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Die Wanderbibel

Titel: Die Wanderbibel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Kehle , Mario Ludwig
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schlug sich der Zähnefletscher seitwärts in die Büsche. Allerdings nicht ohne uns noch einmal seinen Hintern präsentiert zu haben. Auch der Sittenstrolch-Pavian verlor rasch das Interesse an seinen Exhibitionistenspielchen und trollte sich.
    Im Kamberg-Nationalpark gibt es übrigens noch schönere Buschmann-Felszeichnungen zu bewundern, vielleicht sogar die eindrucksvollsten in Südafrika. Klar, dass wir uns die nicht entgehen lassen wollten, zumal auch die dreistündige Wanderung zum »Game Pass Shelter« in unserem Wanderführer als landschaftlich einmalig, aber auch reichlich anstrengend beschrieben wurde.
    Die Felszeichnungen können allerdings nicht auf eigene Faust, sondern nur in Begleitung eines Rangers besichtigt werden, da in der Vergangenheit immer wieder Kunstwerke von Touristen mutwillig zerstört wurden.
    Auf halber Strecke zum »Game Pass Shelter« überholten wir eine größere Gruppe von Studenten der Universität Johannesburg, die fast alle T-Shirts der südafrikanischen Regierungspartei ANC trugen mit der Aufschrift: »Nur gemeinsam werden wir siegen.« Nach Sieg sah die künftige Elite Südafrikas aber nicht gerade aus. Im Gegenteil: Die waren alle völlig platt. Sie schnauften wie Nashornbullen in der Brunft und schimpften, wenn sie mal genügend Luft hatten, lautstark über ihre Dozentin, die ihnen eine derartige Strapaze zugemutet hatte. Afrikaner, die noch nicht einmal eine dreistündige Wande rung schafften? War Afrika nicht der Kontinent der Lang streckenläufer? Räumten nicht schon seit Jahrzehnten Afrikaner bei Olympischen Spielen und Weltmeisterschaf ten sämtliche Medaillen von 800 Meter bis Marathon ab? Offensichtlich nicht hier und heute!
    Als ich unterwegs einmal mit dem Finger auf einen der Gipfel von Giant’s Castle zeigte, bekam unser Ranger Ben fast einen Herzkasper. Auf die heiligen Berge der Zulu darf man nämlich nicht (»never, never, never«) mit dem Finger, sondern nur mit der Faust zeigen. Warum dem so ist, wusste Ben nicht. Klar war nur, dass mir jetzt die Götter auf alle Fälle eine ordentliche Portion Unheil verpassen würden.
    Kurz vor dem »Game Pass Shelter«, an einer richtig steilen Stelle, wurden wir dann von zwei schwerstbepackten etwa siebzehnjährigen farbigen Südafrikanern überholt, die uns wie altersschwache Anfänger aussehen ließen. So etwas verkraftet die eitle Bergwandererseele nur schwer. Hatte ich vorher über die schlappen Studenten noch gönnerhaft gelächelt, fand ich jetzt nur Trost in der Tatsache, dass wir mit Sicherheit von zwei künftigen Olympiasiegern überholt worden waren, die gerade trainierten.
    Die Felsbilder waren tatsächlich noch eindrücklicher als die in der Main Cave. Sie haben wohl auch die größere wissenschaftliche Bedeutung, da an ihnen erstmals die Symbolik der Buschmann-Malerei entschlüsselt werden konnte. Auf dem Rückweg trafen wir wieder auf unsere ANC-Studentengruppe, die mittlerweile ihrer Dozentin jegliche Gefolgschaft verweigert und es sich auf einer Wiese gemütlich gemacht hatte. Die Männer verglichen die Leistungsfähigkeit ihrer Handys, die Damen die Pracht ihrer Henna-Tattoos.

14 Blockhüpfen und Abfahren
    Wandern für Fortgeschrittene und Weggetretene
    Beim Wandern denkt man nichts, sondern marschiert los, setzt einen Fuß vor den anderen. Zu Beginn der Wanderung rumort es noch im Kopf – der Ärger mit dem Chef oder das 0 : 1 gegen Spanien. Das Prinzip »Ein Fuß vor den anderen« gilt jedoch nur auf einfachen Wegen, auf angelegten Schotterwaldwegen, auf schmalen, ebenen Pfaden und auch noch bei leichten Steigungen mit einigen Baumwurzeln und Steinen. Im alpinen Bereich, wenn die Wege steiler und schwieriger werden, steigt das Bedürfnis des marschierenden Menschen, zum Tier zu werden, zur vierbeinigen Bergziege – parallel zur Dauer des Steigens lässt übrigens das Rumoren des Kopfes nach, selbst das 0 : 1 gerät in Vergessenheit.
    Der Unterschied Mensch – Bergziege liegt freilich darin, dass der Zweibeiner Stöcke zur Hand nimmt, den Vierbeiner imitiert, sich an seinen Krücken hochzieht und hochstemmt und so tatsächlich die Knie und Beine ent lastet. Beim Gehen im Flachland ist der Entlastungseffekt übrigens vernachlässigbar und eine Suggestion der Vermarkter, wie die Wanderforschung anmerkt. Erst beim echten Steigen mit Stöcken, beim exzessiven Nutzen, beim ausladenden Rudern und Dehnen der Arme nach hinten tritt ein Effekt für den Rücken ein. Sprich: Das Wandern mit Stöcken darf

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