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Die Wall Street ist auch nur eine Straße

Die Wall Street ist auch nur eine Straße

Titel: Die Wall Street ist auch nur eine Straße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Rogers
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hat solche versteckten Zahlungsverpflichtungen in Millionenhöhe.
    Einige Leute, die Finanzabteilungen von Universitäten leiten, sind nicht gerade Intelligenzbestien. Das gilt auch für viele Pensionsfonds. Viele staatliche und kommunale Pensionsfonds sind pleite. In der nächsten Baisse, wann immer sie kommt (und sie wird wahrscheinlich recht bald kommen), wird sich diese Entwicklung fortsetzen. Es wird ein enormer Schock für die Welt sein, wenn die Universitäten Harvard, Princeton oder Stanford pleitegehen; wenn diese Institutionen, die seit Jahrzehnten, in manchen Fällen seit Jahrhunderten bestehen, plötzlich verstehen, wie schlecht ihre finanzielle Lage ist.
    Als 2008 und 2009 der große Zusammenbruch kam, mussten viele von ihnen ihre Ausgaben kürzen. Traditionell verwenden sie einen bestimmten Prozentsatz des Stiftungskapitals, sagen wir 5 Prozent, zur Finanzierung des Universitätsbetriebs. Aber aufgrund des Zusammenbruchs ist das Stiftungskapital plötzlich nicht mehr 40, sondern nur noch 24 Millionen Dollar wert, und nun suchen sie nach Einsparmöglichkeiten. Aber sie haben das Minimum ihrer Ausgaben ja bereits erhöht. Sie haben dauerhafte Verbindlichkeiten in die Bilanz aufgenommen, was ihre Probleme verschärft, und nun verschulden sie sich weiter, weil sie glauben, der Markt werde eine Trendwende vollziehen. Sie sagen sich: Wir haben kluge Manager, die uns versichern, dass alles gut werden wird.
    Wir haben so etwas schon oft gesehen. Es entwickelt sich eine Abwärtsspirale, und wenn die Leute das allmählich bemerken, ist es meist schon zu spät – so wie es bei Lehman Brothers und Bear Stearns war. Natürlich bietet das auch Vorteile. Vielleicht werden wir auf diese Weise endlich die lebenslangen Jobgarantien los. Und die asiatischen Universitäten, die diese Probleme noch nicht haben – gigantische Gehälter, gigantische Verpflichtungen gegenüber den Gewerkschaften, lebenslange Zahlungsgarantien –, werden an Bedeutung gewinnen.
    Allerdings wird einer der wichtigsten Aspekte der amerikanischen Universitätsausbildung sogar das Platzen der gegenwärtigen Blase überleben: die Erfahrung, das Elternhaus zu verlassen und zusammen mit Hunderten oder Tausenden anderen 18- bis 20-Jährigen zu leben und zu lernen. Sportteams, Diskussionsklubs, gemeinschaftliche Veranstaltungen – all dies wird es weiterhin geben, selbst wenn sich ein großer Teil des akademischen Lebens via Computer im Studentenzimmer abspielt. Sogar Hörsäle könnten überleben, wobei die Vorlesungen via Satellit übertragen werden. Die Bibliotheken werden verschwinden oder man wird sie zu Tennisplätzen umbauen.
    Die »kreative Zerstörung«, verursacht durch den technischen Fortschritt in Kombination mit einer absurden, unhaltbaren Kostenstruktur wird den Aufstieg neuer Zentren und Möglichkeiten des Lernens fördern – so wie es in der Geschichte schon immer war. Keiner von uns erinnert sich an die Namen der Universitäten, die früher die wichtigsten der Welt waren, in Marokko, Timbuktu, Portugal, Italien, Asien … die Aufzählung ließe sich beliebig fortsetzen.
    WÄHREND MEINER LEHRTÄTIGKEIT an der Columbia University erhielt ich von der chinesischen Regierung die Erlaubnis für eine Motorradtour durch das Reich der Mitte. Diese Reise unternahm ich 1988. Das TV-Network PBS dokumentierte sie als Teil der Serie Travels in einer Episode mit dem Titel »The Long Ride«. Kurz darauf fuhr ich 5000 Meilen durch Indien und Pakistan.
    Als ich nach diesem dreimonatigen Abenteuer wieder nach Hause kam, kam der Dekan der Columbia Business School auf mich zu: »Wir haben ein Angebot für Sie.«
    Er beschrieb dieses Angebot als spektakulär und meinte, ich könne es unmöglich ablehnen. Ich hatte keine Ahnung, was Columbia mir bieten könnte, das von irgendwelchem Interesse für mich wäre.
    Er sagte: »Wir ernennen Sie zum ordentlichen Professor.«
    In Morningside Heights und auf jedem Campus eines Colleges war das eine sehr bedeutende Sache. Um eine ordentliche Professur zu erhalten, studieren, mauscheln und kämpfen Akademiker während ihrer gesamten Karriere. Ich erinnerte mich an eine Bemerkung, die im Laufe der Jahre viele Leute gemacht hatten, bis zurück zu Woodrow Wilson. Seit den 1970er-Jahren bezeichnet man sie (nach dem Politikwissenschaftler Wallace Stanley Sayre) als Sayres Gesetz: »Die akademische Politik ist so verdorben, weil die Hindernisse so niedrig sind.«
    Ich nahm die Stellung an, stand der Universität aber nur

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