Die Wanderapothekerin 1-6
weißen Oberschenkel sehen konnte.
Sollte er sie wirklich benutzen?, fragte er sich.
Seine Rippen sagten nein! Doch irgendetwas brauchte er, um seinen Triumph zu feiern. Er zerrte Martha vom Pfad an den Fluss und schlug dort ihren Rock hoch. Der Anblick ihrer von einem blonden Dreieck gekrönten Schenkel ließ ihn seine Verletzung vergessen. So eine Frau hatte er nicht mehr besessen, seit sein eigenes Weib ins mittlere Alter gekommen war. Doch genau wie seine erste Frau war Fiene bei weitem nicht so hübsch gewesen wie Martha. Auch unter den Wirtstrampeln, die ihn auf seinen Wanderungen in ihre Kammer gelassen hatten, hatte er keine annähernd so Aufreizende gefunden.
Er nestelte bereits an seinem Gürtel, als ihm einfiel, dass er zuerst überprüfen sollte, ob seine Nichte tatsächlich erledigt war. War sie nur betäubt, konnte sie aus ihrer Bewusstlosigkeit erwachen und verschwinden. Und wenn sie vor ihm zu Hause wäre, dann konnte er das Gold vergessen und hatte noch Glück, wenn er rasch genug entkam, bevor ihn die Büttel des Amtmanns als Mörder festnahmen.
»Das darf nicht sein!«, murmelte er, ließ Martha mit entblößtem Unterleib liegen und ging zu der Stelle zurück, an der Klara lag. Sie hatte noch ihr Reff auf dem Rücken, so dass er sie nicht umdrehen konnte. Daher durchschnitt er die Tragriemen, schob das Reff beiseite und beugte sich über seine Nichte.
Das kleine Biest war tatsächlich noch am Leben!
Schneidt holte bereits mit dem Messer aus, um Klara niederzustechen, zögerte dann aber. War es nicht besser, wenn es so aussah, als wäre sie ertrunken?, fragte er sich. Vielleicht verschlang auch der Fluss sie auf Nimmerwiedersehen. Die beiden anderen, dachte er, würden ihr auf jeden Fall folgen.
Nach einem Blick auf den in seinem Blut liegenden Tobias fasste er Klara unter den Armen und schleifte sie zum Ufer. Hier zögerte er ein weiteres Mal. Wenn er sie einfach hineinwarf, würde sie möglicherweise im kalten Wasser aufwachen und doch noch entkommen.
»Ich mache Nägel mit Köpfen!«, sagte er grinsend, stieg in den Fluss und zerrte Klara hinter sich her. Als er ihren Kopf unter Wasser tauchte, spürte er, wie sie sich bewegte. Also hatte er richtig gehandelt!
In dem Moment schlug Klara um sich, und ihr Handballen traf seine verletzten Rippen.
Schneidt schrie auf und ließ das Mädchen im ersten Schmerz los. Sofort packte er sie wieder und drückte sie erneut unter Wasser.
Für Klara war es ein Alptraum. Vor einem Augenblick hatte sie noch im Wald auf ihren Onkel eingeschlagen, und nun lag sie im Wasser und wurde unbarmherzig untergetaucht. Sie wehrte sich nach Kräften und versuchte, den Kopf nach oben zu bringen. Ein paarmal gelang es ihr, und sie konnte nach Luft schnappen. Auf Dauer jedoch, das spürte sie, würde sie bei diesem Ringen unterliegen.
Tobias ist tot, und ich werde es auch gleich sein, dachte sie verzweifelt. Wenn sie ihren Onkel doch nur genauso zwischen den Beinen treffen könnte, wie Martha es beim Galljockel gemacht hatte! Aber das Wasser behinderte ihre Bewegungen, und sie verlor das Gefühl, wo oben und unten war.
Während Klara mit ihrem Onkel kämpfte, erwachte Martha aus ihrer Betäubung. Zunächst begriff sie nicht, was geschehen war. Ihr Kopf schmerzte, als würde ihn jemand mit einem Hammer bearbeiten, und ihr war so schlecht, dass sie ihr Frühstück hochwürgte. Um nicht an ihrem Erbrochenen zu ersticken, wälzte sie sich herum. Endlich konnte sie alles ausspucken, bemerkte aber gleichzeitig, dass jemand ihren Rock hochgeschlagen hatte.
Noch während sie sich darüber wunderte, vernahm sie in der Nähe Geräusche, die sich anhörten, als würde jemand wild im Wasser planschen. Sie kämpfte sich auf die Beine und sah sich um.
»Schneidt, du Schwein!«, flüsterte sie, als sie den Mann im Fluss entdeckte. Er drückte etwas unter Wasser. Das kann nur Klara sein!, durchfuhr es Martha, und sie fragte sich, wie sie der Freundin helfen konnte. Bis sie Schneidt erreicht hatte, war ihre Freundin längst ertrunken. Daher zog sie ihre Holzschuhe aus und warf mit dem ersten nach dem Mann. Zu ihrem Leidwesen verfehlte sie ihn um mehrere Ellen. Beim zweiten Mal zielte sie besser. Der Holzschuh wirbelte durch die Luft und traf Alois Schneidt an der Schulter.
Der Mann zuckte zusammen und ließ Klara im ersten Schreck los. Bevor er seine Nichte wieder packen konnte, tauchte diese aus dem Wasser auf, sog gierig die Luft in die Lungen und hieb mit beiden Fäusten gegen
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