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Die Wahrheit

Die Wahrheit

Titel: Die Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baldacci
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die nun eindeutig enthüllt worden war. Diese Information hätte vor gut fünfundzwanzig Jahren, als das Mädchen ermordet worden war, in Harms’ Militärakte stehen müssen; aber das war nicht der Fall gewesen. Mit dieser Information hätte Rider damals eine plausible, schlüssige Verteidigung aufbauen können. Harms’ Militärakte war manipuliert worden, und nun kannten sie beide den Grund dafür.
    Harms wollte seine Freiheit zurück, wollte seinen Namen reinwaschen - und beides vor dem höchsten Gericht des Landes. Und Rufus Harms weigerte sich, die Aussicht auf Freiheit in die Hände des Militärs zu legen. Das hatte er Rider gesagt, während die Country-Musik seine Worte übertönt hatte. Wer konnte ihm seine Wünsche verdenken?
    Rufus hatte das Recht auf seiner Seite. Man sollte ihn anhören, und man sollte ihn freilassen. Man sollte etwas für ihn unternehmen. Doch Rider blieb regungslos auf seiner Couch mit dem abgewetzten Leder liegen. Der Grund dafür war Furcht. Ein viel intensiveres und bohrenderes Gefühl - so schien es - als jedes andere. Rider hatte die Absicht, in ein paar Jahren in den Ruhestand zu gehen und die Eigentumswohnung an der Golfküste zu beziehen, die er und seine Frau sich bereits ausgesucht hatten. Ihre Kinder waren erwachsen. Rider war der eisig kalten Winter überdrüssig, die sich in den Tälern dieser Gegend festsetzten; er war es leid, immer neuen Fällen hinterherzujagen und sein Berufsleben gewissenhaft im Viertelstundentakt zu protokollieren. Doch so verlockend die Aussicht auf den Ruhestand auch war - sie reichte nicht aus, Rider davon abzuhalten, seinem alten Mandanten zu helfen. Einige Dinge waren richtig, und einige falsch.
    Rider erhob sich von der Couch und setzte sich an seinen Schreibtisch. Anfangs war er der Meinung gewesen, Rufus am einfachsten helfen zu können, indem er dessen Informationen an eine der großen Zeitungen schickte und dann der Macht der Presse die Arbeit überließ. Aber es war durchaus vorstellbar, daß die Zeitung den Brief als den eines Irren abtat und in den nächsten Papierkorb warf oder die Sache auf eine Art und Weise vermasselte, daß sie Rufus in Gefahr brachte. Doch in Wahrheit wollte Rider sich der Sache aus einem anderen, ganz einfachen Grund selbst annehmen: Rufus Harms war sein Mandant und hatte seinen Anwalt gebeten, seine Berufung beim Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten einzubringen. Punktum. Und genau das würde Rider tun. Er hatte Rufus schon einmal im Stich gelassen; das würde ihm kein zweites Mal passieren. Dem Mann mußte dringend ein bißchen Gerechtigkeit zuteil werden - und gab es einen besseren Ort dafür als das höchste Gericht im Land? Wenn man dort keine Gerechtigkeit bekommt, wo dann, fragte Rider sich.
    Als er ein Blatt Papier aus der Schreibtischschublade nahm, ließ das Sonnenlicht, das durchs Fenster fiel, seine viereckigen goldenen Manschettenknöpfe funkeln und erfüllte das Büro mit dünnen hellen Lichtbahnen. Rider zog seine alte Schreibmaschine heran, die er aus Gründen der Nostalgie behalten hatte. Er wußte nicht, welche formellen Anforderungen er beim Einreichen eines Antrags an den Obersten Gerichtshofbeachten mußte, ging aber davon aus, daß er gegen die meisten verstoßen würde. Aber das störte ihn nicht. Er wollte endlich seine Geschichte loswerden - sich von ihr befreien.
    Als er das Schreiben aufgesetzt hatte, wollte er es zusammen mit Harms’ Brief und dem Schreiben der Army in einen Umschlag stecken. Dann überlegte er es sich anders. Die Paranoia, die sich in dreißig Jahren Berufserfahrung entwickelt hatte, schwappte über ihm zusammen wie ein Schwall Eiswasser. Er ging in den kleinen Büroraum ganz hinten in seiner Kanzlei-Suite. Dort machte er Fotokopien von Harms’ Briefen, dem handschriftlichen und dem getippten. Seine Furcht und sein Unbehagen trieben ihn dazu, den Brief der Army erst einmal zu behalten. Wenn die Story Auswirkungen zeigte, konnte er ihn immer noch an die Öffentlichkeit bringen, ebenfalls anonym. Er versteckte die Kopien in einer Schreibtischschublade und schloß sie ab. Die Vorlagen schob er in den Umschlag. In seinem juristischen Adreßbuch schlug er die Anschrift des Obersten Gerichts nach, dann tippte er einen Adressenaufkleber, schrieb aber keinen Absender auf den Umschlag. Als er fertig war, setzte er den Hut auf, zog den Mantel an und ging zum Postamt an der Ecke.
    Bevor er es sich anders überlegen konnte, füllte er das Formular für einen

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