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Die Wanderapothekerin 1-6

Die Wanderapothekerin 1-6

Titel: Die Wanderapothekerin 1-6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Wanderapotheker.
    In Klaras Ohren klang das so, als ob eine zu viel erschienen wäre, und zwar sie. Sie schob jedoch alle Zweifel beiseite und lauschte der Ansprache des Laboranten. Er ermahnte sie, stets ehrlich zu handeln, keine Wunder zu versprechen und nicht in die Belange der Herren Doctores und der ortsansässigen Apotheker einzugreifen.
    »Leistet nun den Eid, dass ihr als treue Untertanen Unseres durchlauchtigsten Fürsten Ludwig Friedrich der Ehre und dem Ansehen unseres Landes Schwarzburg-Rudolstadt niemals Schaden zufügen, sondern stets danach streben werdet, die Wertschätzung für unsere Heimat, euren Laboranten und euer Gewerbe als Wanderapotheker zu vermehren. Sprecht mir nach: Ich schwöre, so wahr mir Gott helfe!«
    Als ihr Onkel und die anderen Wanderapotheker die Eidesformel sprachen, fiel auch Klara mit ein. Langsam wurde sie ruhiger und lauschte den Ermahnungen, die Just ihnen mit auf den Weg gab. Er warnte sie davor, die Salben, Arzneien und Essenzen durch fremde Zutaten zu verderben, weil sie dadurch nicht nur ihre Wirkung verlieren, sondern für den, der sie verwendete, sogar gefährlich werden könnten.
    »Wenn so etwas geschieht, wird in dem entsprechenden Land die Erlaubnis für uns, Wanderapotheker hinzuschicken, widerrufen, und wir erleiden großen Schaden«, warnte Just. »Für den betreffenden Mann kann es Gefängnis, Folter, ja sogar Tod bedeuten, und das nicht nur in der Ferne. Die Richter Seiner Durchlaucht, Fürst Ludwig Friedrich, bestrafen jeden, der unser Gewerbe auf diese Weise in Misskredit bringt.«
    Da ihr Onkel und die anderen Balsamträger bereits seit Jahren für Just auf Wanderschaft gingen, nahm Klara an, dass die Worte vor allem an sie persönlich gerichtet waren, und schwor sich, die Regeln bis in jede Einzelheit zu beherzigen. Immerhin wollte sie die Strecke ihres Vaters einmal genauso ertragreich an Albert übergeben.
    »Jeder von euch kennt den Weg, den er einschlagen muss. Haltet euch an ihn und verlasst ihn nicht, weil ihr glaubt, anderswo bessere Geschäfte machen zu können. Wenn ihr versucht, eure Arzneien in einer Stadt oder einem Land zu verkaufen, das uns bislang kein Privileg erteilt hat, dort handeln zu dürfen, besteht die Gefahr, dass man euch einsperrt und von unserem Fürsten eine Entschädigungssumme verlangt. Ihr könnt euch vorstellen, dass Seine Durchlaucht darüber nicht erfreut sein würde.«
    Die anderen Wanderapotheker lachten leise, während Alois Schneidt keine Miene verzog. Nur Klara war verblüfft, denn sie hätte niemals gedacht, dass sie auf ihrer Wanderung so vielen Einschränkungen unterworfen sein würde. Sie konnte nur hoffen, dass ihr alles, was ihr Vater ihren Geschwistern und ihr über seine Reisen erzählt hatte, im Gedächtnis geblieben war.
    »Für jeden von euch wurden zwei Depots eingerichtet, wo er unterwegs seine Ware ergänzen kann. Ihr sechs kennt die euren«, Justs Blick schweifte kurz über Klaras Onkel und die fünf anderen Männer, »dir, Klara, werde ich sie jetzt nennen! Es sind Kitzingen am Main und Michelstadt im Odenwald.«
    Zwar hielt Just es nahezu für ausgeschlossen, dass das Mädchen es überhaupt bis Kitzingen schaffen würde, aber er wollte sich nicht vorwerfen lassen müssen, es nicht richtig angelernt zu haben. Da fiel ihm noch etwas ein.
    »Kannst du überhaupt lesen?«
    Klara zuckte zusammen, nickte dann aber. »Ja, Herr Just, ein wenig kann ich es.«
    »Beweise es mir!« Just winkte seinem Sohn, ihm einen der Zettel zu geben, die er zur Beschreibung seiner Arzneien hatte drucken lassen, und reichte ihn an Klara weiter.
    »Lies vor, was da steht!«
    Klara hatte auf einmal einen ganz trockenen Mund und schluckte verzweifelt, um ihren Speichelfluss anzuregen. Neben ihr begann der Onkel zu lachen. Auch Justs Gesicht verzog sich spöttisch, und hinter diesem grinste Tobias so überlegen, dass in ihr die Wut hochkam.
    »Die gute Kloster-Essenz zum Schutze von Magen und Darm«, begann sie etwas stockend vorzulesen. »Dieses Mittel ist zu nehmen bei Verstimmung von Magen und Darm, bei Übelkeit sowie bei Durchfall. Auch wendet man es bei leichter Ohnmacht und als Einreibemittel für das Herz an.«
    »Nicht übel!«, kommentierte Tobias grinsend und erntete einen zornigen Blick seines Vaters.
    Für einen Augenblick war Klara verunsichert, las dann aber weiter vor. »Hergestellt aus Olium Toenic, Olium Anisi, Olium Rosmarin, Olium …«
    »Das reicht«, unterbrach Just sie. »Du hast gezeigt, dass du lesen

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