinschlange, an den umweltverpesteten Wasserstraßen lauerte und nur darauf wartete, daß in Panik geratene Füße durch ihr Revier patschten. Und die kantigen, knorrigen Einheimischen dieses vergessenen »Zehs« von Virginia - menschliche Gegenstücke zu Stacheldraht - waren sehr erfahren im Umgang mit Gewehr und Messer und schreckten nicht davor zurück, beides zu benutzen. Und doch lag in den sanften Hügeln dieses Landes, in den weiten Wäldern, den Sträuchern und Blumen, dem Geruch einer urtümlichen, unverfälschten Flora und Fauna und in der Stille der Meerestiefen eine erhabene Schönheit.
    Anwalt Samuel Rider fuhr durch das Haupttor des Forts, bekam seinen Besucherausweis und stellte den Wagen auf dem Besucherparkplatz ab. Nervös ging er zum Eingang des Gefängnisses mit seinen klobigen Steinmauern; sein Aktenkoffer schlug leicht gegen den blauen Stoff seiner Hose. Zwanzig Minuten lang mußte er die Sicherheitsüberprüfungen über sich ergehen lassen, die damit begannen, daß er sich ausweisen mußte; dann wurde überprüft, ob er auf der Besucherliste stand, er wurde abgetastet und mußte durch einen Metalldetektor gehen, und schließlich durchsuchte man seinen Aktenkoffer. Die Wächter beäugten mißtrauisch das kleine Transistorradio, doch nachdem sie sich davon überzeugt hatten, daß es keine Konterbande enthielt, durfte Rider es behalten. Man las ihm die Vorschriften für Besucher vor, und er mußte nach jedem einzelnen Absatz laut und deutlich erklären, daß er ihn verstanden hatte. Rider wußte, daß die höfliche Fassade der Wächter sehr schnell zerbröckeln würde, sollte er auch nur gegen eine dieser Vorschriften verstoßen.
    Er schaute sich um, konnte seine Furcht und die schier überwältigende Nervosität jedoch nicht abschütteln. Es war, als sei es dem Architekten des Gefängnisses gelungen, zusammen mit Stein und Mörtel auch Angst und Schrecken zu vermauern. Riders Magen verkrampfte sich, und seine Handflächen waren schweißnaß, als wollte er angesichts eines bevorstehenden Hurrikans in eine zwanzigsitzige Propellermaschine steigen. Er war zwar während des Vietnamkriegs beim Militär gewesen, hatte das Land aber nie verlassen, an

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