Die Wanderapothekerin 2: Aufbruch (German Edition)
Regiment gepresst haben«, antwortete Klara.
»Und deshalb bist jetzt du unterwegs? Weil man ein Frauenzimmer nicht in die Armee stecken kann?« Die Frau lachte und wies auf eine offene Tür, durch die eben die Hundemeute verschwunden war.
»Komm herein! Ich habe mir schon aufgeschrieben, was ich heuer alles brauche. Hast du Contracolica, Bergöl und Kälbertropfen dabei? Euer Zeug hilft am besten bei Vieh, und da will ich immer einen Vorrat haben.«
»Das habe ich alles bei mir«, rief Klara erleichtert, weil man ihr etwas abkaufen wollte. »Seid Ihr die Frau des Verwalters?«, fragte sie, als sie in eine kleine Kammer geführt wurde, in der ein Bord mit etlichen Flaschen und Tiegeln stand.
»Die bin ich«, antwortete die Frau und legte Klara einen Zettel vor. »Hier, miss alles ab und tu es dann in die entsprechenden Gefäße.«
Klara nahm einen der Tiegel vom Bord, öffnete ihn und sah, dass er fast leer war. »Wir sollten ihn auswaschen, bevor ich ihn neu fülle. Auch bei den anderen Flaschen und Büchsen sollte man die neuen Arzneien nicht zu den alten tun. Sie verlieren sonst ihre Kraft. Man muss immer die älteren Sachen verbrauchen und die Gefäße dann gründlich säubern, bevor man sie wieder benutzt.«
»Das hat dein Vater aber nie gesagt«, erwiderte die Verwalterin verwundert.
Klara lächelte unsicher. »Die Mutter hat das so gehalten, wenn es um die Medizin für meine kleinen Geschwister ging. Sie meinte, die alte Medizin würde die neue verderben, und war daher bedacht, sie nicht zu mischen. Vater hat zwar darüber gelächelt, ihr aber ihren Willen gelassen.«
»Das mit dem Säubern leuchtet mir ein. Frauen haben doch den besseren Hausverstand als Männer.«
Die Dame schien sehr selbstbewusst zu sein, fand Klara. Da ihr und ihrem Ehemann die Verwaltung dieses großen Gutshofs oblag, war es sicher gut, wenn sie sich durchzusetzen wusste. Während Klara die Gefäße reinigte und neu füllte, verabschiedete sich die Verwalterin von ihr.
»Ich habe zu tun. Du kannst am Abend mit dem Gesinde essen und in der Kammer nebenan schlafen.«
»Danke! Ihr seid sehr gütig.« Klara knickste und war dabei nicht mehr so unbeholfen wie noch im letzten Herbst vor dem Fürsten.
Die Verwalterin lachte leise auf. »Du scheinst ein kluges Mädchen zu sein. Sollten wir uns morgen nicht mehr sehen, liegt dein Geld hier in der Kammer. Es ist doch noch der gleiche Betrag wie in den letzten Jahren?«
Klara sah sie etwas unglücklich an. »Ich weiß es nicht, da ich die alten Preise nicht kenne. Ich habe nur die von heuer bei mir.«
»Gib her!« Die Frau nahm ihr die Preisliste aus der Hand und rechnete den Betrag, den sie zu bezahlen hatte, im Kopf aus. Es ging so schnell, dass Klara beinahe an Zauberei glaubte.
»Es ist noch dieselbe wie im letzten Jahr. Und nun Gott befohlen!«
»Gott befohlen – und danke!« Zum ersten Mal hatte Klara das Gefühl, als könnte sich ihr Schicksal als Wanderapothekerin doch zum Besseren wenden.
Sie wog die einzelnen Arzneien und Essenzen sorgfältig ab und gab jedes Mal ein wenig mehr dazu, damit die Dame nicht glauben sollte, sie wolle sie übers Ohr hauen. Schließlich verschloss sie die einzelnen Gefäße, stellte sie wieder auf das Bord und machte ihr Reff reisefertig. Da sie an diesem Tag außer der Wassersuppe und ein wenig Brot noch nichts gegessen hatte, war sie so hungrig wie ein Wolf und schaute zur Tür hinaus, ob jemand vorbeikam, der ihr den Weg zur Gesindeküche zeigen konnte.
Der Flur war leer, und so blieb ihr nichts anderes übrig, als ihrer Nase zu folgen. Es duftete überraschend gut, und Klara hatte schon Angst, in das Speisezimmer des Verwalterpaares zu platzen. Als sie jedoch vorsichtig um die Ecke lugte, sah sie eine lange Tafel, an der fast zwei Dutzend Männer und Frauen saßen. Ihrer Tracht nach handelte es sich um Knechte, Mägde und Hauspersonal. Aufatmend trat sie ein und grüßte.
Eine ältere Frau mit Schürze und einer weißen Haube drehte sich zu ihr um. »Du bist wohl die Balsamträgerin, von der die Frau Verwalterin gesprochen hat. Dort hinten ist dein Platz. Die Gunda soll dir eine Schüssel und Brot geben.«
Während eine Magd aufstand und einen Napf mit dem Eintopf füllte, bei dem Klara bereits der Geruch verriet, dass mit Fleisch nicht gegeizt worden war, sahen alle zu dem jungen Mädchen in ihrem schlichten Mieder und dem Lederrock hin.
»Hast wohl weit zu laufen, was?«, fragte ein Mann, bei dem Pferdehaare an der Hose hafteten und
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