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Die Wahrheit

Die Wahrheit

Titel: Die Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baldacci
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deren Radioantennen Miniaturflaggen der Konföderierten flatterten und auf deren Gestellen in den Rückfenstern Schrotflinten und Jagdgewehre lagen. Als er sich dem Militärgefängnis näherte, wurden die verkniffenen, wettergegerbten Gesichter der wenigen Menschen, die er sah, immer unfreundlicher, und ihre Augen waren von einem ständigen, unveränderlichen Argwohn erfüllt.
    Als Michael eine Felsnase umrundete, erhob sich vor ihm plötzlich die Haftanstalt. Die steinernen Wände waren dick, hoch und weitläufig, wie eine mittelalterliche Burg, die man auf dieses elende Fleckchen steinigen Bodens versetzt hatte. Er fragte sich kurz, ob die Steine von den Häftlingen selbst herbeigeschleppt worden waren und sie damit ihre eigenen Gräber hatten errichten müssen.
    Er erhielt seinen Besucherausweis, fuhr durch das Haupttor und wurde dann zum Besucherparkplatz des Gefängnisses weitergeleitet. Dem Wachtposten am Eingang erklärte Michael den Grund für seinen Besuch.
    »Sie stehen nicht auf der Besucherliste«, sagte der junge Soldat. Er musterte Michaels dunkelblauen Anzug und die intelligenten Gesichtszüge voller Verachtung. Ein reicher, schnieker Klugscheißer aus der Stadt, konnte Michael in den Augen des Mannes lesen.
    »Ich habe mehrmals angerufen, konnte aber niemanden erreichen, der mir gesagt hätte, wie man auf die Liste gesetzt wird.«
    »Das hängt vom Häftling ab. Ganz allgemein gesagt ... wenn er Sie sehen will, sehen Sie ihn. Wenn nicht, dann nicht.« Ein schiefes Grinsen legte sich auf sein Gesicht. »Das ist das einzige, was die Burschen zu sagen haben.«
    »Wenn Sie ihm sagen, daß ein Anwalt ihn sprechen möchte, wird er mich bestimmt auf die Besucherliste setzen.«
    »Sie sind sein Anwalt?«
    »Ich habe im Augenblick mit einem Berufungsantrag von ihm zu tun«, sagte Michael ausweichend.
    Der Wachtposten schaute in sein Hauptbuch. »Rufus Harms«, sagte er, offensichtlich verwirrt. »Der sitzt schon länger hier, als ich lebe. Was für einen Berufungsantrag kann so einer wie der denn nach all dieser Zeit noch stellen?«
    »Ich bin nicht befugt, darüber zu sprechen«, sagte Michael. »Meine Arbeit fällt unter die Schweigepflicht und ist absolut vertraulich.«
    »Weiß ich. Halten Sie mich für blöd?«
    »Keineswegs.«
    »Wenn ich Sie hereinlasse, und es stellt sich raus, ich hätte es nicht gedurft, macht man mir die Hölle heiß.«
    »Nun ja, wie wär’s, wenn Sie bei Ihrem Vorgesetzten nachfragen? Dann ist es nicht Ihre Entscheidung, und Sie kriegen keinen Ärger.«
    Der Wachtposten griff nach seinem Telefon. »Das hatte ich sowieso vor«, sagte er in sehr unfreundlichem Tonfall.
    Der Mann telefonierte ein paar Minuten lang und legte dann auf. »Es kommt jemand runter.«
    Michael nickte.
    »Woher kommen Sie?« fragte der Soldat.
    »Aus Washington, D.C.«
    »Wieviel verdient so einer wie Sie?« Ganz klar, welche Summe Michael jetzt auch nannte, sie wäre zu hoch gewesen.
    Er sah, daß sich ein uniformierter Soldat näherte, und atmete tief ein. »Eigentlich nicht mal annähernd genug.«
    Der junge Wachtposten stand schnell auf und bedachte seinen vorgesetzten Offizier mit einem militärischen Gruß. Der Offizier wandte sich Michael zu. »Bitte, kommen Sie mit, Mr. Fiske.« Der Mann war in den Fünfzigern, schlank, hatte ein ruhiges, aber energisches Auftreten und kurzgeschnittenes graues Haar, das dazu beitrug, ihn auf den ersten Blick als Berufsoffizier einzustufen.
    Michael folgte dem präzise ausschreitenden Mann über den Gang in ein kleines Büro. Dann erklärte er ihm fünf Minuten lang genau, was ihn hierhergeführt hatte, ohne irgendwelche bedeutenden Informationen preiszugeben. Das Juristen-Fachchinesisch half Michael, um den heißen Brei zu reden.
    »Wenn Sie Mr. Harms sagen, daß ich hier bin, wird er mich empfangen.«
    Der Mann drehte einen Kugelschreiber zwischen den Fingern und hielt den Blick der toten Augen auf sein Gegenüber gerichtet. »Das ist ziemlich verwirrend. Rufus Harms hat vor kurzem Besuch von seinem Anwalt bekommen. Und das waren nicht Sie.«
    »Ach ja? Hieß der Anwalt Samuel Rider?« Der Offizier antwortete nicht, doch das kurze Aufblitzen von Erstaunen auf seinem Gesicht ließ Michael innerlich lächeln. Seine Ahnung hatte sich als richtig erwiesen. Harms ehemaliger Militäranwalt hatte die beiliegende maschinengeschriebene Seite verfaßt. »Man kann mehr als nur einen Anwalt haben, Sir.«
    »Nicht jemand wie Rufus Harms. Er hat in den letzten fünfundzwanzig

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