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Die Wanderapothekerin 1-6

Die Wanderapothekerin 1-6

Titel: Die Wanderapothekerin 1-6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Ast ab und schnitt ihn zurecht. Für einen Augenblick dachte er an den Knüppelpeter, dessen bevorzugte Waffe so ein Prügel gewesen war. Nun war der Räuber zum Fraß für die Raben geworden. Bei dem Gedanken schauderte es ihn. Dann aber sagte er sich, dass die Tiere des Waldes bald genug zu fressen bekommen würden. Ein junger Mann und zwei Mädchen von etwa siebzehn, achtzehn Jahren würden den Bären und Wölfen gewiss gut schmecken.
    Schneidt kicherte bei dieser Vorstellung. Dabei erinnerte er sich daran, dass Klaras Begleiterin ein ausnehmend hübsches Ding war. Was hinderte ihn daran, sich ein wenig Spaß mit ihr zu gönnen, bevor er sie umbrachte? Für die ganze Aufregung hatte er eine Belohnung verdient, dachte er und freute sich auch darauf, sowohl Klaras wie auch Tobias’ Geld in den eigenen Beutel wandern zu lassen.

10.
    A ls die Dämmerung aufzog, begriff Alois Schneidt, dass seine Nichte an diesem Tag nicht mehr vorbeikommen würde. Die Nacht im Wald schreckte ihn nicht, aber er hatte Hunger und nichts Essbares bei sich. Als Trunk musste ihm das Wasser eines Baches reichen, der ein Stück weiter oben in den Fluss mündete. Verdrossen suchte er sich eine Stelle, von der aus er den Weg im Auge behalten konnte, zog seinen Rock wie eine Decke über sich und schlief nach kurzer Zeit ein.
    In der Nacht träumte er vom Gold seines Bruders, welches sich als so gewaltiger Schatz entpuppte, dass er ihn kaum zu tragen vermochte. Er überschüttete sein Weib und seine Tochter mit den kleinen, schüsselförmigen Münzen, bis sie nahezu darunter verschwanden. Während er noch mit beiden Armen im Gold zu wühlen glaubte, erwachte er und begriff zuerst nicht, was er hier im Wald zu suchen hatte. Erst nach einigen Augenblicken kehrte die Erinnerung zurück. Bevor er seine Hand auf den Schatz des Bruders legen konnte, musste er noch drei Menschen beseitigen. Dann würde ihn das Gold zu einem der wohlhabendsten Bürger von Schwarzburg-Rudolstadt machen.
    »Halt!«, sagte er sich. »Wenn ich dort bleibe, verlangt der Amtmann einen Anteil für den Fürsten, und den bin ich nicht bereit zu leisten. Da ist es besser, wenn ich die Heimat verlasse und mich an anderer Stelle als reicher Mann ansiedle.«
    Ein Geräusch ließ ihn verstummen. Alois Schneidt richtete sich auf, um zu sehen, ob seine Nichte kam. Es war jedoch nur ein Reh, das weiter vorne den Weg querte, um am Bach zu saufen.
    Verärgert über die Störung, griff Schneidt nach einem Tannenzapfen und warf ihn auf das Tier. Als es erschrocken das Weite suchte, lachte er hämisch. Dann dachte er daran, dass seine Nichte und ihre Begleiter um diese Zeit wohl bei der Morgensuppe sitzen würden, und sein Magen begann zu knurren.
    »Ich hätte mir wenigstens ein Stück Brot einstecken sollen«, murmelte er und betete, dass Klara nicht zu lange auf sich warten ließ. Da sie gewiss auch Mundvorrat mit sich führte, konnte er nach vollbrachter Tat seinen Hunger stillen.
    Während er zum Bach ging und ein wenig Wasser trank, dachte er an seinen Bruder. Der hätte nicht zu sterben brauchen, wenn er ihm einen Teil des Goldes abgetreten hätte. Aber Martin war stur geblieben. Sein Neffe hatte sich ebenfalls geweigert, ihm das Gold zu überlassen, und es mit seinem Leben bezahlt. Nun war Klara an der Reihe.
    Alois Schneidt wusste nicht, ob er die Toten bedauern sollte. Immerhin waren es seine Verwandten. Dann aber zuckte er mit den Achseln. Er war nicht schuld daran, dass es so gekommen war. Da sein Bruder das Gold nicht für sich selbst hatte nehmen wollen, hätte er es genauso gut ihm geben können. Gerold hätte den Schatz gewiss außer Landes gebracht und wäre von den Aufkäufern genauso übervorteilt worden wie er damals. Heute wusste er, dass er höchstens ein Viertel dessen erhalten hatte, was ihm zugestanden wäre. Dieses Wissen würde nun auch seiner Schwägerin und ihrer restlichen Brut zugutekommen, denn er konnte es sich nicht leisten, als reicher Mann zu leben, während die Verwandtschaft nebenan am Hungertuch nagte.
    »Narr!«, sagte er zu sich selbst. »Ich verlasse doch Schwarzburg-Rudolstadt. Da kann es mir gleichgültig sein, ob Johanna und ihre beiden letzten Rangen betteln gehen müssen oder nicht! Es wäre die richtige Strafe für diese Verwandtschaft. Ich hingegen werde reich sein, sehr reich!«
    Er sah das Gold förmlich vor sich und streckte die Hände aus, um danach zu greifen. Nur mit Mühe schüttelte er dieses Traumbild ab und achtete wieder auf den

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