Die Wand
der Hütte geweht. Ich zog den Schlafrock an, schloß die Tür und fing an einzuheizen. Es ging sehr langsam, aber endlich brannte doch ein stilles Feuer, und Luchs warf mich fast um und schrie vor Freude. Jeden Augenblick konnte das Fieber mich wieder überfallen. Ich zog mich warm an und tappte in den Stall. Bella begrüßte mich klagend. Der Verdacht überfiel mich, daß ich zwei Tage im Fieber gelegen hatte. Ich molk das arme Tier und holte Heu und Wasser. Ich glaube, ich brauchte dazu eine Stunde, so schwach war ich. Ich mußte auch noch Stier versorgen, und es dämmerte schon, als ich mich zum Haus zurückschleppte. Dort war es inzwischen wenigstens warm geworden. Ich stellte für Luchs und die Katze Milch und Fleisch auf den Boden und trank selbst ein wenig Milch, die abscheulich schmeckte. Dann befestigte ich die Tür mit einer Schnur an der Bank, daß Luchs sie nur einen Spalt weit aufstoßen konnte. Etwas Besseres fiel mir nicht ein. Schon spürte ich das Fieber zurückkommen. Ich legte noch einmal nach, schluckte Tabletten und Kognak, und neue Schrecken schlugenüber mir zusammen. Etwas legte sich schwer auf mich, und plötzlich griffen sie von allen Seiten nach mir und wollten mich hinunterziehen, und ich wußte, das durfte nicht geschehen. Ich schlug um mich und schrie, oder glaubte zu schreien, und plötzlich waren sie alle weg, und das Bett blieb mit einem Ruck stehen. Eine Gestalt beugte sich über mich, und ich sah das Gesicht meines Mannes. Ich sah es sehr deutlich und fürchtete mich nicht mehr. Ich wußte, daß er tot war, und ich war froh, sein Gesicht noch einmal zu sehen, vertrautes, gutes Menschengesicht, das ich so oft berührt hatte. Ich streckte die Hand aus, und es löste sich auf. Man durfte es nicht anfassen. Eine Woge neuer Glut schlug über mir zusammen und riß mich mit sich. Als ich zu mir kam, stand die Dämmerung vor dem Fenster. Ich fühlte mich fieberfrei, matt und ausgehöhlt. Luchs lag auf dem kleinen Fellteppich, und die Katze schlief zwischen mir und der Wand. Sie erwachte, obwohl ich mich nicht bewegt hatte, streckte die Pfote aus und legte sie langsam und weitgespreizt auf meine Hand. Ich weiß nicht, ob sie wußte, daß ich krank war, aber sooft ich später aus dem Fieber erwachte, lag sie neben mir und sah mich an. Luchs winselte vor Freude, sobald ich zu ihm sprach.
Ich war nicht allein, und ich durfte sie nicht verlassen. Sie warteten so geduldig auf mich. Ich trank Milch mit Kognak und nahm Tabletten, und wenn ich mich fieberfrei fühlte, stand ich auf und kroch in den Stall, um Bella und Stier zu versorgen. Ich weiß nicht, wie oft ich das tat, denn immer, wenn ich in einen unruhigen Halbschlaf versank, träumte ich, ich ginge in den Stall, um Bella zu melken, und gleich darauf lag ich wieder im Bett und wußte, daß ich nicht im Stall gewesen war. Alles verwirrte sich auf unlösbare Weise. Aber es muß mir doch immer wieder einmal gelungen sein, wirklichaufzustehen und meine Arbeit zu tun, sonst hätten die Tiere meine Krankheit nicht so gut überstanden. Ich habe gar keine Ahnung, wie lange der Zustand anhielt, in dem ich nur so dahindämmerte. Mein Herz tanzte in großen Sprüngen in meiner Brust, und Luchs versuchte immer wieder, mich zu wecken. Endlich brachte er mich dazu, daß ich mich aufsetzte und um mich blickte.
Es war taghell und kalt und ich wußte, daß ich nicht länger krank war. Mein Kopf war wieder klar, und das Stechen in meiner Seite hatte aufgehört. Ich wußte, daß ich aufstehen mußte, aber ich brauchte lange, lange Zeit, um aus dem Bett zu kommen. Meine Uhr und mein Wecker waren stehengeblieben, und ich wußte weder Tag noch Stunde. Taumelnd vor Schwäche heizte ich ein, ging in den Stall und erlöste die brüllende Bella von ihrer Milchlast. Das Wasserschaff mußte ich im Schnee hinter mir herziehen, weil ich es nicht heben konnte, und als ich das Heu aus der Kammer holte, setzte ich mich dreimal auf der Stiege hin. Ich tat meine Arbeit und kam irgendwie nach einer, wie mir schien, endlosen Zeit ins Haus zurück, Luchs immer auf meinen Fersen, meine Hände leckend, mich schiebend, Besorgnis und Freude in den rotbraunen Augen. Dann fütterte ich ihn und die Katze, beide waren sehr hungrig, zwang mich, warme Milch zu trinken, und fiel auf mein Bett. Aber Luchs ließ mich nicht schlafen. Unter namenlosen Mühen mußte ich mich ausziehen und unter die Decke kriechen. Ich hörte das Feuer im Ofen knistern, und für einen verwirrten Herzschlag
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