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Die Wall Street ist auch nur eine Straße

Die Wall Street ist auch nur eine Straße

Titel: Die Wall Street ist auch nur eine Straße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Rogers
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viertgrößten Unternehmen der USA. Auf Druck des Kongresses wurde Dubai Ports World 2006 gezwungen, seine frisch erworbenen Anteile an amerikanischen Häfen an eine Abteilung des US-Versicherungsriesen AIG zu verkaufen – obwohl Dubai einer der treuesten Verbündeten Amerikas ist (ein Teil der US-Flotte ist dort stationiert). Die Politiker beriefen sich lautstark auf die nationale Sicherheit, aber die Einschränkung des Handels zugunsten ihrer Wähler war der wahre Grund dieser Maßnahmen.
    Wir verhielten uns gegenüber den Chinesen so, wir verhielten uns gegenüber unserem wichtigen Verbündeten Vereinigte Arabische Emirate so, und schon bald folgten uns andere Länder wie Frankreich und Brasilien auf diesem Weg. Sie rechtfertigten sich durch den Hinweis auf unsere Bereitschaft zu protektionistischen Maßnahmen. Als Brasilien Einfuhrzölle auf aus China importierte Autos erhob, verwies das Land auf die ständigen Drohungen des Kongresses, den Chinesen Zölle aufzuerlegen – während sich die Politiker in den USA wegen Chinas Währungsmanipulationen zornig auf die Brust schlugen. International herrscht die Auffassung vor: Wenn Amerika etwas tun kann, dann können wir das auch. Die Welt flirtet mit der Philosophie des »Ruiniere deinen Nachbarn«, die seinerzeit die Weltwirtschaftskrise verschärft hat.
    Der Aktiencrash von 1929 führte einige reiche Leute in die Pleite. Vor allem solche, die während der vorherigen Blase investiert hatten, aber nur wenige Amerikaner waren direkt vom Platzen dieser Blase betroffen. So dramatisch der Crash auch war – er war es nicht, der die Depression zur Großen Depression machte. Natürlich wäre der folgende konjunkturelle Rückgang ein wenig schlimmer gewesen als sonst – damals konnten Banken Aktien kaufen, und infolge der Börsenmanie gerieten im ganzen Land viele kleine Banken in Schwierigkeiten. Der Smoot-Hawley Tariff Act, ein 1930 in Kraft getretenes Gesetz zur Errichtung von Zollschranken, und die anschließenden Vergeltungsmaßnahmen unserer Handelspartner, ebenfalls in Form von Zöllen, machten eine starke Rezession erst zur Großen Depression.
    Im Moment führen wir keinen direkten Handelskrieg, aber wir bewegen uns mit kleinen Schritten in diese Richtung. Wachsender Protektionismus zeigt sich in Einschränkungen des freien Kapitalverkehrs. Nennen wir das mal »Ruiniere die Währung deines Nachbarn«. Wenn Menschen Sicherheit und hohe Renditen für ihr Geld suchen, sollten sie es investieren können, wo immer sie wollen. Die Behinderung des Kapitalverkehrs über Grenzen hinweg führt zu schlechten Investitionen und schadet der Wirtschaft eines Landes.
    Wenn die Wirtschaft eines Landes Probleme hat – wenn sie zum Beispiel ein Handelsbilanzdefizit aufweist und die Verschuldung steigt – und wenn folglich die Währung an Wert verliert, weil jeder erkennt, dass es der Wirtschaft schlecht geht, haben es Politiker im gesamten Verlauf der Menschheitsgeschichte schon immer verstanden, die Situation noch zu verschlimmern, indem sie Devisenkontrollen einführten. Sie liefen zur Presse und sagten: »Hört, all Ihr gottesfürchtigen Amerikaner, Deutsche, Russen und wer auch immer Ihr seid: Wir haben ein vorübergehendes Problem am Finanzmarkt, verursacht von diesen bösen Spekulanten, die den Wert unserer Währung nach unten drücken. Es gibt keine Probleme mit unserer Währung; wir sind ein starkes Land mit einer gesunden Wirtschaft, und ohne diese Spekulanten wäre alles in Ordnung.«
    Die Politiker lenken die Aufmerksamkeit von den wahren Ursachen des Problems ab, nämlich von ihrer eigenen Unfähigkeit, die Wirtschaft zu managen, und suchen nach drei Gruppen von Menschen, denen man die Schuld für die bedauerliche Situation in die Schuhe schieben kann. Nach den Spekulanten kommen die Banker und die Ausländer. Die Banker mag sowieso niemand; noch nicht einmal in guten Zeiten. In schlechten Zeiten mag man sie noch weniger, weil jeder meint, sie seien reich und würden durch die schlechte Entwicklung der Dinge noch reicher. Ausländer sind ebenfalls eine leichte Zielscheibe, weil sie kein Wahlrecht haben. Sie können bei nationalen Fragen nicht mitreden – und erinnern Sie sich daran: Ihr Essen riecht komisch. Politiker beschuldigen sogar Journalisten: Würden sie nicht schreiben, dass unsere Wirtschaft abrutscht, dann wäre sie nicht am Abrutschen. Daher, so erklären die Politiker, werden wir vorübergehende Maßnahmen ergreifen. Um dem Wertverlust unserer Währung

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